baldigen Einrücken in fremdes Gebiet und zunächst zur Unterwer- fung des Landes bis zur Acesinesmündung nöthig waren; nament- lich wurde Philipp links ab an den Acesines detaschirt, um sich des westlichen Stromufers zu versichern; Hephästion und Krate- rus zogen rechts und links vom Hydaspes etwas landeinwärts weiter; jenseits der Acesinesmündung sollte die gesammte Heeres- macht wieder zusammen treffen, um den Feldzug gegen die Mal- lier und Sudraker von dort aus zu beginnen. Denn schon war von den bedeutenden Rüstungen, die diese großen und streitbaren Völ- ker machten, Nachricht eingelaufen; schon hätten sie, hieß es, ihre Weiber und Kinder in die festen Plätze gebracht und bei vielen Tausenden zögen sich Bewaffnete an den Hyarotis zusammen, Alexander glaubte um so mehr vorwärts eilen und den Feldzug eröffnen zu müssen, ehe der Feind seine Rüstungen vollendet hätte. So ging die Flotte nach zweitägiger Rast weiter den Strom hin- ab; überali, wo sie anlegte, unterwarfen sich die Anwohner frei- willig oder wurden mit leichter Mühe dazu gezwungen 87).
Am fünften Tage hoffte Alexander die Mündung des Acesi- nes in den Hydaspes zu erreichen; er hatte bereits in Erfahrung gebracht, daß diese Stelle für die Schifffahrt schwierig sei, daß sich die Ströme unter starkem Wellenschlag und vielen Strudeln ver- mischten, um dann in ein schmales Bette zusammen gedrängt mit Ungestüm weiter zu strömen 88). Diese Nachrichten waren auf der Flotte verbreitet, und zugleich zur Vorsicht ernstlich ermahnt worden. Gegen Ende der fünften Tagefahrt hörte man aus Sü- den her ein gewaltiges Brausen, ähnlich dem der Meeresbrandung bei hohler See; staunend hielten die Ruderer der ersten Geschwa- der inne, unschlüssig, ob das Meer oder ein Unwetter oder was sonst nahe sei; dann belehrt und ermahnt zu rüstiger Arbeit, wenn
87)Arrian VI. 3. 4,
88) Neuere Berichte bestätigen diese Angaben; s. Vincent p. 112. Chereffeddin IV. 10. 52. sagt von dieser Stelle: les vagues, qui se forment en ce lieu, le font paraitre une mer agitee. Diodor XVII. 96. und Curtius 99., so verwirrt sie auch über diesen Feldzug berichten, haben doch man- che Notizen, die den Arrian veranschaulichen und ergänzen; doch muß man in ihrem Gebrauch sehr vorsichtig sein.
baldigen Einruͤcken in fremdes Gebiet und zunaͤchſt zur Unterwer- fung des Landes bis zur Aceſinesmuͤndung noͤthig waren; nament- lich wurde Philipp links ab an den Aceſines detaſchirt, um ſich des weſtlichen Stromufers zu verſichern; Hephaͤſtion und Krate- rus zogen rechts und links vom Hydaspes etwas landeinwaͤrts weiter; jenſeits der Aceſinesmuͤndung ſollte die geſammte Heeres- macht wieder zuſammen treffen, um den Feldzug gegen die Mal- lier und Sudraker von dort aus zu beginnen. Denn ſchon war von den bedeutenden Ruͤſtungen, die dieſe großen und ſtreitbaren Voͤl- ker machten, Nachricht eingelaufen; ſchon haͤtten ſie, hieß es, ihre Weiber und Kinder in die feſten Plaͤtze gebracht und bei vielen Tauſenden zoͤgen ſich Bewaffnete an den Hyarotis zuſammen, Alexander glaubte um ſo mehr vorwaͤrts eilen und den Feldzug eroͤffnen zu muͤſſen, ehe der Feind ſeine Ruͤſtungen vollendet haͤtte. So ging die Flotte nach zweitaͤgiger Raſt weiter den Strom hin- ab; uͤberali, wo ſie anlegte, unterwarfen ſich die Anwohner frei- willig oder wurden mit leichter Muͤhe dazu gezwungen 87).
