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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Einteilung der Grasflurformationen.
A. Winterruhe, während der warmen Jahreszeit ständig
frisch-grün; als Nebenbestandteile Stauden und
Halbsträucher, Moose; Bäume fehlen. Grasrasen
geschlossen.
a. Vorwiegend Gramineen, süsse Gräser, mit
kurzem Rasen: Wiesen.
b. Vorwiegend Cyperaceen, Riedgräser und saure
Gräser, mit kurzem Rasen den torfig-moori-
gen Boden bedeckend: Grasmoore, Wie-
senmoore
.
B. Winterruhe, in der heissen Jahreszeit in dürren
Zustand übergehend; als Nebenbestandteile hoch-
wüchsige, vielfältig wollige oder aromatische Stau-
den, Knollen- und Zwiebelgewächse, trockene
Sträucher; Rasen locker: Grassteppen.
C. Ruhe in der trockenen Jahreszeit, nach derselben
rasch zu üppigem Wuchs in hohen Gräserbüscheln
sich entfaltend; als Nebenbestandteile bestimmte
gegen Trockenperiode geschützte Bäume mit gleich-
artig organisierter Epiphytenvegetation: Savanen.

Die Ordnung der Gräser ist mit mehr als 300 Gattungen
und wenigstens 3500, von einigen Autoren noch viel zahlreicher
geschätzten Arten nicht nur eine der grössesten des Pflanzenreichs,
sondern sie ist auch kosmopolitisch im ganzen Bereich der Blüten-
pflanzenvegetation der Erde verbreitet, geht in die Steppen wie
in die Moore, in die feuchten Tropen wie in die Hochgebirge bis
zur Schneeregion, vom höchsten Norden bis zu den antarktischen
Inseln.

Wie die ganze Ordnung, so sind auch deren hauptsächliche
Untergruppen nicht auf enge Gebiete beschränkt. Die Bambuseen
zeichnen die Tropen aus und nehmen auch darin an den Charak-
teren anderer, mehr beschränkter Pflanzengruppen teil, dass von
ihren 23 Gattungen nur 2 zugleich alt- und neuweltlich sind; aber
sie sind wichtiger Bestandteil der Tropenwaldungen, oder sie bilden
-- wie in den Anden -- geschlossene Strauchformationen ("Cari-
zales"). Die übrigen Tribus sind gleichmäßiger verteilt und werfen
nur bald auf die kälteren, bald auf die wärmeren Klimate die
Hauptmenge ihrer Arten; so die Tribus von Festuca, Avena und
Hordeum auf die nördlich-gemäßigte Zone, die von Panicum und
Andropogon auf die Tropen und Subtropen; ähnlich auch die
kleinere nach Oryza, dem Reis, benannte Tribus mit fast nur tro-
pischen und subtropischen Arten, deren Areal dann aber doch
Leersia in der nördlich gemäßigten Zone der Alten Welt und

Einteilung der Grasflurformationen.
A. Winterruhe, während der warmen Jahreszeit ständig
frisch-grün; als Nebenbestandteile Stauden und
Halbsträucher, Moose; Bäume fehlen. Grasrasen
geschlossen.
a. Vorwiegend Gramineen, süsse Gräser, mit
kurzem Rasen: Wiesen.
b. Vorwiegend Cyperaceen, Riedgräser und saure
Gräser, mit kurzem Rasen den torfig-moori-
gen Boden bedeckend: Grasmoore, Wie-
senmoore
.
B. Winterruhe, in der heissen Jahreszeit in dürren
Zustand übergehend; als Nebenbestandteile hoch-
wüchsige, vielfältig wollige oder aromatische Stau-
den, Knollen- und Zwiebelgewächse, trockene
Sträucher; Rasen locker: Grassteppen.
C. Ruhe in der trockenen Jahreszeit, nach derselben
rasch zu üppigem Wuchs in hohen Gräserbüscheln
sich entfaltend; als Nebenbestandteile bestimmte
gegen Trockenperiode geschützte Bäume mit gleich-
artig organisierter Epiphytenvegetation: Savanen.

