der gegenwärtigen Erdperiode angenommen haben, zur Grundlage der weiteren Betrachtungen machen, müssen wir dieselben auf bestimmte Einheiten des Pflanzensystems beziehen.
Wir hatten bei den Vegetationsformen die Bequem- lichkeit, uns allgemein und ohne Beziehung auf die Ab- grenzungen des Systems auszudrücken; ein tropischer, feuchtheisses Klima und immerwährende Bodenbefeuch- tung fordernder Schopfbaum galt uns gleich, ob er zu dieser oder jener Gattung von Palmen, Pandaneen oder Liliaceen gehörte; die blattwechselnde Lärchentanne des Nordens liess sich mit den dortigen Birken gut zu demselben biologischen Typus vereinigen. Hier hört diese Bequemlichkeit auf: wir sind gebunden an die genauen Trennungen des morphologischen Systems und zunächst auf die Spezies hingewiesen.
"Die Verteilung der Pflanzenarten", sagt A. de Can- dolle (Geogr. bot. S. 69), "über die Oberfläche der Erde ist die Grundlage von fast allen Betrachtungen der Pflanzengeographie. Wenn man gut versteht, warum diese in bestimmte Grenzen eingeschlossen sind, kann man viel Dinge betreffs der Gattungen und Familien be- greifen, denn diese Gruppen sind nur Gemeinschaften von Arten. Genau so, wie man in der beschreibenden Bo- tanik nicht wohl die Gattungen aufstellen kann, ohne die Arten zu studieren, so muss man sich in der Pflanzen- geographie auf die die Arten betreffenden Einzelheiten stützen, um sich zu verallgemeinernden Gesetzen zu er- heben."
Hier liegt die Ursache jener nicht selten ausgesprochenen Meinung (vergl. Cooley, G. J., Bd. X, S. 582 in Wagners Bericht), dass die Geographie gar nicht bei dem Wesen der Tier- und Pflanzengeographie beteiligt sei, sondern dass diese Disziplinen nur zur Zoologie und Botanik gehörten. Allein es soll nur der Grund dafür sein, dass auch die Geographie der Organismen mit dem ausgedehnten Wissen der organischen Naturwissenschaften sich verknüpfe. -- Es ist dies wiederum der Grund, wesshalb andere Geographen nur mit dem Teile der Pflanzengeographie sich be- schäftigen wollen, der die grossen "Formationen" vergleichend zusammenstellt; aber auch diese Formationen bestehen aus einzel- nen Arten, die in der ganzen Tragweite des Speziesbegriffes dabei
Areale der Spezies.
der gegenwärtigen Erdperiode angenommen haben, zur Grundlage der weiteren Betrachtungen machen, müssen wir dieselben auf bestimmte Einheiten des Pflanzensystems beziehen.
Wir hatten bei den Vegetationsformen die Bequem- lichkeit, uns allgemein und ohne Beziehung auf die Ab- grenzungen des Systems auszudrücken; ein tropischer, feuchtheisses Klima und immerwährende Bodenbefeuch- tung fordernder Schopfbaum galt uns gleich, ob er zu dieser oder jener Gattung von Palmen, Pandaneen oder Liliaceen gehörte; die blattwechselnde Lärchentanne des Nordens liess sich mit den dortigen Birken gut zu demselben biologischen Typus vereinigen. Hier hört diese Bequemlichkeit auf: wir sind gebunden an die genauen Trennungen des morphologischen Systems und zunächst auf die Spezies hingewiesen.
