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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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nen Schätzen dort willkommen und vor einer Auslieferung an
Alexander sicher zu sein 32). --

Während sich so der letzte Schuldige unter den Großen des
Reichs der Verantwortlichkeit zu entziehen suchte, war Alexander
mit seinem Heere, es war in der Mitte des Februar 324, in Susa
eingerückt. Bald nach ihm traf auch Hephästion ein mit den
übrigen Truppen, den Elephanten und der Bagage, und Nearch
führte die Flotte, die ohne weitere Fährlichkeit die Küste des Per-
sischen Meeres umschifft hatte, den Strom hinauf. Die Satra-
pen und Befehlshaber kamen den königlichen Befehlen gemäß
mit reichem Gefolge und vielen Geschenken, es kamen die Fürsten
und Großen des Morgenlandes, vom Könige geladen, mit ihren
Frauen und Töchtern zur Residenz, von allen Seiten strömten
Fremde aus Asien und Europa herbei, um den großen Festlichkei-
ten, die in Susa vorbereitet waren, beizuwohnen.

Und allerdings galt es ein wunderbares, im Laufe der Jahr-
hunderte einziges Fest zu begehen. Alexander glaubte jetzt das
verwirklichen zu können, was seit zehn Jahren der Zweck seiner
Kämpfe und seiner Einrichtungen gewesen war; er glaubte die
große Kluft, die sonst Asien und Europa geschieden, ausgefüllt,
den Siegerstolz in dem Adel Macedoniens gebrochen, in den Völ-
kern Asiens Vertrauen und Hingebung geweckt zu haben; es war
die Zeit gekommen, die volle Versöhnung und Einigung des Abend-
und Morgenlandes, wie sie stets als Zweck und Norm der neuen
Verhältnisse hingestellt worden, auf die ausgedehnteste und ein-
dringlichste Weise auszusprechen und zu bethätigen. Dieß war der
Sinn der großen Hochzeit von Susa, die an demselben Tage der
König, seine Generale, unzählige vom Heere mit den Töchtern
Asiens feierten.

Die Beschreibung dieses an Pracht und Feierlichkeit Alles
übertreffenden Festes geben die Augenzeugen etwa in folgender
Weise 33): Das Beilager wurde nach Persischer Sitte gehalten,

32) Athen l. c. Curtius X. 2.; daß die Flucht des Harpalus
in diese Zeit gehört, versteht sich von selbst und wird durch Dio-
dors Zeugniß (XVII. c. 108.) bestätigt.
33) Man darf die An-

nen Schaͤtzen dort willkommen und vor einer Auslieferung an
Alexander ſicher zu ſein 32). —

Waͤhrend ſich ſo der letzte Schuldige unter den Großen des
Reichs der Verantwortlichkeit zu entziehen ſuchte, war Alexander
mit ſeinem Heere, es war in der Mitte des Februar 324, in Suſa
eingeruͤckt. Bald nach ihm traf auch Hephaͤſtion ein mit den
uͤbrigen Truppen, den Elephanten und der Bagage, und Nearch
fuͤhrte die Flotte, die ohne weitere Faͤhrlichkeit die Kuͤſte des Per-
ſiſchen Meeres umſchifft hatte, den Strom hinauf. Die Satra-
pen und Befehlshaber kamen den koͤniglichen Befehlen gemaͤß
mit reichem Gefolge und vielen Geſchenken, es kamen die Fuͤrſten
und Großen des Morgenlandes, vom Koͤnige geladen, mit ihren
Frauen und Toͤchtern zur Reſidenz, von allen Seiten ſtroͤmten
Fremde aus Aſien und Europa herbei, um den großen Feſtlichkei-
ten, die in Suſa vorbereitet waren, beizuwohnen.