Die Ordnung der Gräser ist mit mehr als 300 Gattungen
und wenigstens 3500, von einigen Autoren noch viel zahlreicher
geschätzten Arten nicht nur eine der grössesten des Pflanzenreichs,
sondern sie ist auch kosmopolitisch im ganzen Bereich der Blüten-
pflanzenvegetation der Erde verbreitet, geht in die Steppen wie
in die Moore, in die feuchten Tropen wie in die Hochgebirge bis
zur Schneeregion, vom höchsten Norden bis zu den antarktischen
Inseln.

Wie die ganze Ordnung, so sind auch deren hauptsächliche
Untergruppen nicht auf enge Gebiete beschränkt. Die Bambuseen
zeichnen die Tropen aus und nehmen auch darin an den Charak-
teren anderer, mehr beschränkter Pflanzengruppen teil, dass von
ihren 23 Gattungen nur 2 zugleich alt- und neuweltlich sind; aber
sie sind wichtiger Bestandteil der Tropenwaldungen, oder sie bilden
— wie in den Anden — geschlossene Strauchformationen („Cari-
zales“). Die übrigen Tribus sind gleichmäßiger verteilt und werfen
nur bald auf die kälteren, bald auf die wärmeren Klimate die
Hauptmenge ihrer Arten; so die Tribus von Festuca, Avena und
Hordeum auf die nördlich-gemäßigte Zone, die von Panicum und
Andropogon auf die Tropen und Subtropen; ähnlich auch die
kleinere nach Oryza, dem Reis, benannte Tribus mit fast nur tro-
pischen und subtropischen Arten, deren Areal dann aber doch
Leersia in der nördlich gemäßigten Zone der Alten Welt und

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[290/0320] Einteilung der Grasflurformationen. A. Winterruhe, während der warmen Jahreszeit ständig frisch-grün; als Nebenbestandteile Stauden und Halbsträucher, Moose; Bäume fehlen. Grasrasen geschlossen. a. Vorwiegend Gramineen, süsse Gräser, mit kurzem Rasen: Wiesen. b. Vorwiegend Cyperaceen, Riedgräser und saure Gräser, mit kurzem Rasen den torfig-moori- gen Boden bedeckend: Grasmoore, Wie- senmoore. B. Winterruhe, in der heissen Jahreszeit in dürren Zustand übergehend; als Nebenbestandteile hoch- wüchsige, vielfältig wollige oder aromatische Stau- den, Knollen- und Zwiebelgewächse, trockene Sträucher; Rasen locker: Grassteppen. C. Ruhe in der trockenen Jahreszeit, nach derselben rasch zu üppigem Wuchs in hohen Gräserbüscheln sich entfaltend; als Nebenbestandteile bestimmte gegen Trockenperiode geschützte Bäume mit gleich- artig organisierter Epiphytenvegetation: Savanen. Die Ordnung der Gräser ist mit mehr als 300 Gattungen und wenigstens 3500, von einigen Autoren noch viel zahlreicher geschätzten Arten nicht nur eine der grössesten des Pflanzenreichs, sondern sie ist auch kosmopolitisch im ganzen Bereich der Blüten- pflanzenvegetation der Erde verbreitet, geht in die Steppen wie in die Moore, in die feuchten Tropen wie in die Hochgebirge bis zur Schneeregion, vom höchsten Norden bis zu den antarktischen Inseln. Wie die ganze Ordnung, so sind auch deren hauptsächliche Untergruppen nicht auf enge Gebiete beschränkt. Die Bambuseen zeichnen die Tropen aus und nehmen auch darin an den Charak- teren anderer, mehr beschränkter Pflanzengruppen teil, dass von ihren 23 Gattungen nur 2 zugleich alt- und neuweltlich sind; aber sie sind wichtiger Bestandteil der Tropenwaldungen, oder sie bilden — wie in den Anden — geschlossene Strauchformationen („Cari- zales“). Die übrigen Tribus sind gleichmäßiger verteilt und werfen nur bald auf die kälteren, bald auf die wärmeren Klimate die Hauptmenge ihrer Arten; so die Tribus von Festuca, Avena und Hordeum auf die nördlich-gemäßigte Zone, die von Panicum und Andropogon auf die Tropen und Subtropen; ähnlich auch die kleinere nach Oryza, dem Reis, benannte Tribus mit fast nur tro- pischen und subtropischen Arten, deren Areal dann aber doch Leersia in der nördlich gemäßigten Zone der Alten Welt und

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/320>, abgerufen am 17.05.2024.