Am fuͤnften Tage hoffte Alexander die Muͤndung des Aceſi- nes in den Hydaspes zu erreichen; er hatte bereits in Erfahrung gebracht, daß dieſe Stelle fuͤr die Schifffahrt ſchwierig ſei, daß ſich die Stroͤme unter ſtarkem Wellenſchlag und vielen Strudeln ver- miſchten, um dann in ein ſchmales Bette zuſammen gedraͤngt mit Ungeſtuͤm weiter zu ſtroͤmen 88). Dieſe Nachrichten waren auf der Flotte verbreitet, und zugleich zur Vorſicht ernſtlich ermahnt worden. Gegen Ende der fuͤnften Tagefahrt hoͤrte man aus Suͤ- den her ein gewaltiges Brauſen, aͤhnlich dem der Meeresbrandung bei hohler See; ſtaunend hielten die Ruderer der erſten Geſchwa- der inne, unſchluͤſſig, ob das Meer oder ein Unwetter oder was ſonſt nahe ſei; dann belehrt und ermahnt zu ruͤſtiger Arbeit, wenn
87)Arrian VI. 3. 4,
88) Neuere Berichte beſtaͤtigen dieſe Angaben; ſ. Vincent p. 112. Chereffeddin IV. 10. 52. ſagt von dieſer Stelle: les vagues, qui se forment en ce lieu, le font paraitre une mer agitée. Diodor XVII. 96. und Curtius 99., ſo verwirrt ſie auch uͤber dieſen Feldzug berichten, haben doch man- che Notizen, die den Arrian veranſchaulichen und ergaͤnzen; doch muß man in ihrem Gebrauch ſehr vorſichtig ſein.
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baldigen Einruͤcken in fremdes Gebiet und zunaͤchſt zur Unterwer-
fung des Landes bis zur Aceſinesmuͤndung noͤthig waren; nament-
lich wurde Philipp links ab an den Aceſines detaſchirt, um ſich
des weſtlichen Stromufers zu verſichern; Hephaͤſtion und Krate-
rus zogen rechts und links vom Hydaspes etwas landeinwaͤrts
weiter; jenſeits der Aceſinesmuͤndung ſollte die geſammte Heeres-
macht wieder zuſammen treffen, um den Feldzug gegen die Mal-
lier und Sudraker von dort aus zu beginnen. Denn ſchon war von
den bedeutenden Ruͤſtungen, die dieſe großen und ſtreitbaren Voͤl-
ker machten, Nachricht eingelaufen; ſchon haͤtten ſie, hieß es, ihre
Weiber und Kinder in die feſten Plaͤtze gebracht und bei vielen
Tauſenden zoͤgen ſich Bewaffnete an den Hyarotis zuſammen,
Alexander glaubte um ſo mehr vorwaͤrts eilen und den Feldzug
eroͤffnen zu muͤſſen, ehe der Feind ſeine Ruͤſtungen vollendet haͤtte.
So ging die Flotte nach zweitaͤgiger Raſt weiter den Strom hin-
ab; uͤberali, wo ſie anlegte, unterwarfen ſich die Anwohner frei-
willig oder wurden mit leichter Muͤhe dazu gezwungen 87).
Am fuͤnften Tage hoffte Alexander die Muͤndung des Aceſi-
nes in den Hydaspes zu erreichen; er hatte bereits in Erfahrung
gebracht, daß dieſe Stelle fuͤr die Schifffahrt ſchwierig ſei, daß ſich
die Stroͤme unter ſtarkem Wellenſchlag und vielen Strudeln ver-
miſchten, um dann in ein ſchmales Bette zuſammen gedraͤngt mit
Ungeſtuͤm weiter zu ſtroͤmen 88). Dieſe Nachrichten waren auf
der Flotte verbreitet, und zugleich zur Vorſicht ernſtlich ermahnt
worden. Gegen Ende der fuͤnften Tagefahrt hoͤrte man aus Suͤ-
den her ein gewaltiges Brauſen, aͤhnlich dem der Meeresbrandung
bei hohler See; ſtaunend hielten die Ruderer der erſten Geſchwa-
der inne, unſchluͤſſig, ob das Meer oder ein Unwetter oder was
ſonſt nahe ſei; dann belehrt und ermahnt zu ruͤſtiger Arbeit, wenn
87) Arrian VI. 3. 4,
88) Neuere Berichte beſtaͤtigen dieſe
Angaben; ſ. Vincent p. 112. Chereffeddin IV. 10. 52. ſagt von
dieſer Stelle: les vagues, qui se forment en ce lieu, le font
paraitre une mer agitée. Diodor XVII. 96. und Curtius 99.,
ſo verwirrt ſie auch uͤber dieſen Feldzug berichten, haben doch man-
che Notizen, die den Arrian veranſchaulichen und ergaͤnzen; doch
muß man in ihrem Gebrauch ſehr vorſichtig ſein.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/444>, abgerufen am 22.11.2024.
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