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Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868.

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sich selbst zurückzusinken; Erscheinungen, die sich im Wesentlichen
wiederholen, in denen sich also die unendliche Reihe Zeit zerlegt in
gleiche sich wiederholende Kreise (Perioden), so dass eine solche Ge-
staltung als "nicht der Zahl nach eins, aber der Art nach eins" erscheint.
In solchen Erscheinungen fasst der Geist das Stetige, das, an dem sich
die Bewegung vollzieht, das im Wechsel Gleiche, auf: die Regel,
das Gesetz, den Stoff, die Raumerfüllung u. s. w. Denn die Formen
wiederholen sich hier, und das Einerlei ihrer periodischen Wiederkehr
setzt das Zeitliche ihrer Bewegung zu einem secundären Moment herab;
nicht für ihr Sein, sondern für unsre Auffassung und Verständniss. Wir
gewinnen für die allgemeine Vorstellung Raum so ihren discreten Inhalt,
und dieser ist es, der von uns mit der Bezeichnung Natur zusammen-
gefasst wird.

In andern Erscheinungen hebt unser Geist das im Gleichen
Wechselnde
hervor. Denn er bemerkt, dass sich da in der Bewegung
immer neue Formen gestalten, so neue und so bedingende Formungen,
dass das Stoffliche, an dem sie erscheinen, als ein secundäres Moment
erscheint, während jede neue Form eine individuell andere ist; und
zwar so eine andere, dass jede, der früheren sich anreihend, durch sie
bedingt ist, aus ihr werdend sie ideell in sich aufnimmt, aus ihr ge-
worden sie ideell in sich enthält und bewahrt. Es ist eine Continuität,
in der jedes Frühere sich in dem Späteren fortsetzt, ergänzt, erweitert
(epidosis eis auto), jedes Spätere sich als Ergebniss, Erfüllung, Steigerung
des Früheren darstellt. Es ist nicht die Continuität eines in sich zu-
rückkehrenden Kreises, einer sich wiederholenden Periode, sondern die
einer unendlichen Reihe und zwar so, dass in jedem Neuen schon ein
weiteres Neues keimt und sich herausarbeiten wird: Denn in jedem
Neuen ist die ganze Reihe durchlebter Formen ideell summirt und jede
der durchlebten Formen erscheint als ein Moment, als ein jeweiliger
Ausdruck in der werdenden Summe. In diesem rastlosen Nacheinander,
in dieser sich in sich selbst steigernden Continuität gewinnt die allge-
meine Vorstellung Zeit ihren discreten Inhalt, der von uns mit dem
Ausdruck Geschichte zusammengefasst wird.

Auch diejenigen Erscheinungen, die wir mit dem Ausdruck Natur
zusammenfassen, sind in individuellen Formen da und unterscheiden
sich von einander, wenn wir sie auch als gleichartig und gleich auffas-

sich selbst zurückzusinken; Erscheinungen, die sich im Wesentlichen
wiederholen, in denen sich also die unendliche Reihe Zeit zerlegt in
gleiche sich wiederholende Kreise (Perioden), so dass eine solche Ge-
staltung als „nicht der Zahl nach eins, aber der Art nach eins“ erscheint.
In solchen Erscheinungen fasst der Geist das Stetige, das, an dem sich
die Bewegung vollzieht, das im Wechsel Gleiche, auf: die Regel,
das Gesetz, den Stoff, die Raumerfüllung u. s. w. Denn die Formen
wiederholen sich hier, und das Einerlei ihrer periodischen Wiederkehr
setzt das Zeitliche ihrer Bewegung zu einem secundären Moment herab;
nicht für ihr Sein, sondern für unsre Auffassung und Verständniss. Wir
gewinnen für die allgemeine Vorstellung Raum so ihren discreten Inhalt,
und dieser ist es, der von uns mit der Bezeichnung Natur zusammen-
gefasst wird.

