von Blütenpflanzen und Farnen, denen sie häufig erst die Wohnstätte bereiten. Mit zunehmenden Polhöhen nimmt ihre Bedeutung für die Vegetation der Erde, zugleich ihre relative Artenzahl zu, wie folgender Vergleich der Artenzahlen von Moosen und allen Gefässpflanzen ergibt:
Flora von Deutschland (ausseralpin): Moose ca. 600, Gefässpfl. 3000.
" " Faröer: " " 149, " 329.
" " Island: " " 212, " 417.
" " Grönland: " " 262, " 386.
" " Spitzbergen: " " 180, " 124.
Unter Moosen sind hier nur die Laubmoose ver- standen, die Lebermoose fortgelassen; die letzteren sind von weit geringerer Bedeutung, betragen aber z. B. doch auch noch an Artenzahl 39 in der spitzbergenschen Flora. Den Artenzahlen kann man nicht anmerken, in welcher Weise die Moose in höheren Breiten wichtig für den physiognomischen Charakter der Landschaft werden; sie werden es aber dadurch, dass sie nicht, wie in den Wald- gegenden, in grosser Menge unter dem Schutze der Bäume den Boden als Formations-Nebenbestandteile überziehen oder kleine Lücken in grösseren Beständen ausfüllen, sondern auf sumpfigem oder feuchtem Erdreich, mit Flechten gemischt auch auf trockenerem und felsigem Boden, oder endlich in Beständen von ungemischten Krusten- und blattartigen Flechten auf nacktem Fels reine und nur mit Nebengliedern versehene Formationen selbständig bilden, daher besonders die Zone I (S. 83) auszeichnen. Eine ähnliche Rolle, aber auf kleineren Räumen und mit Bevorzugung der felsigen Standorte, spielen alsdann diese beiden Klassen von Zellenpflanzen in den Hochgebirgen oberhalb der Waldregion.
Mit der erwähnten Kleinheit des organischen Auf- baues von Moosen und Flechten geht aber eine ebenso grosse Zähigkeit und langjährige Ausdauer Hand in Hand. Bei den Flechten hat man sie geradezu vor Augen, aber wenig Beobachtungen sind über die Langsamkeit der Be- siedelung von Felsen durch sie angestellt, Beobachtungen, deren zeitliche Ausdehnung sie überhaupt nur als ge- legentliche Notizen gegenüber der zu lösenden Aufgabe
Drude, Pflanzengeographie. 20
Wichtigkeit derselben in kalten Klimaten.
von Blütenpflanzen und Farnen, denen sie häufig erst die Wohnstätte bereiten. Mit zunehmenden Polhöhen nimmt ihre Bedeutung für die Vegetation der Erde, zugleich ihre relative Artenzahl zu, wie folgender Vergleich der Artenzahlen von Moosen und allen Gefässpflanzen ergibt:
Flora von Deutschland (ausseralpin): Moose ca. 600, Gefässpfl. 3000.
„ „ Faröer: „ „ 149, „ 329.
„ „ Island: „ „ 212, „ 417.
„ „ Grönland: „ „ 262, „ 386.
„ „ Spitzbergen: „ „ 180, „ 124.
Unter Moosen sind hier nur die Laubmoose ver- standen, die Lebermoose fortgelassen; die letzteren sind von weit geringerer Bedeutung, betragen aber z. B. doch auch noch an Artenzahl 39 in der spitzbergenschen Flora. Den Artenzahlen kann man nicht anmerken, in welcher Weise die Moose in höheren Breiten wichtig für den physiognomischen Charakter der Landschaft werden; sie werden es aber dadurch, dass sie nicht, wie in den Wald- gegenden, in grosser Menge unter dem Schutze der Bäume den Boden als Formations-Nebenbestandteile überziehen oder kleine Lücken in grösseren Beständen ausfüllen, sondern auf sumpfigem oder feuchtem Erdreich, mit Flechten gemischt auch auf trockenerem und felsigem Boden, oder endlich in Beständen von ungemischten Krusten- und blattartigen Flechten auf nacktem Fels reine und nur mit Nebengliedern versehene Formationen selbständig bilden, daher besonders die Zone I (S. 83) auszeichnen. Eine ähnliche Rolle, aber auf kleineren Räumen und mit Bevorzugung der felsigen Standorte, spielen alsdann diese beiden Klassen von Zellenpflanzen in den Hochgebirgen oberhalb der Waldregion.
