Uebergang über den Indus anschickte. Da erschien eine Gesandt- schaft der Fürsten von Taxila vor dem Könige, sie versicherte von Neuem die Ergebenheit ihres Herren; sie überbrachte dem Kö- nige kostbare Geschenke, dreitaufend Opferstiere, zehntausend Schaaft, dreißig Kriegselephanten, zweihundert Talente Silber, endlich sie- benhundert Indische Reuter, das Bundescontingent ihres Fürsten, sie übergab dem Könige die Residenz ihres Fürsten, die herr- lichste Stadt zwischen dem Indus und Hydaspes. Alexander be- lobte sie; dann befahl er, die Weihe des Indusüberganges zu be- ginnen; unter gymnastischen Spielen und festlichem Umzuge des Heeres wurde am Stromufer geopfert; und die Opfer waren glücklich. So begann der Uebergang über den mächtigen Strom, ein Theil des Heeres zog über die Schiffbrücke, andere setzten auf Induskähnen hinüber, der König selbst und sein Gefolge auf zwei Jachten, die dazu bereit lagen. Neue Opfer feierten die glück- liche Vollendung dieses Ueberganges. Dann rückte das große Heer auf der Straße von Taxila vorwärts, durch reich bevölkerte und im Schmucke des Frühlings prangende Gegenden, nordwärts mächtige Schneeberge, die Gränze von Kaschmir, südwärts die weiten und herrlichen Ebenen, welche das Duab des Indus und Hydaspes erfüllen, überall die großen Formen der Landschaft, die überreiche Vegetation, die fremdartigen Gestalten, Trachten und Sitten der Bevölkerung, wie sie der Indischen Welt eigenthüm- lich sind. Eine Stunde vor der Residenz sah das staunende Heer zum erstenmale jene Indischen Büßer, die nackt, einsam, regungs- los unter den Gluthstrahlen der Mittagssonne und dem kalten Thau sternklarer Nächte das heilige Werk des Nivan vollbrin- gen 33b).
Als Alexander der Stadt Taxila nahete, zog ihm der 34)
33b)Strabo XV. p. 294. Arrian VII. 3.
34) Die Lage von Taxila ist auf dem Wege vom Indus zum Hydasves, doch ge- wiß nicht, wie Rennel (Memoir of a map of Hindostan p. 29.) vermuthete, bei Attock selbst zu suchen. Plinius sagt: von Peucelaotis zum (sollte heißen über den) Indus und zur Stadt Taxila 60 M., von da zum Hydaspes 120 M. Davon 1/6 für die Krümmungen des Weges abgerechnet, giebt 150 M. oder 30 Meilen, und die
Uebergang uͤber den Indus anſchickte. Da erſchien eine Geſandt- ſchaft der Fuͤrſten von Taxila vor dem Koͤnige, ſie verſicherte von Neuem die Ergebenheit ihres Herren; ſie uͤberbrachte dem Koͤ- nige koſtbare Geſchenke, dreitaufend Opferſtiere, zehntauſend Schaaft, dreißig Kriegselephanten, zweihundert Talente Silber, endlich ſie- benhundert Indiſche Reuter, das Bundescontingent ihres Fuͤrſten, ſie uͤbergab dem Koͤnige die Reſidenz ihres Fuͤrſten, die herr- lichſte Stadt zwiſchen dem Indus und Hydaspes. Alexander be- lobte ſie; dann befahl er, die Weihe des Indusuͤberganges zu be- ginnen; unter gymnaſtiſchen Spielen und feſtlichem Umzuge des Heeres wurde am Stromufer geopfert; und die Opfer waren gluͤcklich. So begann der Uebergang uͤber den maͤchtigen Strom, ein Theil des Heeres zog uͤber die Schiffbruͤcke, andere ſetzten auf Induskaͤhnen hinuͤber, der Koͤnig ſelbſt und ſein Gefolge auf zwei Jachten, die dazu bereit lagen. Neue Opfer feierten die gluͤck- liche Vollendung dieſes Ueberganges. Dann ruͤckte das große Heer auf der Straße von Taxila vorwaͤrts, durch reich bevoͤlkerte und im Schmucke des Fruͤhlings prangende Gegenden, nordwaͤrts maͤchtige Schneeberge, die Graͤnze von Kaſchmir, ſuͤdwaͤrts die weiten und herrlichen Ebenen, welche das Duab des Indus und Hydaspes erfuͤllen, uͤberall die großen Formen der Landſchaft, die uͤberreiche Vegetation, die fremdartigen Geſtalten, Trachten und Sitten der Bevoͤlkerung, wie ſie der Indiſchen Welt eigenthuͤm- lich ſind. Eine Stunde vor der Reſidenz ſah das ſtaunende Heer zum erſtenmale jene Indiſchen Buͤßer, die nackt, einſam, regungs- los unter den Gluthſtrahlen der Mittagsſonne und dem kalten Thau ſternklarer Naͤchte das heilige Werk des Nivan vollbrin- gen 33b).