Und allerdings galt es ein wunderbares, im Laufe der Jahr-
hunderte einziges Feſt zu begehen. Alexander glaubte jetzt das
verwirklichen zu koͤnnen, was ſeit zehn Jahren der Zweck ſeiner
Kaͤmpfe und ſeiner Einrichtungen geweſen war; er glaubte die
große Kluft, die ſonſt Aſien und Europa geſchieden, ausgefuͤllt,
den Siegerſtolz in dem Adel Macedoniens gebrochen, in den Voͤl-
kern Aſiens Vertrauen und Hingebung geweckt zu haben; es war
die Zeit gekommen, die volle Verſoͤhnung und Einigung des Abend-
und Morgenlandes, wie ſie ſtets als Zweck und Norm der neuen
Verhaͤltniſſe hingeſtellt worden, auf die ausgedehnteſte und ein-
dringlichſte Weiſe auszuſprechen und zu bethaͤtigen. Dieß war der
Sinn der großen Hochzeit von Suſa, die an demſelben Tage der
Koͤnig, ſeine Generale, unzaͤhlige vom Heere mit den Toͤchtern
Aſiens feierten.

Die Beſchreibung dieſes an Pracht und Feierlichkeit Alles
uͤbertreffenden Feſtes geben die Augenzeugen etwa in folgender
Weiſe 33): Das Beilager wurde nach Perſiſcher Sitte gehalten,

32) Athen l. c. Curtius X. 2.; daß die Flucht des Harpalus
in dieſe Zeit gehoͤrt, verſteht ſich von ſelbſt und wird durch Dio-
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[495/0509] nen Schaͤtzen dort willkommen und vor einer Auslieferung an Alexander ſicher zu ſein 32). — Waͤhrend ſich ſo der letzte Schuldige unter den Großen des Reichs der Verantwortlichkeit zu entziehen ſuchte, war Alexander mit ſeinem Heere, es war in der Mitte des Februar 324, in Suſa eingeruͤckt. Bald nach ihm traf auch Hephaͤſtion ein mit den uͤbrigen Truppen, den Elephanten und der Bagage, und Nearch fuͤhrte die Flotte, die ohne weitere Faͤhrlichkeit die Kuͤſte des Per- ſiſchen Meeres umſchifft hatte, den Strom hinauf. Die Satra- pen und Befehlshaber kamen den koͤniglichen Befehlen gemaͤß mit reichem Gefolge und vielen Geſchenken, es kamen die Fuͤrſten und Großen des Morgenlandes, vom Koͤnige geladen, mit ihren Frauen und Toͤchtern zur Reſidenz, von allen Seiten ſtroͤmten Fremde aus Aſien und Europa herbei, um den großen Feſtlichkei- ten, die in Suſa vorbereitet waren, beizuwohnen. Und allerdings galt es ein wunderbares, im Laufe der Jahr- hunderte einziges Feſt zu begehen. Alexander glaubte jetzt das verwirklichen zu koͤnnen, was ſeit zehn Jahren der Zweck ſeiner Kaͤmpfe und ſeiner Einrichtungen geweſen war; er glaubte die große Kluft, die ſonſt Aſien und Europa geſchieden, ausgefuͤllt, den Siegerſtolz in dem Adel Macedoniens gebrochen, in den Voͤl- kern Aſiens Vertrauen und Hingebung geweckt zu haben; es war die Zeit gekommen, die volle Verſoͤhnung und Einigung des Abend- und Morgenlandes, wie ſie ſtets als Zweck und Norm der neuen Verhaͤltniſſe hingeſtellt worden, auf die ausgedehnteſte und ein- dringlichſte Weiſe auszuſprechen und zu bethaͤtigen. Dieß war der Sinn der großen Hochzeit von Suſa, die an demſelben Tage der Koͤnig, ſeine Generale, unzaͤhlige vom Heere mit den Toͤchtern Aſiens feierten. Die Beſchreibung dieſes an Pracht und Feierlichkeit Alles uͤbertreffenden Feſtes geben die Augenzeugen etwa in folgender Weiſe 33): Das Beilager wurde nach Perſiſcher Sitte gehalten, 32) Athen l. c. Curtius X. 2.; daß die Flucht des Harpalus in dieſe Zeit gehoͤrt, verſteht ſich von ſelbſt und wird durch Dio- dors Zeugniß (XVII. c. 108.) beſtaͤtigt. 33) Man darf die An-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/509>, abgerufen am 04.05.2024.