In andern Erscheinungen hebt unser Geist das im Gleichen
Wechselnde
hervor. Denn er bemerkt, dass sich da in der Bewegung
immer neue Formen gestalten, so neue und so bedingende Formungen,
dass das Stoffliche, an dem sie erscheinen, als ein secundäres Moment
erscheint, während jede neue Form eine individuell andere ist; und
zwar so eine andere, dass jede, der früheren sich anreihend, durch sie
bedingt ist, aus ihr werdend sie ideell in sich aufnimmt, aus ihr ge-
worden sie ideell in sich enthält und bewahrt. Es ist eine Continuität,
in der jedes Frühere sich in dem Späteren fortsetzt, ergänzt, erweitert
(ἐπίδοσις εἰς αὑτὸ), jedes Spätere sich als Ergebniss, Erfüllung, Steigerung
des Früheren darstellt. Es ist nicht die Continuität eines in sich zu-
rückkehrenden Kreises, einer sich wiederholenden Periode, sondern die
einer unendlichen Reihe und zwar so, dass in jedem Neuen schon ein
weiteres Neues keimt und sich herausarbeiten wird: Denn in jedem
Neuen ist die ganze Reihe durchlebter Formen ideell summirt und jede
der durchlebten Formen erscheint als ein Moment, als ein jeweiliger
Ausdruck in der werdenden Summe. In diesem rastlosen Nacheinander,
in dieser sich in sich selbst steigernden Continuität gewinnt die allge-
meine Vorstellung Zeit ihren discreten Inhalt, der von uns mit dem
Ausdruck Geschichte zusammengefasst wird.

Auch diejenigen Erscheinungen, die wir mit dem Ausdruck Natur
zusammenfassen, sind in individuellen Formen da und unterscheiden
sich von einander, wenn wir sie auch als gleichartig und gleich auffas-

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[69/0078] sich selbst zurückzusinken; Erscheinungen, die sich im Wesentlichen wiederholen, in denen sich also die unendliche Reihe Zeit zerlegt in gleiche sich wiederholende Kreise (Perioden), so dass eine solche Ge- staltung als „nicht der Zahl nach eins, aber der Art nach eins“ erscheint. In solchen Erscheinungen fasst der Geist das Stetige, das, an dem sich die Bewegung vollzieht, das im Wechsel Gleiche, auf: die Regel, das Gesetz, den Stoff, die Raumerfüllung u. s. w. Denn die Formen wiederholen sich hier, und das Einerlei ihrer periodischen Wiederkehr setzt das Zeitliche ihrer Bewegung zu einem secundären Moment herab; nicht für ihr Sein, sondern für unsre Auffassung und Verständniss. Wir gewinnen für die allgemeine Vorstellung Raum so ihren discreten Inhalt, und dieser ist es, der von uns mit der Bezeichnung Natur zusammen- gefasst wird. In andern Erscheinungen hebt unser Geist das im Gleichen Wechselnde hervor. Denn er bemerkt, dass sich da in der Bewegung immer neue Formen gestalten, so neue und so bedingende Formungen, dass das Stoffliche, an dem sie erscheinen, als ein secundäres Moment erscheint, während jede neue Form eine individuell andere ist; und zwar so eine andere, dass jede, der früheren sich anreihend, durch sie bedingt ist, aus ihr werdend sie ideell in sich aufnimmt, aus ihr ge- worden sie ideell in sich enthält und bewahrt. Es ist eine Continuität, in der jedes Frühere sich in dem Späteren fortsetzt, ergänzt, erweitert (ἐπίδοσις εἰς αὑτὸ), jedes Spätere sich als Ergebniss, Erfüllung, Steigerung des Früheren darstellt. Es ist nicht die Continuität eines in sich zu- rückkehrenden Kreises, einer sich wiederholenden Periode, sondern die einer unendlichen Reihe und zwar so, dass in jedem Neuen schon ein weiteres Neues keimt und sich herausarbeiten wird: Denn in jedem Neuen ist die ganze Reihe durchlebter Formen ideell summirt und jede der durchlebten Formen erscheint als ein Moment, als ein jeweiliger Ausdruck in der werdenden Summe. In diesem rastlosen Nacheinander, in dieser sich in sich selbst steigernden Continuität gewinnt die allge- meine Vorstellung Zeit ihren discreten Inhalt, der von uns mit dem Ausdruck Geschichte zusammengefasst wird. Auch diejenigen Erscheinungen, die wir mit dem Ausdruck Natur zusammenfassen, sind in individuellen Formen da und unterscheiden sich von einander, wenn wir sie auch als gleichartig und gleich auffas-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Grundriss der Historik. Leipzig, 1868, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_historik_1868/78>, abgerufen am 24.11.2024.