Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Wachstum epiphytischer Orchideen.
steiler Felsgründe herab; nur wenige wachsen gleich den
nordischen Formen zwischen Gras und Kraut auf dem
Erdreich. Wallace, der in seiner "Tropical Nature"
ein prächtiges Bild auch von diesem Zuge der tropischen
Waldflora entwirft, hebt übrigens hervor, dass die in den
Gärten Europas zu schauenden Kollektionen eine nicht
zutreffende Vorstellung über den Blütenreichtum und die
Farbenpracht der Orchideen erwecken, weil im Heimat-
lande sehr viele mit unansehnlichen Blüten angetroffen
werden, welche der Kultur nicht wert sind; ausserdem
blühen sie in allzu verschiedenen Zeiten. Ausserordent-
lich variabel sind sie an Grösse; einige winzig kleine
kriechende Stämmchen gleichen mit kleiner und flacher
Beblätterung Moosen, andere, so die grossen Grammato-
phyllum-Arten Borneos, bilden eine Masse von 3 m langen
laubreichen Schüssen. Mason berichtet aus Birma über
die mächtige Vanda gigantea mit über fusslangen, hän-
genden Blütentrauben von gelbleuchtender Farbe, deren
einzelnes vom Baume herabgehauenes Exemplar eine schwere
Manneslast ausmacht; auch diese üppige Form ist zu-
gleich ein Beispiel enger geographischer Beschränkung,
da sie nur an wenigen Plätzen, und dort recht reichlich,
vorkommt. Aber solche Erscheinungen müssen selten
sein, denn Wallace haben sich nur wenige Fälle mit ent-
zückendem Reiz, wie in unseren Orchideenhäusern, bei
seinen langen Tropenwanderungen eingeprägt: die goldenen
Oncidien der überfluteten Wälder des oberen Amazonas, die
gewaltigen Cattleyas der trockeneren Wälder, dann die
Coelogynes der Sümpfe, und die Vanda Lowii der Hügel-
wälder von Borneo mit 8 Fuss langen Blütentrauben.

Amerika besitzt vor den altweltlichen Tropen eine
interessante Epiphytenordnung voraus, nämlich die Bro-
meliaceen
; aber deren Arten sind längst nicht alle
feuchtliebende Epiphyten, sondern in grosser Anzahl
trockensonnige Xerophyten. Aber im Gegensatz zu den
Orchideen geht von den über 500 zählenden Arten nur
ein ganz kleiner Teil über die Tropen hinaus (z. B. Til-
landsia usneoides
bis Nordcarolina).

Bromeliaceen. Wittmack hebt in seiner Verbreitungszu-

Wachstum epiphytischer Orchideen.
steiler Felsgründe herab; nur wenige wachsen gleich den
nordischen Formen zwischen Gras und Kraut auf dem
Erdreich. Wallace, der in seiner „Tropical Nature
ein prächtiges Bild auch von diesem Zuge der tropischen
Waldflora entwirft, hebt übrigens hervor, dass die in den
Gärten Europas zu schauenden Kollektionen eine nicht
zutreffende Vorstellung über den Blütenreichtum und die
Farbenpracht der Orchideen erwecken, weil im Heimat-
lande sehr viele mit unansehnlichen Blüten angetroffen
werden, welche der Kultur nicht wert sind; ausserdem
blühen sie in allzu verschiedenen Zeiten. Ausserordent-
lich variabel sind sie an Grösse; einige winzig kleine
kriechende Stämmchen gleichen mit kleiner und flacher
Beblätterung Moosen, andere, so die grossen Grammato-
phyllum-Arten Borneos, bilden eine Masse von 3 m langen
laubreichen Schüssen. Mason berichtet aus Birma über
die mächtige Vanda gigantea mit über fusslangen, hän-
genden Blütentrauben von gelbleuchtender Farbe, deren
einzelnes vom Baume herabgehauenes Exemplar eine schwere
Manneslast ausmacht; auch diese üppige Form ist zu-
gleich ein Beispiel enger geographischer Beschränkung,
da sie nur an wenigen Plätzen, und dort recht reichlich,
vorkommt. Aber solche Erscheinungen müssen selten
sein, denn Wallace haben sich nur wenige Fälle mit ent-
zückendem Reiz, wie in unseren Orchideenhäusern, bei
seinen langen Tropenwanderungen eingeprägt: die goldenen
Oncidien der überfluteten Wälder des oberen Amazonas, die
gewaltigen Cattleyas der trockeneren Wälder, dann die
Coelogynes der Sümpfe, und die Vanda Lowii der Hügel-
wälder von Borneo mit 8 Fuss langen Blütentrauben.

Amerika besitzt vor den altweltlichen Tropen eine
interessante Epiphytenordnung voraus, nämlich die Bro-
meliaceen
; aber deren Arten sind längst nicht alle
feuchtliebende Epiphyten, sondern in grosser Anzahl
trockensonnige Xerophyten. Aber im Gegensatz zu den
Orchideen geht von den über 500 zählenden Arten nur
ein ganz kleiner Teil über die Tropen hinaus (z. B. Til-
landsia usneoides
bis Nordcarolina).

