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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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folgen; man will Sturmleitern, Maschinen, Bäume anlegen, Alles
verzögert, jeder Augenblick Säumniß kann sein Tod sein; sie müs-
sen ihm nach; die Einen treiben Pflöcke in die Mauer und klim-
men empor, Andere steigen auf den Schultern der Kameraden zu
den Zinnen hinan; da sehen sie den König am Boden, Feinde
dicht umher, schon sinkt Peucestas, vor Wuth und Jammer schrei-
end stürzen sie sich hinab; sie schaaren sich schnell um den Gefal-
lenen, dicht verschildet rücken sie vor und drängen die Barbaren
hinweg; andere werfen sich auf das Thor, reißen es auf, heben
die Thorflügel aus den Angeln, und mit wildem Geschrei stürzen
die Kolonnen hinein in die Burg. Nun geht es mit doppelter
Macht auf den Feind, sie schlagen Alles todt, Weiber, Kinder
werden durchbohrt, das Blut soll ihre Rache kühlen. Andere tra-
gen den König auf seinem Schilde hinaus; noch ist der Pfeil in
seiner Brust; man versucht ihn hinaus zu ziehen, ein Widerhaken
hält ihn zurück; der Schmerz läßt den König aus seiner Ohn-
macht erwachen; seufzend bittet er, den Pfeil aus der Wunde zu
lösen, die Wunde mit seinem Schwert zu erweitern. So ge-
schieht es, reichlich rieselt das Blut hervor, eine neue Ohnmacht
überfällt ihn; Leben und Tod scheint über ihn ringen; weinend
stehen die Freunde um sein Bett, die Macedonier vor dem Zelt;
so vergeht der Abend und die Nacht 97).

97) Arrian hat VI. II. die von der obigen Darstellung (nach
Ptolemäus) abweichenden Angaben kritisch untersucht, so daß über
deren Irrthümlichkeit kein Zweifel sein kann. Besonders tadelt er
die Angabe, daß der Vorfall im Lande der Oxydraker geschehen sei,
wie Curtius IX. 4. 26., Lucian Dial. mort. XIV. 14, Appian.
civ. Il.
102, Paus. I. 6., Andere bei Freinsheim ad Curtium IX.
1. c.
berichten. Eine zweite Abweichung findet bei den Namen de-
rer Statt, die mit dem Könige in der Burg waren; Plutarch 63.
nennt Peucestas und Limnäus, Curtius IX. s. 15. Peuccstas, Ti-
mäus, Leonnatus, Aristonus; Timagenes und Klitarch (nach Cur-
tius) und nach ihnen Paus. l. c., Steph. Byz. v. Oxudrakai füg-
ten den Lagiden Ptolemäus binzu, der wenigstens zehn Meilen ent-
fernt stand. Peucestas galt allgemein im Alterthum für Alexan-
ders Retter (Alexandri Magni servator Plin. XXXIV. 8.). Viele

folgen; man will Sturmleitern, Maſchinen, Baͤume anlegen, Alles
verzoͤgert, jeder Augenblick Saͤumniß kann ſein Tod ſein; ſie muͤſ-
ſen ihm nach; die Einen treiben Pfloͤcke in die Mauer und klim-
men empor, Andere ſteigen auf den Schultern der Kameraden zu
den Zinnen hinan; da ſehen ſie den Koͤnig am Boden, Feinde
dicht umher, ſchon ſinkt Peuceſtas, vor Wuth und Jammer ſchrei-
end ſtuͤrzen ſie ſich hinab; ſie ſchaaren ſich ſchnell um den Gefal-
lenen, dicht verſchildet ruͤcken ſie vor und draͤngen die Barbaren
hinweg; andere werfen ſich auf das Thor, reißen es auf, heben
die Thorfluͤgel aus den Angeln, und mit wildem Geſchrei ſtuͤrzen
die Kolonnen hinein in die Burg. Nun geht es mit doppelter
Macht auf den Feind, ſie ſchlagen Alles todt, Weiber, Kinder
werden durchbohrt, das Blut ſoll ihre Rache kuͤhlen. Andere tra-
gen den Koͤnig auf ſeinem Schilde hinaus; noch iſt der Pfeil in
ſeiner Bruſt; man verſucht ihn hinaus zu ziehen, ein Widerhaken
haͤlt ihn zuruͤck; der Schmerz laͤßt den Koͤnig aus ſeiner Ohn-
macht erwachen; ſeufzend bittet er, den Pfeil aus der Wunde zu
loͤſen, die Wunde mit ſeinem Schwert zu erweitern. So ge-
ſchieht es, reichlich rieſelt das Blut hervor, eine neue Ohnmacht
uͤberfaͤllt ihn; Leben und Tod ſcheint uͤber ihn ringen; weinend
ſtehen die Freunde um ſein Bett, die Macedonier vor dem Zelt;
ſo vergeht der Abend und die Nacht 97).

