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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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ten waren, und ein späterer Zug sie leicht unterwerfen konnte, mit
seinem Heere in Griechenland einzurücken, bevor ihm eine bedeu-
tende Heeresmacht entgegengestellt werden konnte.

Um diese Zeit kamen Boten von Attalus an den König, welche
die Gerüchte, die über den Feldherrn verbreitet seien, Verläumdung
nannten, in schönklingenden Worten seine Ergebenheit versicherten,
und zum Zeichen seiner aufrichtigen Gesinnung die Briefe, die er
von Demosthenes über die Rüstungen in Griechenland empfangen
hatte, in des Königs Hände legten. Der König, der aus die-
sen Dokumenten und aus Attalus Annäherung auf den geringen
Widerstand, den er in Griechenland zu erwarten hatte, schließen
konnte, nahm seinen Befehl nicht zurück; Attalus möge, wenn er
sich unschuldig fühle, ohne Arg dem Willen des Königs gehorchen,
wenn er sein Verbrechen bereue, Gnade bitten und erwarten, wenn
nicht, so sei Vollmacht für jeden Fall ausgefertigt. So wurden
die Boten entlassen 39).

Alexander brach jetzt gegen Thessalien auf; er zog an der
Meeresküste entlang den Pässen des Peneus zu; den Hauptpaß
Tempe, so wie den Seitenpaß Kallipeuke fand er von Thessalischen
Truppen besetzt; sie mit blanker Waffe zu nehmen war unmöglich,
jeder Verzug gefahrbringend; Alexander schuf sich einen neuen Weg.
Südwärts vom Hauptpaß erheben sich die Felsmassen des Ossa,
weniger steil vom Meere her als neben dem Peneus emporsteigend;
zu diesen minder steilen Stellen führte Alexander sein Heer, er ver-
suchte emporzusteigen, ließ, wo es nöthig war, Stufen in das Ge-
stein sprengen, und von Fels zu Fels vorauf klimmend kam er in
die Ebene Thessaliens 40), im Rücken des Thessalischen Heeres.
So war er ohne Schwertstreich Herr des Landes, das er gewon-
nen, nicht unterworfen haben wollte, um für den Perserkrieg der
trefflichen Thessalischen Ritter gewiß zu sein; er erinnerte an ihre
gemeinschaftliche Abstammung vom Geschlecht Achills 41), an die

39) Diod. XVII. 5.
40) Polyaen. IV. 3. 23.
41) Diodor
nennt Herakles; und auch Ulpian in einem höchst verwirrten Scholion zur
ersten Olynthischen Rede, bezeichnet die Aleuaden als Herakliden; Hellani-
kus nennt sie Pyrrhiden, und Herodot leitet die Thessalier aus dem
Thesproterlande her; cf. Buttmann von den Aleuaden (Abhandlun-
gen der Berliner Academie 1822).

ten waren, und ein ſpäterer Zug ſie leicht unterwerfen konnte, mit
ſeinem Heere in Griechenland einzurücken, bevor ihm eine bedeu-
tende Heeresmacht entgegengeſtellt werden konnte.

Um dieſe Zeit kamen Boten von Attalus an den König, welche
die Gerüchte, die über den Feldherrn verbreitet ſeien, Verläumdung
nannten, in ſchönklingenden Worten ſeine Ergebenheit verſicherten,
und zum Zeichen ſeiner aufrichtigen Geſinnung die Briefe, die er
von Demoſthenes über die Rüſtungen in Griechenland empfangen
hatte, in des Königs Hände legten. Der König, der aus die-
ſen Dokumenten und aus Attalus Annäherung auf den geringen
Widerſtand, den er in Griechenland zu erwarten hatte, ſchließen
konnte, nahm ſeinen Befehl nicht zurück; Attalus möge, wenn er
ſich unſchuldig fühle, ohne Arg dem Willen des Königs gehorchen,
wenn er ſein Verbrechen bereue, Gnade bitten und erwarten, wenn
nicht, ſo ſei Vollmacht für jeden Fall ausgefertigt. So wurden
die Boten entlaſſen 39).

