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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Biologische Grundlage der Vegetationsform.
betrachten, welche in irgend welcher Weise für die Zu-
sammensetzung der Vegetationsdecke eine hervorragende
Rolle spielen.

Vegetationsformen auf biologischer Grundlage.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass, wie überhaupt
der morphologische und der physiologische Gesichtspunkt
sich in der organischen Naturwissenschaft durchdringen
und in die Betrachtungen teilen, dass so auch hier in
der Schilderung von "Flora" und "Vegetation" nur das
morphologische Pflanzensystem einerseits und die biolo-
gische Gruppenbildung andererseits ein Recht auf gegen-
seitige Ergänzung haben; alles neu Hinzukommende ist
erfunden und nicht natürlich begründet. Das, was wir
in der Pflanzendecke an verschiedenen Stellen der Erde
Charakteristisches bemerken, liegt entweder im Auftreten
bestimmter Pflanzenarten, oder aber -- und dies letztere
ist allgemeiner auffällig -- in der Annahme bestimmter
Lebensweise unter dem Einfluss bestimmter geographischer
Lage und Topographie des Bodens, und im Vorherrschen
bestimmter, am günstigsten wirkender Lebeformen. Die
oben (S. 62--70) genannten biologischen Vegetations-
klassen bilden daher neben dem System die zweite Grund-
lage zu einer wissenschaftlichen Pflanzengeographie; sie
können Ordnungen des morphologisch-verwandtschaft-
lichen Systems zerschneiden, indem sie z. B. die grana-
dinische Chamaerops den sonnigen Gräsern und Steppen-
sträuchern, die schlingenden Calamus dagegen den diko-
tyledonen Lianen der Tropenwälder, die Mauritia als
Waldbäume mit langsam sich erneuernder Blattkrone
anderen Schopf bäumen, die nordischen Picea und Larix
dagegen den frostharten und in ähnlicher Weise periodisch
beanlagten nordischen dikotyledonen Laubhölzern beige-
sellen und von systematisch Verwandtem trennen. Wenn
es möglich ist, für natürliche Ordnungen auch zugleich
einen oder mehrere Grundzüge einheitlicher Biologie von
geographisch hoher Bedeutung aufzufinden, so liegt darin
allein die Möglichkeit eines innigeren Anschlusses von
dem Einteilungsbilde der "Flora" an das der "Vegetation".

Biologische Grundlage der Vegetationsform.
betrachten, welche in irgend welcher Weise für die Zu-
sammensetzung der Vegetationsdecke eine hervorragende
Rolle spielen.

Vegetationsformen auf biologischer Grundlage.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass, wie überhaupt
der morphologische und der physiologische Gesichtspunkt
sich in der organischen Naturwissenschaft durchdringen
und in die Betrachtungen teilen, dass so auch hier in
der Schilderung von „Flora“ und „Vegetation“ nur das
morphologische Pflanzensystem einerseits und die biolo-
gische Gruppenbildung andererseits ein Recht auf gegen-
seitige Ergänzung haben; alles neu Hinzukommende ist
erfunden und nicht natürlich begründet. Das, was wir
in der Pflanzendecke an verschiedenen Stellen der Erde
Charakteristisches bemerken, liegt entweder im Auftreten
bestimmter Pflanzenarten, oder aber — und dies letztere
ist allgemeiner auffällig — in der Annahme bestimmter
Lebensweise unter dem Einfluss bestimmter geographischer
Lage und Topographie des Bodens, und im Vorherrschen
bestimmter, am günstigsten wirkender Lebeformen. Die
oben (S. 62—70) genannten biologischen Vegetations-
klassen bilden daher neben dem System die zweite Grund-
lage zu einer wissenschaftlichen Pflanzengeographie; sie
können Ordnungen des morphologisch-verwandtschaft-
lichen Systems zerschneiden, indem sie z. B. die grana-
dinische Chamaerops den sonnigen Gräsern und Steppen-
sträuchern, die schlingenden Calamus dagegen den diko-
tyledonen Lianen der Tropenwälder, die Mauritia als
Waldbäume mit langsam sich erneuernder Blattkrone
anderen Schopf bäumen, die nordischen Picea und Larix
dagegen den frostharten und in ähnlicher Weise periodisch
beanlagten nordischen dikotyledonen Laubhölzern beige-
sellen und von systematisch Verwandtem trennen. Wenn
es möglich ist, für natürliche Ordnungen auch zugleich
einen oder mehrere Grundzüge einheitlicher Biologie von
geographisch hoher Bedeutung aufzufinden, so liegt darin
allein die Möglichkeit eines innigeren Anschlusses von
dem Einteilungsbilde der „Flora“ an das der „Vegetation“.

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[220/0250] Biologische Grundlage der Vegetationsform. betrachten, welche in irgend welcher Weise für die Zu- sammensetzung der Vegetationsdecke eine hervorragende Rolle spielen. Vegetationsformen auf biologischer Grundlage. Aus dem Gesagten geht hervor, dass, wie überhaupt der morphologische und der physiologische Gesichtspunkt sich in der organischen Naturwissenschaft durchdringen und in die Betrachtungen teilen, dass so auch hier in der Schilderung von „Flora“ und „Vegetation“ nur das morphologische Pflanzensystem einerseits und die biolo- gische Gruppenbildung andererseits ein Recht auf gegen- seitige Ergänzung haben; alles neu Hinzukommende ist erfunden und nicht natürlich begründet. Das, was wir in der Pflanzendecke an verschiedenen Stellen der Erde Charakteristisches bemerken, liegt entweder im Auftreten bestimmter Pflanzenarten, oder aber — und dies letztere ist allgemeiner auffällig — in der Annahme bestimmter Lebensweise unter dem Einfluss bestimmter geographischer Lage und Topographie des Bodens, und im Vorherrschen bestimmter, am günstigsten wirkender Lebeformen. Die oben (S. 62—70) genannten biologischen Vegetations- klassen bilden daher neben dem System die zweite Grund- lage zu einer wissenschaftlichen Pflanzengeographie; sie können Ordnungen des morphologisch-verwandtschaft- lichen Systems zerschneiden, indem sie z. B. die grana- dinische Chamaerops den sonnigen Gräsern und Steppen- sträuchern, die schlingenden Calamus dagegen den diko- tyledonen Lianen der Tropenwälder, die Mauritia als Waldbäume mit langsam sich erneuernder Blattkrone anderen Schopf bäumen, die nordischen Picea und Larix dagegen den frostharten und in ähnlicher Weise periodisch beanlagten nordischen dikotyledonen Laubhölzern beige- sellen und von systematisch Verwandtem trennen. Wenn es möglich ist, für natürliche Ordnungen auch zugleich einen oder mehrere Grundzüge einheitlicher Biologie von geographisch hoher Bedeutung aufzufinden, so liegt darin allein die Möglichkeit eines innigeren Anschlusses von dem Einteilungsbilde der „Flora“ an das der „Vegetation“.

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/250>, abgerufen am 30.04.2024.