Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

und der Triftformationen.
mung zwischen Wiesen, Wiesenmooren und Matten zu
finden, richtiger, die dem Thongrund angehörige "Borsten-
grasformation" von Nardus stricta auf den Höhen der
mitteleuropäischen Gebirge, wo sie mit der gewöhnlichen
Heide abwechselnd stundenlange baumlose Halden über-
kleidet und Stauden wie Potentilla aurea und Geum mon-
tanum, Campanula barbata, Arnica montana, Lycopodium
alpinum,
Gräser und Simsen, wie Aira, Luzula albida
und spicata in sich aufnimmt, auch Flechten (Cetrarien)
und Preisselbeeren, den Mattenformationen zuzuzählen,
als sie an die Wiesen anzuschliessen. Es ist also das
Charakteristische dieser Matten, rasenbildende Gräser,
Seggen und Binsen zuzulassen und sie sogar noch bei
ihrer vegetativen Kraft zu tonangebenden Gliedern zu
erheben, in deren Lücken allerdings die Stauden, oder
sogar Moose und Flechten, eine ungleich wichtigere Zu-
gabe bilden als in den Wiesen; denn alle die genannten
Stauden können so dicht zusammenschliessen, dass die
Gräser und Seggen wie von ihnen aufgenommen er-
scheinen, und unterscheiden sich dadurch von den Wiesen.

Ueberwiegt der gemischte Zusammenschluss, so
wird eine neue Staudenmatte fertig, welche in buntem
Wechsel mit eingeschalteten Halbsträuchern, stellenweise
sogar Gesträuchen, die Bezeichnung der Triftformation
führen mag.

Ich habe dieselbe beispielsweise in der Unterscheidung der
Vegetationsformationen im hercynischen Berglande aufgeführt
(Engl. botan. Jahrb. XI, S. 42). Die Muschelkalkhügel von Thü-
ringen und westwärts bieten dafür ausgezeichnete Beispiele. So
findet man stellenweise als häufigste Stauden, aber immer mit-
einander abwechselnd und niemals eine allein auf weite Strecken
vorherrschend, Centaurea Jacea und Scabiosa, Poterium Sanguisorba,
Silene inflata, Anthemis tinctoria, die echten Scabiosen, Thymian,
Kreuzblumen, Erdbeeren, von Gräsern vereinzelt oder herdenweise
ausser dem Schafschwingel in der kleinen Triftform Brachypodium
pinnatum und die Koelerie, ausserdem noch Avena-Arten; einzelne
Rosen und Schlehdorngebüsche besetzen die steinigen Halden.
Wohlriechende Labiaten, überhaupt starkriechende Blätter und
Blüten der verschiedensten Familien, sind hier häufig. -- Von
dieser "trockenen Hügeltrift" ist die Berg- und Alpentrift natürlich
im biologischen Verhalten und somit in der Zusammensetzung weit
verschieden, doch als Triftformation entsprechend.

und der Triftformationen.
mung zwischen Wiesen, Wiesenmooren und Matten zu
finden, richtiger, die dem Thongrund angehörige „Borsten-
grasformation“ von Nardus stricta auf den Höhen der
mitteleuropäischen Gebirge, wo sie mit der gewöhnlichen
Heide abwechselnd stundenlange baumlose Halden über-
kleidet und Stauden wie Potentilla aurea und Geum mon-
tanum, Campanula barbata, Arnica montana, Lycopodium
alpinum,
Gräser und Simsen, wie Aira, Luzula albida
und spicata in sich aufnimmt, auch Flechten (Cetrarien)
und Preisselbeeren, den Mattenformationen zuzuzählen,
als sie an die Wiesen anzuschliessen. Es ist also das
Charakteristische dieser Matten, rasenbildende Gräser,
Seggen und Binsen zuzulassen und sie sogar noch bei
ihrer vegetativen Kraft zu tonangebenden Gliedern zu
erheben, in deren Lücken allerdings die Stauden, oder
sogar Moose und Flechten, eine ungleich wichtigere Zu-
gabe bilden als in den Wiesen; denn alle die genannten
Stauden können so dicht zusammenschliessen, dass die
Gräser und Seggen wie von ihnen aufgenommen er-
scheinen, und unterscheiden sich dadurch von den Wiesen.