97) Arrian hat VI. II. die von der obigen Darſtellung (nach
Ptolemaͤus) abweichenden Angaben kritiſch unterſucht, ſo daß uͤber
deren Irrthuͤmlichkeit kein Zweifel ſein kann. Beſonders tadelt er
die Angabe, daß der Vorfall im Lande der Oxydraker geſchehen ſei,
wie Curtius IX. 4. 26., Lucian Dial. mort. XIV. 14, Appian.
civ. Il.
102, Paus. I. 6., Andere bei Freinsheim ad Curtium IX.
1. c.
berichten. Eine zweite Abweichung findet bei den Namen de-
rer Statt, die mit dem Koͤnige in der Burg waren; Plutarch 63.
nennt Peuceſtas und Limnaͤus, Curtius IX. s. 15. Peuccſtas, Ti-
maͤus, Leonnatus, Ariſtonus; Timagenes und Klitarch (nach Cur-
tius) und nach ihnen Paus. l. c., Steph. Byz. v. Οξύδρακαι fuͤg-
ten den Lagiden Ptolemaͤus binzu, der wenigſtens zehn Meilen ent-
fernt ſtand. Peuceſtas galt allgemein im Alterthum fuͤr Alexan-
ders Retter (Alexandri Magni servator Plin. XXXIV. 8.). Viele
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[440/0454] folgen; man will Sturmleitern, Maſchinen, Baͤume anlegen, Alles verzoͤgert, jeder Augenblick Saͤumniß kann ſein Tod ſein; ſie muͤſ- ſen ihm nach; die Einen treiben Pfloͤcke in die Mauer und klim- men empor, Andere ſteigen auf den Schultern der Kameraden zu den Zinnen hinan; da ſehen ſie den Koͤnig am Boden, Feinde dicht umher, ſchon ſinkt Peuceſtas, vor Wuth und Jammer ſchrei- end ſtuͤrzen ſie ſich hinab; ſie ſchaaren ſich ſchnell um den Gefal- lenen, dicht verſchildet ruͤcken ſie vor und draͤngen die Barbaren hinweg; andere werfen ſich auf das Thor, reißen es auf, heben die Thorfluͤgel aus den Angeln, und mit wildem Geſchrei ſtuͤrzen die Kolonnen hinein in die Burg. Nun geht es mit doppelter Macht auf den Feind, ſie ſchlagen Alles todt, Weiber, Kinder werden durchbohrt, das Blut ſoll ihre Rache kuͤhlen. Andere tra- gen den Koͤnig auf ſeinem Schilde hinaus; noch iſt der Pfeil in ſeiner Bruſt; man verſucht ihn hinaus zu ziehen, ein Widerhaken haͤlt ihn zuruͤck; der Schmerz laͤßt den Koͤnig aus ſeiner Ohn- macht erwachen; ſeufzend bittet er, den Pfeil aus der Wunde zu loͤſen, die Wunde mit ſeinem Schwert zu erweitern. So ge- ſchieht es, reichlich rieſelt das Blut hervor, eine neue Ohnmacht uͤberfaͤllt ihn; Leben und Tod ſcheint uͤber ihn ringen; weinend ſtehen die Freunde um ſein Bett, die Macedonier vor dem Zelt; ſo vergeht der Abend und die Nacht 97). 97) Arrian hat VI. II. die von der obigen Darſtellung (nach Ptolemaͤus) abweichenden Angaben kritiſch unterſucht, ſo daß uͤber deren Irrthuͤmlichkeit kein Zweifel ſein kann. Beſonders tadelt er die Angabe, daß der Vorfall im Lande der Oxydraker geſchehen ſei, wie Curtius IX. 4. 26., Lucian Dial. mort. XIV. 14, Appian. civ. Il. 102, Paus. I. 6., Andere bei Freinsheim ad Curtium IX. 1. c. berichten. Eine zweite Abweichung findet bei den Namen de- rer Statt, die mit dem Koͤnige in der Burg waren; Plutarch 63. nennt Peuceſtas und Limnaͤus, Curtius IX. s. 15. Peuccſtas, Ti- maͤus, Leonnatus, Ariſtonus; Timagenes und Klitarch (nach Cur- tius) und nach ihnen Paus. l. c., Steph. Byz. v. Οξύδρακαι fuͤg- ten den Lagiden Ptolemaͤus binzu, der wenigſtens zehn Meilen ent- fernt ſtand. Peuceſtas galt allgemein im Alterthum fuͤr Alexan- ders Retter (Alexandri Magni servator Plin. XXXIV. 8.). Viele

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/454>, abgerufen am 22.11.2024.