Als Alexander der Stadt Taxila nahete, zog ihm der 34)
33b)Strabo XV. p. 294. Arrian VII. 3.
34) Die Lage von Taxila iſt auf dem Wege vom Indus zum Hydasves, doch ge- wiß nicht, wie Rennel (Memoir of a map of Hindostan p. 29.) vermuthete, bei Attock ſelbſt zu ſuchen. Plinius ſagt: von Peucelaotis zum (ſollte heißen uͤber den) Indus und zur Stadt Taxila 60 M., von da zum Hydaspes 120 M. Davon ⅙ fuͤr die Kruͤmmungen des Weges abgerechnet, giebt 150 M. oder 30 Meilen, und die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0396"n="382"/>
Uebergang uͤber den Indus anſchickte. Da erſchien eine Geſandt-<lb/>ſchaft der Fuͤrſten von Taxila vor dem Koͤnige, ſie verſicherte<lb/>
von Neuem die Ergebenheit ihres Herren; ſie uͤberbrachte dem Koͤ-<lb/>
nige koſtbare Geſchenke, dreitaufend Opferſtiere, zehntauſend Schaaft,<lb/>
dreißig Kriegselephanten, zweihundert Talente Silber, endlich ſie-<lb/>
benhundert Indiſche Reuter, das Bundescontingent ihres Fuͤrſten,<lb/>ſie uͤbergab dem Koͤnige die Reſidenz ihres Fuͤrſten, die herr-<lb/>
lichſte Stadt zwiſchen dem Indus und Hydaspes. Alexander be-<lb/>
lobte ſie; dann befahl er, die Weihe des Indusuͤberganges zu be-<lb/>
ginnen; unter gymnaſtiſchen Spielen und feſtlichem Umzuge des<lb/>
Heeres wurde am Stromufer geopfert; und die Opfer waren<lb/>
gluͤcklich. So begann der Uebergang uͤber den maͤchtigen Strom,<lb/>
ein Theil des Heeres zog uͤber die Schiffbruͤcke, andere ſetzten auf<lb/>
Induskaͤhnen hinuͤber, der Koͤnig ſelbſt und ſein Gefolge auf zwei<lb/>
Jachten, die dazu bereit lagen. Neue Opfer feierten die gluͤck-<lb/>
liche Vollendung dieſes Ueberganges. Dann ruͤckte das große<lb/>
Heer auf der Straße von Taxila vorwaͤrts, durch reich bevoͤlkerte<lb/>
und im Schmucke des Fruͤhlings prangende Gegenden, nordwaͤrts<lb/>
maͤchtige Schneeberge, die Graͤnze von Kaſchmir, ſuͤdwaͤrts die<lb/>
weiten und herrlichen Ebenen, welche das Duab des Indus und<lb/>
Hydaspes erfuͤllen, uͤberall die großen Formen der Landſchaft, die<lb/>
uͤberreiche Vegetation, die fremdartigen Geſtalten, Trachten und<lb/>
Sitten der Bevoͤlkerung, wie ſie der Indiſchen Welt eigenthuͤm-<lb/>
lich ſind. Eine Stunde vor der Reſidenz ſah das ſtaunende Heer<lb/>
zum erſtenmale jene Indiſchen Buͤßer, die nackt, einſam, regungs-<lb/>
los unter den Gluthſtrahlen der Mittagsſonne und dem kalten<lb/>
Thau ſternklarer Naͤchte das heilige Werk des Nivan vollbrin-<lb/>
gen <noteplace="foot"n="33b)"><hirendition="#aq">Strabo XV. p. 294. Arrian VII.</hi> 3.</note>.</p><lb/><p>Als Alexander der Stadt Taxila nahete, zog ihm der<lb/><notexml:id="note-0396"next="#note-0397"place="foot"n="34)">Die Lage<lb/>
von Taxila iſt auf dem Wege vom Indus zum Hydasves, doch ge-<lb/>
wiß nicht, wie Rennel (<hirendition="#aq">Memoir of a map of Hindostan p.</hi> 29.)<lb/>