Ueberwiegt der gemischte Zusammenschluss, so
wird eine neue Staudenmatte fertig, welche in buntem
Wechsel mit eingeschalteten Halbsträuchern, stellenweise
sogar Gesträuchen, die Bezeichnung der Triftformation
führen mag.

Ich habe dieselbe beispielsweise in der Unterscheidung der
Vegetationsformationen im hercynischen Berglande aufgeführt
(Engl. botan. Jahrb. XI, S. 42). Die Muschelkalkhügel von Thü-
ringen und westwärts bieten dafür ausgezeichnete Beispiele. So
findet man stellenweise als häufigste Stauden, aber immer mit-
einander abwechselnd und niemals eine allein auf weite Strecken
vorherrschend, Centaurea Jacea und Scabiosa, Poterium Sanguisorba,
Silene inflata, Anthemis tinctoria, die echten Scabiosen, Thymian,
Kreuzblumen, Erdbeeren, von Gräsern vereinzelt oder herdenweise
ausser dem Schafschwingel in der kleinen Triftform Brachypodium
pinnatum und die Koelerie, ausserdem noch Avena-Arten; einzelne
Rosen und Schlehdorngebüsche besetzen die steinigen Halden.
Wohlriechende Labiaten, überhaupt starkriechende Blätter und
Blüten der verschiedensten Familien, sind hier häufig. — Von
dieser „trockenen Hügeltrift“ ist die Berg- und Alpentrift natürlich
im biologischen Verhalten und somit in der Zusammensetzung weit
verschieden, doch als Triftformation entsprechend.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0333" n="303"/><fw place="top" type="header">und der Triftformationen.</fw><lb/>
mung zwischen Wiesen, Wiesenmooren und Matten zu<lb/>
finden, richtiger, die dem Thongrund angehörige &#x201E;Borsten-<lb/>
grasformation&#x201C; von <hi rendition="#i">Nardus stricta</hi> auf den Höhen der<lb/>
mitteleuropäischen Gebirge, wo sie mit der gewöhnlichen<lb/>
Heide abwechselnd stundenlange baumlose Halden über-<lb/>
kleidet und Stauden wie <hi rendition="#i">Potentilla aurea</hi> und <hi rendition="#i">Geum mon-<lb/>
tanum, Campanula barbata, Arnica montana, Lycopodium<lb/>
alpinum,</hi> Gräser und Simsen, wie <hi rendition="#i">Aira, Luzula albida</hi><lb/>
und <hi rendition="#i">spicata</hi> in sich aufnimmt, auch Flechten (Cetrarien)<lb/>
und Preisselbeeren, den Mattenformationen zuzuzählen,<lb/>
als sie an die Wiesen anzuschliessen. Es ist also das<lb/>
Charakteristische dieser Matten, rasenbildende Gräser,<lb/>
Seggen und Binsen zuzulassen und sie sogar noch bei<lb/>
ihrer vegetativen Kraft zu tonangebenden Gliedern zu<lb/>
erheben, in deren Lücken allerdings die Stauden, oder<lb/>
sogar Moose und Flechten, eine ungleich wichtigere Zu-<lb/>
gabe bilden als in den Wiesen; denn alle die genannten<lb/>
Stauden können so dicht zusammenschliessen, dass die<lb/>
Gräser und Seggen wie von ihnen aufgenommen er-<lb/>
scheinen, und unterscheiden sich dadurch von den Wiesen.</p><lb/>
          <p>Ueberwiegt der <hi rendition="#g">gemischte</hi> Zusammenschluss, so<lb/>
wird eine neue Staudenmatte fertig, welche in buntem<lb/>
Wechsel mit eingeschalteten Halbsträuchern, stellenweise<lb/>
sogar Gesträuchen, die Bezeichnung der <hi rendition="#g">Triftformation</hi><lb/>
führen mag.</p><lb/>
          <p>Ich habe dieselbe beispielsweise in der Unterscheidung der<lb/>
Vegetationsformationen im hercynischen Berglande aufgeführt<lb/>
(Engl. botan. Jahrb. XI, S. 42). Die Muschelkalkhügel von Thü-<lb/>
ringen und westwärts bieten dafür ausgezeichnete Beispiele. So<lb/>
findet man stellenweise als häufigste Stauden, aber immer mit-<lb/>