Mit der erwähnten Kleinheit des organischen Auf- baues von Moosen und Flechten geht aber eine ebenso grosse Zähigkeit und langjährige Ausdauer Hand in Hand. Bei den Flechten hat man sie geradezu vor Augen, aber wenig Beobachtungen sind über die Langsamkeit der Be- siedelung von Felsen durch sie angestellt, Beobachtungen, deren zeitliche Ausdehnung sie überhaupt nur als ge- legentliche Notizen gegenüber der zu lösenden Aufgabe
Drude, Pflanzengeographie. 20
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0335"n="305"/><fwplace="top"type="header">Wichtigkeit derselben in kalten Klimaten.</fw><lb/>
von Blütenpflanzen und Farnen, denen sie häufig erst die<lb/>
Wohnstätte bereiten. Mit zunehmenden Polhöhen nimmt<lb/>
ihre Bedeutung für die Vegetation der Erde, zugleich<lb/>
ihre relative Artenzahl zu, wie folgender Vergleich der<lb/>
Artenzahlen von Moosen und allen Gefässpflanzen ergibt:</p><lb/><list><item>Flora von Deutschland (ausseralpin): Moose ca. 600, Gefässpfl. 3000.</item><lb/><item>„„ Faröer: „„ 149, „ 329.</item><lb/><item>„„ Island: „„ 212, „ 417.</item><lb/><item>„„ Grönland: „„ 262, „ 386.</item><lb/><item>„„ Spitzbergen: „„ 180, „ 124.</item></list><lb/><p>Unter Moosen sind hier nur die Laubmoose ver-<lb/>
standen, die Lebermoose fortgelassen; die letzteren sind<lb/>
von weit geringerer Bedeutung, betragen aber z. B. doch<lb/>
auch noch an Artenzahl 39 in der spitzbergenschen Flora.<lb/>
Den Artenzahlen kann man nicht anmerken, in welcher<lb/>
Weise die Moose in höheren Breiten wichtig für den<lb/>
physiognomischen Charakter der Landschaft werden; sie<lb/>
werden es aber dadurch, dass sie nicht, wie in den Wald-<lb/>
gegenden, in grosser Menge unter dem Schutze der Bäume<lb/>
den Boden als Formations-Nebenbestandteile überziehen<lb/>
oder kleine Lücken in grösseren Beständen ausfüllen,<lb/>
sondern auf sumpfigem oder feuchtem Erdreich, mit<lb/>
Flechten gemischt auch auf trockenerem und felsigem<lb/>
Boden, oder endlich in Beständen von ungemischten<lb/>
Krusten- und blattartigen Flechten auf nacktem Fels<lb/>
reine und nur mit Nebengliedern versehene Formationen<lb/>
selbständig bilden, daher besonders die Zone I (S. 83)<lb/>
auszeichnen. Eine ähnliche Rolle, aber auf kleineren<lb/>
Räumen und mit Bevorzugung der felsigen Standorte,<lb/>
spielen alsdann diese beiden Klassen von Zellenpflanzen<lb/>
in den Hochgebirgen oberhalb der Waldregion.</p><lb/><p>Mit der erwähnten Kleinheit des organischen Auf-<lb/>
baues von Moosen und Flechten geht aber eine ebenso<lb/>
grosse Zähigkeit und langjährige Ausdauer Hand in Hand.<lb/>
Bei den Flechten hat man sie geradezu vor Augen, aber<lb/>
wenig Beobachtungen sind über die Langsamkeit der Be-<lb/>
siedelung von Felsen durch sie angestellt, Beobachtungen,<lb/>
deren zeitliche Ausdehnung sie überhaupt nur als ge-<lb/>
legentliche Notizen gegenüber der zu lösenden Aufgabe<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Drude</hi>, Pflanzengeographie. 20</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[305/0335]
Wichtigkeit derselben in kalten Klimaten.
von Blütenpflanzen und Farnen, denen sie häufig erst die
Wohnstätte bereiten. Mit zunehmenden Polhöhen nimmt
ihre Bedeutung für die Vegetation der Erde, zugleich
ihre relative Artenzahl zu, wie folgender Vergleich der
Artenzahlen von Moosen und allen Gefässpflanzen ergibt:
Flora von Deutschland (ausseralpin): Moose ca. 600, Gefässpfl. 3000.
„ „ Faröer: „ „ 149, „ 329.
„ „ Island: „ „ 212, „ 417.
„ „ Grönland: „ „ 262, „ 386.
„ „ Spitzbergen: „ „ 180, „ 124.
Unter Moosen sind hier nur die Laubmoose ver-
standen, die Lebermoose fortgelassen; die letzteren sind
von weit geringerer Bedeutung, betragen aber z. B. doch
auch noch an Artenzahl 39 in der spitzbergenschen Flora.
Den Artenzahlen kann man nicht anmerken, in welcher
Weise die Moose in höheren Breiten wichtig für den
physiognomischen Charakter der Landschaft werden; sie
werden es aber dadurch, dass sie nicht, wie in den Wald-
gegenden, in grosser Menge unter dem Schutze der Bäume
den Boden als Formations-Nebenbestandteile überziehen
oder kleine Lücken in grösseren Beständen ausfüllen,
sondern auf sumpfigem oder feuchtem Erdreich, mit
Flechten gemischt auch auf trockenerem und felsigem
Boden, oder endlich in Beständen von ungemischten
Krusten- und blattartigen Flechten auf nacktem Fels
reine und nur mit Nebengliedern versehene Formationen
selbständig bilden, daher besonders die Zone I (S. 83)
auszeichnen. Eine ähnliche Rolle, aber auf kleineren
Räumen und mit Bevorzugung der felsigen Standorte,
spielen alsdann diese beiden Klassen von Zellenpflanzen
in den Hochgebirgen oberhalb der Waldregion.
Mit der erwähnten Kleinheit des organischen Auf-
baues von Moosen und Flechten geht aber eine ebenso
grosse Zähigkeit und langjährige Ausdauer Hand in Hand.
Bei den Flechten hat man sie geradezu vor Augen, aber
wenig Beobachtungen sind über die Langsamkeit der Be-
siedelung von Felsen durch sie angestellt, Beobachtungen,
deren zeitliche Ausdehnung sie überhaupt nur als ge-
legentliche Notizen gegenüber der zu lösenden Aufgabe
Drude, Pflanzengeographie. 20
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/335>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.