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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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auch waren sie mit dem, was sie brachten, sehr willkommen, und
die Kameele, Pferde und Rinder wurden im Heere auf die üb-
liche Weise vertheilt. Dieß Alles, dazu die glückliche Natur des
Karamanischen Landes, die Pflege und Ruhe, die hier den Sol-
daten zu Theil wurde, endlich die unmittelbare Anwesenheit des
Königs, dessen Thätigkeit nie ernster und durchgreifender gewesen
war, machten in kurzer Zeit die Spuren des furchtbaren Elends
verschwinden und gaben dem Macedonischen Heere Haltung und
Selbstvertrauen zurück. Dann wurden Festlichkeiten mannigfacher
Art veranstaltet, um den Göttern für die glückliche Beendigung
des Indischen Feldzuges, für die Heimkehr des Heeres und die
wunderbare Erhaltung der Flotte zu danken; Zeus dem Erretter,
Apollo dem Fluchabwehrer, dem Erderschütterer Poseidon und
den Göttern des Meeres wurde geopfert, es wurden Festzüge ge-
halten, Festchöre gesungen, Kampfspiele aller Art gefeiert; in dem
Gepränge des Festaufzuges ging Nearch bekränzt an des bekränz-
ten Königs Seite, und das jubelnde Heer warf Blumen und
bunte Bänder auf sie. In allgemeiner Heerversammlung wieder-
holte der Admiral den Bericht seiner Fahrt; er und andere der
Führer, so wie viele vom Heere, wurden vom Könige durch Ge-
schenke, durch Beförderungen und Auszeichnungen aller Art ge-
ehrt, namentlich wurde der edle Peucestas, bisher Alexanders
Schildträger und bei dem Sturm auf die Mallierstadt der Erret-
ter des Königs, in die Schaar der Leibwächter aufgenommen 15).

15) Die oben bezeichneten Festlichkeiten (Arrian VII. 28. Ind.
37.) haben Veranlassung zu einer widerlichen Uebertreibung gege-
ben: der König sei sieben Tage lang in dem wildesten Bachanal
durch Karamanien gezogen, er selbst auf einem ungeheueren, mit
acht Rossen bespannten Wagen, Tag und Nacht mit seinen Freun-
den an einer goldenen Tafel schmausend, während auf unzähligen
anderen, mit purpurnen Teppichen und bunten Kränzen geschmückten
Wagen die übrigen Genossen nachfolgten, selbst schmausend und
zechend; an den Wegen hätten Weinfässer und gedeckte Tafeln ge-
standen, und der Zug des übrigen Heeres habe sich taumelnd von
Faß zu Faß fortgewälzt; lärmende Musik, unzüchtige Lieder, feile
Dirnen, Phallusbilder, kurz alle erdenkliche Liederlichkeit und Ver-
31 *

auch waren ſie mit dem, was ſie brachten, ſehr willkommen, und
die Kameele, Pferde und Rinder wurden im Heere auf die uͤb-
liche Weiſe vertheilt. Dieß Alles, dazu die gluͤckliche Natur des
Karamaniſchen Landes, die Pflege und Ruhe, die hier den Sol-
daten zu Theil wurde, endlich die unmittelbare Anweſenheit des
Koͤnigs, deſſen Thaͤtigkeit nie ernſter und durchgreifender geweſen
war, machten in kurzer Zeit die Spuren des furchtbaren Elends
verſchwinden und gaben dem Macedoniſchen Heere Haltung und
Selbſtvertrauen zuruͤck. Dann wurden Feſtlichkeiten mannigfacher
Art veranſtaltet, um den Goͤttern fuͤr die gluͤckliche Beendigung
des Indiſchen Feldzuges, fuͤr die Heimkehr des Heeres und die
wunderbare Erhaltung der Flotte zu danken; Zeus dem Erretter,
Apollo dem Fluchabwehrer, dem Erderſchuͤtterer Poſeidon und
den Goͤttern des Meeres wurde geopfert, es wurden Feſtzuͤge ge-
halten, Feſtchoͤre geſungen, Kampfſpiele aller Art gefeiert; in dem
Gepraͤnge des Feſtaufzuges ging Nearch bekraͤnzt an des bekraͤnz-
ten Koͤnigs Seite, und das jubelnde Heer warf Blumen und
bunte Baͤnder auf ſie. In allgemeiner Heerverſammlung wieder-
holte der Admiral den Bericht ſeiner Fahrt; er und andere der
Fuͤhrer, ſo wie viele vom Heere, wurden vom Koͤnige durch Ge-
ſchenke, durch Befoͤrderungen und Auszeichnungen aller Art ge-
ehrt, namentlich wurde der edle Peuceſtas, bisher Alexanders
Schildtraͤger und bei dem Sturm auf die Mallierſtadt der Erret-
ter des Koͤnigs, in die Schaar der Leibwaͤchter aufgenommen 15).