einander abwechselnd und niemals eine allein auf weite Strecken<lb/>
vorherrschend, Centaurea Jacea und Scabiosa, Poterium Sanguisorba,<lb/>
Silene inflata, Anthemis tinctoria, die echten Scabiosen, Thymian,<lb/>
Kreuzblumen, Erdbeeren, von Gräsern vereinzelt oder herdenweise<lb/>
ausser dem Schafschwingel in der kleinen Triftform Brachypodium<lb/>
pinnatum und die Koelerie, ausserdem noch Avena-Arten; einzelne<lb/>
Rosen und Schlehdorngebüsche besetzen die steinigen Halden.<lb/>
Wohlriechende Labiaten, überhaupt starkriechende Blätter und<lb/>
Blüten der verschiedensten Familien, sind hier häufig. &#x2014; Von<lb/>
dieser &#x201E;trockenen Hügeltrift&#x201C; ist die Berg- und Alpentrift natürlich<lb/>
im biologischen Verhalten und somit in der Zusammensetzung weit<lb/>
verschieden, doch als Triftformation entsprechend.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0333] und der Triftformationen. mung zwischen Wiesen, Wiesenmooren und Matten zu finden, richtiger, die dem Thongrund angehörige „Borsten- grasformation“ von Nardus stricta auf den Höhen der mitteleuropäischen Gebirge, wo sie mit der gewöhnlichen Heide abwechselnd stundenlange baumlose Halden über- kleidet und Stauden wie Potentilla aurea und Geum mon- tanum, Campanula barbata, Arnica montana, Lycopodium alpinum, Gräser und Simsen, wie Aira, Luzula albida und spicata in sich aufnimmt, auch Flechten (Cetrarien) und Preisselbeeren, den Mattenformationen zuzuzählen, als sie an die Wiesen anzuschliessen. Es ist also das Charakteristische dieser Matten, rasenbildende Gräser, Seggen und Binsen zuzulassen und sie sogar noch bei ihrer vegetativen Kraft zu tonangebenden Gliedern zu erheben, in deren Lücken allerdings die Stauden, oder sogar Moose und Flechten, eine ungleich wichtigere Zu- gabe bilden als in den Wiesen; denn alle die genannten Stauden können so dicht zusammenschliessen, dass die Gräser und Seggen wie von ihnen aufgenommen er- scheinen, und unterscheiden sich dadurch von den Wiesen. Ueberwiegt der gemischte Zusammenschluss, so wird eine neue Staudenmatte fertig, welche in buntem Wechsel mit eingeschalteten Halbsträuchern, stellenweise sogar Gesträuchen, die Bezeichnung der Triftformation führen mag. Ich habe dieselbe beispielsweise in der Unterscheidung der Vegetationsformationen im hercynischen Berglande aufgeführt (Engl. botan. Jahrb. XI, S. 42). Die Muschelkalkhügel von Thü- ringen und westwärts bieten dafür ausgezeichnete Beispiele. So findet man stellenweise als häufigste Stauden, aber immer mit- einander abwechselnd und niemals eine allein auf weite Strecken vorherrschend, Centaurea Jacea und Scabiosa, Poterium Sanguisorba, Silene inflata, Anthemis tinctoria, die echten Scabiosen, Thymian, Kreuzblumen, Erdbeeren, von Gräsern vereinzelt oder herdenweise ausser dem Schafschwingel in der kleinen Triftform Brachypodium pinnatum und die Koelerie, ausserdem noch Avena-Arten; einzelne Rosen und Schlehdorngebüsche besetzen die steinigen Halden. Wohlriechende Labiaten, überhaupt starkriechende Blätter und Blüten der verschiedensten Familien, sind hier häufig. — Von dieser „trockenen Hügeltrift“ ist die Berg- und Alpentrift natürlich im biologischen Verhalten und somit in der Zusammensetzung weit verschieden, doch als Triftformation entsprechend.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/333
Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/333>, abgerufen am 22.11.2024.