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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Keimentwickelung von Rhizophora.
überall hin sowohl Wurzeln als Aeste und Blätter zu entwickeln
scheint. Aber wie der eine, so sind auch alle benachbarten Bäume
aufgebaut, und alle diese sind ausserdem so sehr unter sich ver-
schmolzen und innig verwirrt, dass man die einzelnen Stämme
nicht deutlich zu erkennen vermag in Hinsicht auf den Ursprung
der ihnen zugehörigen Aeste." Diese aus der Höhe herabkommen-
den Wurzeln sind also die Zweig-Luftwurzeln, im Gegensatz zu
den strahlenförmig wie die Speichen eines Regenschirmes sich auf-
lösenden, viel niedrigeren Stamm-Luftwurzeln. Richtig ist dagegen,
dass die Pflanze wie wohl die meisten Formationsgenossen zu
den "lebendig gebärenden" gehört, indem der Keimling schon an
der Mutterpflanze in fortwährender Weiterentwickelung bleibt und
endlich mit einem lang ausgewachsenen keuligen Stengelgliede
von seinem einzigen, leer im Samen steckenbleibenden Keimblatt
abfällt; die lange Keulenform dient zum Einbohren der Keim-
pflanze in den Schlamm hinein. Hierüber hat Warming in den
Botan. Jahrb. für Systematik u. Geogr., Bd. IV, S. 519, ausführ-
lich, und ebenso Göbel auch für andere Arten der indischen
Mangroven, berichtet.

Das Aeussere des interessanten Baumes schildert Warming als
ähnlich einem frischen und dichtlaubigen Lorbeerbaum, dessen
üppige Krone, von immergrünen, glänzend-lederartigen Blättern
geziert, oft ganz bis zum Wasserspiegel reiche und immer abge-
rundete Umrisse darbiete. Die Rinde ist glatt und graubraun.

Wir haben hier also das interessante Bild einer
wahrhaft biologisch abgegrenzten, d. h. anpassungsmässig
an die Natur ihres Standortes und die äusseren Erhal-
tungsbedingungen angelehnten, eindeutigen Vegetations-
formation vor uns, welches zugleich den Formations-
charakter selbst, und was man darunter zu verstehen hat,
gut widerspiegelt.

III. Tropische regengrüne Wälder. Bekannt-
lich sind im Bereich der Tropenzone die zur Zeit des
Zenitstandes der Sonne erfolgenden "Tropenregen" Regel,
dehnen sich in der Nähe des Aequators, zweimal ein-
setzend, über einen grösseren Teil des Jahres aus und
beschränken sich nahe den Wendekreisen einmal auf
mehrere regenreiche Monate. Der "Winter" ist hier
also die regenarme oder regenlose Zeit, und in Klimaten,
wo die hohe Temperatur niemals der Vegetation das Ge-
deihen versagt, muss der winterliche Mangel an Nieder-
schlägen die Ruheperiode der Vegetation bewirken.

Die Ausdehnung der regenarmen Winter in der Tropenzone
siehe kurz zusammengefasst auf Taf. XII in Supans Grundzügen

Keimentwickelung von Rhizophora.
überall hin sowohl Wurzeln als Aeste und Blätter zu entwickeln
scheint. Aber wie der eine, so sind auch alle benachbarten Bäume
aufgebaut, und alle diese sind ausserdem so sehr unter sich ver-
schmolzen und innig verwirrt, dass man die einzelnen Stämme
nicht deutlich zu erkennen vermag in Hinsicht auf den Ursprung
der ihnen zugehörigen Aeste.“ Diese aus der Höhe herabkommen-
den Wurzeln sind also die Zweig-Luftwurzeln, im Gegensatz zu
den strahlenförmig wie die Speichen eines Regenschirmes sich auf-
lösenden, viel niedrigeren Stamm-Luftwurzeln. Richtig ist dagegen,
dass die Pflanze wie wohl die meisten Formationsgenossen zu
den „lebendig gebärenden“ gehört, indem der Keimling schon an
der Mutterpflanze in fortwährender Weiterentwickelung bleibt und
endlich mit einem lang ausgewachsenen keuligen Stengelgliede
von seinem einzigen, leer im Samen steckenbleibenden Keimblatt
abfällt; die lange Keulenform dient zum Einbohren der Keim-
pflanze in den Schlamm hinein. Hierüber hat Warming in den
Botan. Jahrb. für Systematik u. Geogr., Bd. IV, S. 519, ausführ-
lich, und ebenso Göbel auch für andere Arten der indischen
Mangroven, berichtet.

