schen Vegetationsformen, wie Succulenten (fleischige Eu- phorbiaceen, in Amerika Cacteen etc.) zulässt und die eigentlichen Hygrophyten auf die kleinen Plätze perma- nenten Bodenwassers beschränkt. Während im gleichen Florengebiet dieselben Ordnungen beiderlei Waldformatio- nen bilden können (denn auch die Palmen fehlen bei- spielsweise in den regengrünen Waldungen nicht und bilden einen hervorstechenden immergrünen Anteil), so sind daher die Gattungen häufig-, die Arten wohl fast ausnahmslos verschieden; sowie sich wohl die immergrüne Ficusform zu dem Charakterbaum des Sudans: Ficus Sycomorus verhält, auf welchen Grisebach seine Sykomoren- charakterform begründete.
Um die Charakterzüge nennen zu können, hier, wo zusammenfassende Abhandlungen aus den Tropen aller Erdteile viel weniger als in Hinsicht auf die feuchten Tropenwaldungen vorliegen, erscheint es zweckmäßig, als typisches Beispiel die Schilderung von Martius aus den Caa-tinga-Wäldern Brasiliens zu wählen, insoweit, als ich annehmen darf, dass dieselbe auf die Eigenschaften der Gesamtformation Bezug hat. -- Die 10. Tafel der als Anhang zur Flora brasiliensis erschienenen Land- schaftsbilder stellt einen solchen "Caa-tinga", d. h. einen "ausgelichteten" (in der Trockenzeit licht dastehenden) Wald dar, im Begriff seine ersten Blätter wieder zu ent- falten; nur einige hohe Palmen (Cocos coronata) und immergrüne Büsche verraten sogleich die Tropenland- schaft; sonst könnte man an einen lichten nordischen Hain denken, wenn nicht die überall aufstrebenden riesi- gen verzweigten Kandelaber der Cacteen (in diesem Fall eine rein amerikanische Ordnung) und die merkwürdi- gen Tonnenstämme einer Bombacee zu sehr exotisch aussähen.
Die Bombaceen bilden eine Tribus der weit verbreiteten, aber in den Tropen am reichsten entwickelten, etwa 800 Arten zählenden Ordnung der Malvaceen von meistens baumartigem Wuchs. Ihre Stämme erreichen oft starken Durchmesser und sind nicht selten in der Mitte am dicksten geschwollen; es gilt diese Wachstumsweise als ein Schutzmittel gegen Dürre durch Wasser- speicherung im Holzkörper, wofür andere noch deutlichere Bei-
Charakterbäume der regengrünen Wälder.
schen Vegetationsformen, wie Succulenten (fleischige Eu- phorbiaceen, in Amerika Cacteen etc.) zulässt und die eigentlichen Hygrophyten auf die kleinen Plätze perma- nenten Bodenwassers beschränkt. Während im gleichen Florengebiet dieselben Ordnungen beiderlei Waldformatio- nen bilden können (denn auch die Palmen fehlen bei- spielsweise in den regengrünen Waldungen nicht und bilden einen hervorstechenden immergrünen Anteil), so sind daher die Gattungen häufig-, die Arten wohl fast ausnahmslos verschieden; sowie sich wohl die immergrüne Ficusform zu dem Charakterbaum des Sudans: Ficus Sycomorus verhält, auf welchen Grisebach seine Sykomoren- charakterform begründete.
Um die Charakterzüge nennen zu können, hier, wo zusammenfassende Abhandlungen aus den Tropen aller Erdteile viel weniger als in Hinsicht auf die feuchten Tropenwaldungen vorliegen, erscheint es zweckmäßig, als typisches Beispiel die Schilderung von Martius aus den Caa-tinga-Wäldern Brasiliens zu wählen, insoweit, als ich annehmen darf, dass dieselbe auf die Eigenschaften der Gesamtformation Bezug hat. — Die 10. Tafel der als Anhang zur Flora brasiliensis erschienenen Land- schaftsbilder stellt einen solchen „Caa-tinga“, d. h. einen „ausgelichteten“ (in der Trockenzeit licht dastehenden) Wald dar, im Begriff seine ersten Blätter wieder zu ent- falten; nur einige hohe Palmen (Cocos coronata) und immergrüne Büsche verraten sogleich die Tropenland- schaft; sonst könnte man an einen lichten nordischen Hain denken, wenn nicht die überall aufstrebenden riesi- gen verzweigten Kandelaber der Cacteen (in diesem Fall eine rein amerikanische Ordnung) und die merkwürdi- gen Tonnenstämme einer Bombacee zu sehr exotisch aussähen.
Die Bombaceen bilden eine Tribus der weit verbreiteten, aber in den Tropen am reichsten entwickelten, etwa 800 Arten zählenden Ordnung der Malvaceen von meistens baumartigem Wuchs. Ihre Stämme erreichen oft starken Durchmesser und sind nicht selten in der Mitte am dicksten geschwollen; es gilt diese Wachstumsweise als ein Schutzmittel gegen Dürre durch Wasser- speicherung im Holzkörper, wofür andere noch deutlichere Bei-
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Charakterbäume der regengrünen Wälder.
schen Vegetationsformen, wie Succulenten (fleischige Eu-
phorbiaceen, in Amerika Cacteen etc.) zulässt und die
eigentlichen Hygrophyten auf die kleinen Plätze perma-
nenten Bodenwassers beschränkt. Während im gleichen
Florengebiet dieselben Ordnungen beiderlei Waldformatio-
nen bilden können (denn auch die Palmen fehlen bei-
spielsweise in den regengrünen Waldungen nicht und
bilden einen hervorstechenden immergrünen Anteil), so
sind daher die Gattungen häufig-, die Arten wohl fast
ausnahmslos verschieden; sowie sich wohl die immergrüne
Ficusform zu dem Charakterbaum des Sudans: Ficus
Sycomorus verhält, auf welchen Grisebach seine Sykomoren-
charakterform begründete.
Um die Charakterzüge nennen zu können, hier, wo
zusammenfassende Abhandlungen aus den Tropen aller
Erdteile viel weniger als in Hinsicht auf die feuchten
Tropenwaldungen vorliegen, erscheint es zweckmäßig,
als typisches Beispiel die Schilderung von Martius aus
den Caa-tinga-Wäldern Brasiliens zu wählen, insoweit, als
ich annehmen darf, dass dieselbe auf die Eigenschaften
der Gesamtformation Bezug hat. — Die 10. Tafel der
als Anhang zur Flora brasiliensis erschienenen Land-
schaftsbilder stellt einen solchen „Caa-tinga“, d. h. einen
„ausgelichteten“ (in der Trockenzeit licht dastehenden)
Wald dar, im Begriff seine ersten Blätter wieder zu ent-
falten; nur einige hohe Palmen (Cocos coronata) und
immergrüne Büsche verraten sogleich die Tropenland-
schaft; sonst könnte man an einen lichten nordischen
Hain denken, wenn nicht die überall aufstrebenden riesi-
gen verzweigten Kandelaber der Cacteen (in diesem Fall
eine rein amerikanische Ordnung) und die merkwürdi-
gen Tonnenstämme einer Bombacee zu sehr exotisch
aussähen.
Die Bombaceen bilden eine Tribus der weit verbreiteten,
aber in den Tropen am reichsten entwickelten, etwa 800 Arten
zählenden Ordnung der Malvaceen von meistens baumartigem
Wuchs. Ihre Stämme erreichen oft starken Durchmesser und sind
nicht selten in der Mitte am dicksten geschwollen; es gilt diese
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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