Bromeliaceen. Wittmack hebt in seiner Verbreitungszu-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0267" n="237"/><fw place="top" type="header">Wachstum epiphytischer Orchideen.</fw><lb/>
steiler Felsgründe herab; nur wenige wachsen gleich den<lb/>
nordischen Formen zwischen Gras und Kraut auf dem<lb/>
Erdreich. <hi rendition="#g">Wallace</hi>, der in seiner &#x201E;<hi rendition="#i">Tropical Nature</hi>&#x201C;<lb/>
ein prächtiges Bild auch von diesem Zuge der tropischen<lb/>
Waldflora entwirft, hebt übrigens hervor, dass die in den<lb/>
Gärten Europas zu schauenden Kollektionen eine nicht<lb/>
zutreffende Vorstellung über den Blütenreichtum und die<lb/>
Farbenpracht der Orchideen erwecken, weil im Heimat-<lb/>
lande sehr viele mit unansehnlichen Blüten angetroffen<lb/>
werden, welche der Kultur nicht wert sind; ausserdem<lb/>
blühen sie in allzu verschiedenen Zeiten. Ausserordent-<lb/>
lich variabel sind sie an Grösse; einige winzig kleine<lb/>
kriechende Stämmchen gleichen mit kleiner und flacher<lb/>
Beblätterung Moosen, andere, so die grossen Grammato-<lb/>
phyllum-Arten Borneos, bilden eine Masse von 3 m langen<lb/>
laubreichen Schüssen. Mason berichtet aus Birma über<lb/>
die mächtige <hi rendition="#i">Vanda gigantea</hi> mit über fusslangen, hän-<lb/>
genden Blütentrauben von gelbleuchtender Farbe, deren<lb/>
einzelnes vom Baume herabgehauenes Exemplar eine schwere<lb/>
Manneslast ausmacht; auch diese üppige Form ist zu-<lb/>
gleich ein Beispiel enger geographischer Beschränkung,<lb/>
da sie nur an wenigen Plätzen, und dort recht reichlich,<lb/>
vorkommt. Aber solche Erscheinungen müssen selten<lb/>
sein, denn Wallace haben sich nur wenige Fälle mit ent-<lb/>
zückendem Reiz, wie in unseren Orchideenhäusern, bei<lb/>
seinen langen Tropenwanderungen eingeprägt: die goldenen<lb/>
Oncidien der überfluteten Wälder des oberen Amazonas, die<lb/>
gewaltigen Cattleyas der trockeneren Wälder, dann die<lb/>
Coelogynes der Sümpfe, und die <hi rendition="#i">Vanda Lowii</hi> der Hügel-<lb/>
wälder von Borneo mit 8 Fuss langen Blütentrauben.</p><lb/>
          <p>Amerika besitzt vor den altweltlichen Tropen eine<lb/>
interessante Epiphytenordnung voraus, nämlich die <hi rendition="#g">Bro-<lb/>
meliaceen</hi>; aber deren Arten sind längst nicht alle<lb/>
feuchtliebende Epiphyten, sondern in grosser Anzahl<lb/>
trockensonnige Xerophyten. Aber im Gegensatz zu den<lb/>
Orchideen geht von den über 500 zählenden Arten nur<lb/>
ein ganz kleiner Teil über die Tropen hinaus (z. B. <hi rendition="#i">Til-<lb/>
landsia usneoides</hi> bis Nordcarolina).</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Bromeliaceen.</hi> Wittmack hebt in seiner Verbreitungszu-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0267] Wachstum epiphytischer Orchideen. steiler Felsgründe herab; nur wenige wachsen gleich den nordischen Formen zwischen Gras und Kraut auf dem Erdreich. Wallace, der in seiner „Tropical Nature“ ein prächtiges Bild auch von diesem Zuge der tropischen Waldflora entwirft, hebt übrigens hervor, dass die in den Gärten Europas zu schauenden Kollektionen eine nicht zutreffende Vorstellung über den Blütenreichtum und die Farbenpracht der Orchideen erwecken, weil im Heimat- lande sehr viele mit unansehnlichen Blüten angetroffen werden, welche der Kultur nicht wert sind; ausserdem blühen sie in allzu verschiedenen Zeiten. Ausserordent- lich variabel sind sie an Grösse; einige winzig kleine kriechende Stämmchen gleichen mit kleiner und flacher Beblätterung Moosen, andere, so die grossen Grammato- phyllum-Arten Borneos, bilden eine Masse von 3 m langen laubreichen Schüssen. Mason berichtet aus Birma über die mächtige Vanda gigantea mit über fusslangen, hän- genden Blütentrauben von gelbleuchtender Farbe, deren einzelnes vom Baume herabgehauenes Exemplar eine schwere Manneslast ausmacht; auch diese üppige Form ist zu- gleich ein Beispiel enger geographischer Beschränkung, da sie nur an wenigen Plätzen, und dort recht reichlich, vorkommt. Aber solche Erscheinungen müssen selten sein, denn Wallace haben sich nur wenige Fälle mit ent- zückendem Reiz, wie in unseren Orchideenhäusern, bei seinen langen Tropenwanderungen eingeprägt: die goldenen Oncidien der überfluteten Wälder des oberen Amazonas, die gewaltigen Cattleyas der trockeneren Wälder, dann die Coelogynes der Sümpfe, und die Vanda Lowii der Hügel- wälder von Borneo mit 8 Fuss langen Blütentrauben. Amerika besitzt vor den altweltlichen Tropen eine interessante Epiphytenordnung voraus, nämlich die Bro- meliaceen; aber deren Arten sind längst nicht alle feuchtliebende Epiphyten, sondern in grosser Anzahl trockensonnige Xerophyten. Aber im Gegensatz zu den Orchideen geht von den über 500 zählenden Arten nur ein ganz kleiner Teil über die Tropen hinaus (z. B. Til- landsia usneoides bis Nordcarolina). Bromeliaceen. Wittmack hebt in seiner Verbreitungszu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/267
Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/267>, abgerufen am 21.05.2024.