Alexander brach jetzt gegen Theſſalien auf; er zog an der
Meeresküſte entlang den Päſſen des Peneus zu; den Hauptpaß
Tempe, ſo wie den Seitenpaß Kallipeuke fand er von Theſſaliſchen
Truppen beſetzt; ſie mit blanker Waffe zu nehmen war unmöglich,
jeder Verzug gefahrbringend; Alexander ſchuf ſich einen neuen Weg.
Südwärts vom Hauptpaß erheben ſich die Felsmaſſen des Oſſa,
weniger ſteil vom Meere her als neben dem Peneus emporſteigend;
zu dieſen minder ſteilen Stellen führte Alexander ſein Heer, er ver-
ſuchte emporzuſteigen, ließ, wo es nöthig war, Stufen in das Ge-
ſtein ſprengen, und von Fels zu Fels vorauf klimmend kam er in
die Ebene Theſſaliens 40), im Rücken des Theſſaliſchen Heeres.
So war er ohne Schwertſtreich Herr des Landes, das er gewon-
nen, nicht unterworfen haben wollte, um für den Perſerkrieg der
trefflichen Theſſaliſchen Ritter gewiß zu ſein; er erinnerte an ihre
gemeinſchaftliche Abſtammung vom Geſchlecht Achills 41), an die

39) Diod. XVII. 5.
40) Polyaen. IV. 3. 23.
41) Diodor
nennt Herakles; und auch Ulpian in einem höchſt verwirrten Scholion zur
erſten Olynthiſchen Rede, bezeichnet die Aleuaden als Herakliden; Hellani-
kus nennt ſie Pyrrhiden, und Herodot leitet die Theſſalier aus dem
Thesproterlande her; cf. Buttmann von den Aleuaden (Abhandlun-
gen der Berliner Academie 1822).
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[58/0072] ten waren, und ein ſpäterer Zug ſie leicht unterwerfen konnte, mit ſeinem Heere in Griechenland einzurücken, bevor ihm eine bedeu- tende Heeresmacht entgegengeſtellt werden konnte. Um dieſe Zeit kamen Boten von Attalus an den König, welche die Gerüchte, die über den Feldherrn verbreitet ſeien, Verläumdung nannten, in ſchönklingenden Worten ſeine Ergebenheit verſicherten, und zum Zeichen ſeiner aufrichtigen Geſinnung die Briefe, die er von Demoſthenes über die Rüſtungen in Griechenland empfangen hatte, in des Königs Hände legten. Der König, der aus die- ſen Dokumenten und aus Attalus Annäherung auf den geringen Widerſtand, den er in Griechenland zu erwarten hatte, ſchließen konnte, nahm ſeinen Befehl nicht zurück; Attalus möge, wenn er ſich unſchuldig fühle, ohne Arg dem Willen des Königs gehorchen, wenn er ſein Verbrechen bereue, Gnade bitten und erwarten, wenn nicht, ſo ſei Vollmacht für jeden Fall ausgefertigt. So wurden die Boten entlaſſen 39). Alexander brach jetzt gegen Theſſalien auf; er zog an der Meeresküſte entlang den Päſſen des Peneus zu; den Hauptpaß Tempe, ſo wie den Seitenpaß Kallipeuke fand er von Theſſaliſchen Truppen beſetzt; ſie mit blanker Waffe zu nehmen war unmöglich, jeder Verzug gefahrbringend; Alexander ſchuf ſich einen neuen Weg. Südwärts vom Hauptpaß erheben ſich die Felsmaſſen des Oſſa, weniger ſteil vom Meere her als neben dem Peneus emporſteigend; zu dieſen minder ſteilen Stellen führte Alexander ſein Heer, er ver- ſuchte emporzuſteigen, ließ, wo es nöthig war, Stufen in das Ge- ſtein ſprengen, und von Fels zu Fels vorauf klimmend kam er in die Ebene Theſſaliens 40), im Rücken des Theſſaliſchen Heeres. So war er ohne Schwertſtreich Herr des Landes, das er gewon- nen, nicht unterworfen haben wollte, um für den Perſerkrieg der trefflichen Theſſaliſchen Ritter gewiß zu ſein; er erinnerte an ihre gemeinſchaftliche Abſtammung vom Geſchlecht Achills 41), an die 39) Diod. XVII. 5. 40) Polyaen. IV. 3. 23. 41) Diodor nennt Herakles; und auch Ulpian in einem höchſt verwirrten Scholion zur erſten Olynthiſchen Rede, bezeichnet die Aleuaden als Herakliden; Hellani- kus nennt ſie Pyrrhiden, und Herodot leitet die Theſſalier aus dem Thesproterlande her; cf. Buttmann von den Aleuaden (Abhandlun- gen der Berliner Academie 1822).

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/72>, abgerufen am 23.11.2024.