15) Die oben bezeichneten Feſtlichkeiten (Arrian VII. 28. Ind.
37.) haben Veranlaſſung zu einer widerlichen Uebertreibung gege-
ben: der Koͤnig ſei ſieben Tage lang in dem wildeſten Bachanal
durch Karamanien gezogen, er ſelbſt auf einem ungeheueren, mit
acht Roſſen beſpannten Wagen, Tag und Nacht mit ſeinen Freun-
den an einer goldenen Tafel ſchmauſend, waͤhrend auf unzaͤhligen
anderen, mit purpurnen Teppichen und bunten Kraͤnzen geſchmuͤckten
Wagen die uͤbrigen Genoſſen nachfolgten, ſelbſt ſchmauſend und
zechend; an den Wegen haͤtten Weinfaͤſſer und gedeckte Tafeln ge-
ſtanden, und der Zug des uͤbrigen Heeres habe ſich taumelnd von
Faß zu Faß fortgewaͤlzt; laͤrmende Muſik, unzuͤchtige Lieder, feile
Dirnen, Phallusbilder, kurz alle erdenkliche Liederlichkeit und Ver-
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[483/0497] auch waren ſie mit dem, was ſie brachten, ſehr willkommen, und die Kameele, Pferde und Rinder wurden im Heere auf die uͤb- liche Weiſe vertheilt. Dieß Alles, dazu die gluͤckliche Natur des Karamaniſchen Landes, die Pflege und Ruhe, die hier den Sol- daten zu Theil wurde, endlich die unmittelbare Anweſenheit des Koͤnigs, deſſen Thaͤtigkeit nie ernſter und durchgreifender geweſen war, machten in kurzer Zeit die Spuren des furchtbaren Elends verſchwinden und gaben dem Macedoniſchen Heere Haltung und Selbſtvertrauen zuruͤck. Dann wurden Feſtlichkeiten mannigfacher Art veranſtaltet, um den Goͤttern fuͤr die gluͤckliche Beendigung des Indiſchen Feldzuges, fuͤr die Heimkehr des Heeres und die wunderbare Erhaltung der Flotte zu danken; Zeus dem Erretter, Apollo dem Fluchabwehrer, dem Erderſchuͤtterer Poſeidon und den Goͤttern des Meeres wurde geopfert, es wurden Feſtzuͤge ge- halten, Feſtchoͤre geſungen, Kampfſpiele aller Art gefeiert; in dem Gepraͤnge des Feſtaufzuges ging Nearch bekraͤnzt an des bekraͤnz- ten Koͤnigs Seite, und das jubelnde Heer warf Blumen und bunte Baͤnder auf ſie. In allgemeiner Heerverſammlung wieder- holte der Admiral den Bericht ſeiner Fahrt; er und andere der Fuͤhrer, ſo wie viele vom Heere, wurden vom Koͤnige durch Ge- ſchenke, durch Befoͤrderungen und Auszeichnungen aller Art ge- ehrt, namentlich wurde der edle Peuceſtas, bisher Alexanders Schildtraͤger und bei dem Sturm auf die Mallierſtadt der Erret- ter des Koͤnigs, in die Schaar der Leibwaͤchter aufgenommen 15). 15) Die oben bezeichneten Feſtlichkeiten (Arrian VII. 28. Ind. 37.) haben Veranlaſſung zu einer widerlichen Uebertreibung gege- ben: der Koͤnig ſei ſieben Tage lang in dem wildeſten Bachanal durch Karamanien gezogen, er ſelbſt auf einem ungeheueren, mit acht Roſſen beſpannten Wagen, Tag und Nacht mit ſeinen Freun- den an einer goldenen Tafel ſchmauſend, waͤhrend auf unzaͤhligen anderen, mit purpurnen Teppichen und bunten Kraͤnzen geſchmuͤckten Wagen die uͤbrigen Genoſſen nachfolgten, ſelbſt ſchmauſend und zechend; an den Wegen haͤtten Weinfaͤſſer und gedeckte Tafeln ge- ſtanden, und der Zug des uͤbrigen Heeres habe ſich taumelnd von Faß zu Faß fortgewaͤlzt; laͤrmende Muſik, unzuͤchtige Lieder, feile Dirnen, Phallusbilder, kurz alle erdenkliche Liederlichkeit und Ver- 31 *

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/497>, abgerufen am 27.04.2024.