Das Aeussere des interessanten Baumes schildert Warming als
ähnlich einem frischen und dichtlaubigen Lorbeerbaum, dessen
üppige Krone, von immergrünen, glänzend-lederartigen Blättern
geziert, oft ganz bis zum Wasserspiegel reiche und immer abge-
rundete Umrisse darbiete. Die Rinde ist glatt und graubraun.

Wir haben hier also das interessante Bild einer
wahrhaft biologisch abgegrenzten, d. h. anpassungsmässig
an die Natur ihres Standortes und die äusseren Erhal-
tungsbedingungen angelehnten, eindeutigen Vegetations-
formation vor uns, welches zugleich den Formations-
charakter selbst, und was man darunter zu verstehen hat,
gut widerspiegelt.

III. Tropische regengrüne Wälder. Bekannt-
lich sind im Bereich der Tropenzone die zur Zeit des
Zenitstandes der Sonne erfolgenden „Tropenregen“ Regel,
dehnen sich in der Nähe des Aequators, zweimal ein-
setzend, über einen grösseren Teil des Jahres aus und
beschränken sich nahe den Wendekreisen einmal auf
mehrere regenreiche Monate. Der „Winter“ ist hier
also die regenarme oder regenlose Zeit, und in Klimaten,
wo die hohe Temperatur niemals der Vegetation das Ge-
deihen versagt, muss der winterliche Mangel an Nieder-
schlägen die Ruheperiode der Vegetation bewirken.

Die Ausdehnung der regenarmen Winter in der Tropenzone
siehe kurz zusammengefasst auf Taf. XII in Supans Grundzügen

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[254/0284] Keimentwickelung von Rhizophora. überall hin sowohl Wurzeln als Aeste und Blätter zu entwickeln scheint. Aber wie der eine, so sind auch alle benachbarten Bäume aufgebaut, und alle diese sind ausserdem so sehr unter sich ver- schmolzen und innig verwirrt, dass man die einzelnen Stämme nicht deutlich zu erkennen vermag in Hinsicht auf den Ursprung der ihnen zugehörigen Aeste.“ Diese aus der Höhe herabkommen- den Wurzeln sind also die Zweig-Luftwurzeln, im Gegensatz zu den strahlenförmig wie die Speichen eines Regenschirmes sich auf- lösenden, viel niedrigeren Stamm-Luftwurzeln. Richtig ist dagegen, dass die Pflanze wie wohl die meisten Formationsgenossen zu den „lebendig gebärenden“ gehört, indem der Keimling schon an der Mutterpflanze in fortwährender Weiterentwickelung bleibt und endlich mit einem lang ausgewachsenen keuligen Stengelgliede von seinem einzigen, leer im Samen steckenbleibenden Keimblatt abfällt; die lange Keulenform dient zum Einbohren der Keim- pflanze in den Schlamm hinein. Hierüber hat Warming in den Botan. Jahrb. für Systematik u. Geogr., Bd. IV, S. 519, ausführ- lich, und ebenso Göbel auch für andere Arten der indischen Mangroven, berichtet. Das Aeussere des interessanten Baumes schildert Warming als ähnlich einem frischen und dichtlaubigen Lorbeerbaum, dessen üppige Krone, von immergrünen, glänzend-lederartigen Blättern geziert, oft ganz bis zum Wasserspiegel reiche und immer abge- rundete Umrisse darbiete. Die Rinde ist glatt und graubraun. Wir haben hier also das interessante Bild einer wahrhaft biologisch abgegrenzten, d. h. anpassungsmässig an die Natur ihres Standortes und die äusseren Erhal- tungsbedingungen angelehnten, eindeutigen Vegetations- formation vor uns, welches zugleich den Formations- charakter selbst, und was man darunter zu verstehen hat, gut widerspiegelt. III. Tropische regengrüne Wälder. Bekannt- lich sind im Bereich der Tropenzone die zur Zeit des Zenitstandes der Sonne erfolgenden „Tropenregen“ Regel, dehnen sich in der Nähe des Aequators, zweimal ein- setzend, über einen grösseren Teil des Jahres aus und beschränken sich nahe den Wendekreisen einmal auf mehrere regenreiche Monate. Der „Winter“ ist hier also die regenarme oder regenlose Zeit, und in Klimaten, wo die hohe Temperatur niemals der Vegetation das Ge- deihen versagt, muss der winterliche Mangel an Nieder- schlägen die Ruheperiode der Vegetation bewirken. Die Ausdehnung der regenarmen Winter in der Tropenzone siehe kurz zusammengefasst auf Taf. XII in Supans Grundzügen

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/284>, abgerufen am 22.11.2024.