vermuthete, bei Attock ſelbſt zu ſuchen. Plinius ſagt: von Peucelaotis<lb/>
zum (ſollte heißen uͤber den) Indus und zur Stadt Taxila 60 <hirendition="#aq">M.</hi>,<lb/>
von da zum Hydaspes 120 <hirendition="#aq">M.</hi> Davon ⅙ fuͤr die Kruͤmmungen<lb/>
des Weges abgerechnet, giebt 150 <hirendition="#aq">M.</hi> oder 30 Meilen, und die</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[382/0396]
Uebergang uͤber den Indus anſchickte. Da erſchien eine Geſandt-
ſchaft der Fuͤrſten von Taxila vor dem Koͤnige, ſie verſicherte
von Neuem die Ergebenheit ihres Herren; ſie uͤberbrachte dem Koͤ-
nige koſtbare Geſchenke, dreitaufend Opferſtiere, zehntauſend Schaaft,
dreißig Kriegselephanten, zweihundert Talente Silber, endlich ſie-
benhundert Indiſche Reuter, das Bundescontingent ihres Fuͤrſten,
ſie uͤbergab dem Koͤnige die Reſidenz ihres Fuͤrſten, die herr-
lichſte Stadt zwiſchen dem Indus und Hydaspes. Alexander be-
lobte ſie; dann befahl er, die Weihe des Indusuͤberganges zu be-
ginnen; unter gymnaſtiſchen Spielen und feſtlichem Umzuge des
Heeres wurde am Stromufer geopfert; und die Opfer waren
gluͤcklich. So begann der Uebergang uͤber den maͤchtigen Strom,
ein Theil des Heeres zog uͤber die Schiffbruͤcke, andere ſetzten auf
Induskaͤhnen hinuͤber, der Koͤnig ſelbſt und ſein Gefolge auf zwei
Jachten, die dazu bereit lagen. Neue Opfer feierten die gluͤck-
liche Vollendung dieſes Ueberganges. Dann ruͤckte das große
Heer auf der Straße von Taxila vorwaͤrts, durch reich bevoͤlkerte
und im Schmucke des Fruͤhlings prangende Gegenden, nordwaͤrts
maͤchtige Schneeberge, die Graͤnze von Kaſchmir, ſuͤdwaͤrts die
weiten und herrlichen Ebenen, welche das Duab des Indus und
Hydaspes erfuͤllen, uͤberall die großen Formen der Landſchaft, die
uͤberreiche Vegetation, die fremdartigen Geſtalten, Trachten und
Sitten der Bevoͤlkerung, wie ſie der Indiſchen Welt eigenthuͤm-
lich ſind. Eine Stunde vor der Reſidenz ſah das ſtaunende Heer
zum erſtenmale jene Indiſchen Buͤßer, die nackt, einſam, regungs-
los unter den Gluthſtrahlen der Mittagsſonne und dem kalten
Thau ſternklarer Naͤchte das heilige Werk des Nivan vollbrin-
gen 33b).
Als Alexander der Stadt Taxila nahete, zog ihm der
34)
33b) Strabo XV. p. 294. Arrian VII. 3.
34) Die Lage
von Taxila iſt auf dem Wege vom Indus zum Hydasves, doch ge-
wiß nicht, wie Rennel (Memoir of a map of Hindostan p. 29.)
vermuthete, bei Attock ſelbſt zu ſuchen. Plinius ſagt: von Peucelaotis
zum (ſollte heißen uͤber den) Indus und zur Stadt Taxila 60 M.,
von da zum Hydaspes 120 M. Davon ⅙ fuͤr die Kruͤmmungen
des Weges abgerechnet, giebt 150 M. oder 30 Meilen, und die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/396>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.