„Die Verteilung der Pflanzenarten“, sagt A. de Can- dolle (Geogr. bot. S. 69), „über die Oberfläche der Erde ist die Grundlage von fast allen Betrachtungen der Pflanzengeographie. Wenn man gut versteht, warum diese in bestimmte Grenzen eingeschlossen sind, kann man viel Dinge betreffs der Gattungen und Familien be- greifen, denn diese Gruppen sind nur Gemeinschaften von Arten. Genau so, wie man in der beschreibenden Bo- tanik nicht wohl die Gattungen aufstellen kann, ohne die Arten zu studieren, so muss man sich in der Pflanzen- geographie auf die die Arten betreffenden Einzelheiten stützen, um sich zu verallgemeinernden Gesetzen zu er- heben.“
Hier liegt die Ursache jener nicht selten ausgesprochenen Meinung (vergl. Cooley, G. J., Bd. X, S. 582 in Wagners Bericht), dass die Geographie gar nicht bei dem Wesen der Tier- und Pflanzengeographie beteiligt sei, sondern dass diese Disziplinen nur zur Zoologie und Botanik gehörten. Allein es soll nur der Grund dafür sein, dass auch die Geographie der Organismen mit dem ausgedehnten Wissen der organischen Naturwissenschaften sich verknüpfe. — Es ist dies wiederum der Grund, wesshalb andere Geographen nur mit dem Teile der Pflanzengeographie sich be- schäftigen wollen, der die grossen „Formationen“ vergleichend zusammenstellt; aber auch diese Formationen bestehen aus einzel- nen Arten, die in der ganzen Tragweite des Speziesbegriffes dabei
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Areale der Spezies.
der gegenwärtigen Erdperiode angenommen haben, zur
Grundlage der weiteren Betrachtungen machen, müssen
wir dieselben auf bestimmte Einheiten des Pflanzensystems
beziehen.
Wir hatten bei den Vegetationsformen die Bequem-
lichkeit, uns allgemein und ohne Beziehung auf die Ab-
grenzungen des Systems auszudrücken; ein tropischer,
feuchtheisses Klima und immerwährende Bodenbefeuch-
tung fordernder Schopfbaum galt uns gleich, ob er
zu dieser oder jener Gattung von Palmen, Pandaneen
oder Liliaceen gehörte; die blattwechselnde Lärchentanne
des Nordens liess sich mit den dortigen Birken gut zu
demselben biologischen Typus vereinigen. Hier hört diese
Bequemlichkeit auf: wir sind gebunden an die genauen
Trennungen des morphologischen Systems und zunächst
auf die Spezies hingewiesen.
„Die Verteilung der Pflanzenarten“, sagt A. de Can-
dolle (Geogr. bot. S. 69), „über die Oberfläche der Erde
ist die Grundlage von fast allen Betrachtungen der
Pflanzengeographie. Wenn man gut versteht, warum
diese in bestimmte Grenzen eingeschlossen sind, kann
man viel Dinge betreffs der Gattungen und Familien be-
greifen, denn diese Gruppen sind nur Gemeinschaften von
Arten. Genau so, wie man in der beschreibenden Bo-
tanik nicht wohl die Gattungen aufstellen kann, ohne
die Arten zu studieren, so muss man sich in der Pflanzen-
geographie auf die die Arten betreffenden Einzelheiten
stützen, um sich zu verallgemeinernden Gesetzen zu er-
heben.“
Hier liegt die Ursache jener nicht selten ausgesprochenen
Meinung (vergl. Cooley, G. J., Bd. X, S. 582 in Wagners Bericht),
dass die Geographie gar nicht bei dem Wesen der Tier- und
Pflanzengeographie beteiligt sei, sondern dass diese Disziplinen
nur zur Zoologie und Botanik gehörten. Allein es soll nur der
Grund dafür sein, dass auch die Geographie der Organismen
mit dem ausgedehnten Wissen der organischen Naturwissenschaften
sich verknüpfe. — Es ist dies wiederum der Grund, wesshalb andere
Geographen nur mit dem Teile der Pflanzengeographie sich be-
schäftigen wollen, der die grossen „Formationen“ vergleichend
zusammenstellt; aber auch diese Formationen bestehen aus einzel-
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/120>, abgerufen am 24.11.2024.
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