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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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der Branchiden von Milet, danke es Alexander, daß er als Gott
geehrt werde 81). In diesem Sinne hatte er bereits die Ge-
schichte einiger Jahre niedergeschrieben, und seine pomphafte Dar-
stellung fand vielen Beifall; sein Talent des mündlichen Vortrages,
seine zur Schau getragene Tugendhaftigkeit, seine affektirte Strenge
und Würde machten ihn besonders bei den jungen Adligen in des
Königs Leibschaar, die mit Eifer seine Vorträge hörten, zu einem
Gegenstande der Bewunderung. Sehr anders war der Abde-
rite Anaxarchus; er gehörte einer längst veralteten Philosophen-
schule an, deren materialistischer Tendenz seine Persönlichkeit ent-
sprach; er war ein Mann von Welt, nicht kalt gegen die Genüsse
des Lebens, gegen Mindere vornehm, dem König der stets unter-
thänige und oft lästig; einst bei einem Gewitter fragte er ihn-
donnerst Du, Sohn des Zeus? worauf Alexander lachend antwor-
tete: ich mag mich meinen Freunden nicht so furchtbar zeigen, wie
du wohl wünschest, der du deswegen meine Tafel verachtest, daß
ich "statt der Fische nicht Satrapenköpfe aufsetzen lasse" 82); ein
Ausdruck, dessen sich Anaxarchus bedient hatte, als er den König
sich an einem Gericht kleiner Fische, die ihm Hephästion geschickt
hatte, freuen sah 82a). Man kann ahnden, in welchem Sinne
seine Schrift von dem Königthum geschrieben war 82b); noch mehr
zeigen das die Trostgründe, mit denen er nach Klitus Ermordung
den König aufzurichten suchte: "weißt du nicht, o König, sagte et
damals, daß darum die Gerechtigkeit zur Beisitzerin des König
Zeus gemacht ist, weil Alles, was Zeus thut, gut und recht ist?
eben so muß, was ein König auf dieser Welt gethan, zunächst von
ihm selbst, dann von der übrigen Menschheit für Recht erkannt
werden" 83).

Kallisthenes glaubte sich, wie es scheint, von dem Könige ver-
nachlässigt, und Andere vorgezogen; der philosophische Mann be-

81) Cf. St. Croix. p. 24. sqq.
82) Achnliches in Pln-
tarch's Tischreden IX. 1.
82a) Ist dieß noch in Persien gesche-
hen, so kann man bemerken, daß unter allen Persischen Flüssen nur
der von Sahend in Aderbidschan Fische hat; s. Malcolm Geschichte
Persiens I. p. 391.
82b) Clemens Strom. 1. p. 337.
83) Ar-
rian. IV. 9. Plut.

der Branchiden von Milet, danke es Alexander, daß er als Gott
geehrt werde 81). In dieſem Sinne hatte er bereits die Ge-
ſchichte einiger Jahre niedergeſchrieben, und ſeine pomphafte Dar-
ſtellung fand vielen Beifall; ſein Talent des muͤndlichen Vortrages,
ſeine zur Schau getragene Tugendhaftigkeit, ſeine affektirte Strenge
und Wuͤrde machten ihn beſonders bei den jungen Adligen in des
Koͤnigs Leibſchaar, die mit Eifer ſeine Vortraͤge hoͤrten, zu einem
Gegenſtande der Bewunderung. Sehr anders war der Abde-
rite Anaxarchus; er gehoͤrte einer laͤngſt veralteten Philoſophen-
ſchule an, deren materialiſtiſcher Tendenz ſeine Perſoͤnlichkeit ent-
ſprach; er war ein Mann von Welt, nicht kalt gegen die Genuͤſſe
des Lebens, gegen Mindere vornehm, dem Koͤnig der ſtets unter-
thaͤnige und oft laͤſtig; einſt bei einem Gewitter fragte er ihn-
donnerſt Du, Sohn des Zeus? worauf Alexander lachend antwor-
tete: ich mag mich meinen Freunden nicht ſo furchtbar zeigen, wie
du wohl wuͤnſcheſt, der du deswegen meine Tafel verachteſt, daß
ich „ſtatt der Fiſche nicht Satrapenkoͤpfe aufſetzen laſſe“ 82); ein
Ausdruck, deſſen ſich Anaxarchus bedient hatte, als er den Koͤnig
ſich an einem Gericht kleiner Fiſche, die ihm Hephaͤſtion geſchickt
hatte, freuen ſah 82a). Man kann ahnden, in welchem Sinne
ſeine Schrift von dem Koͤnigthum geſchrieben war 82b); noch mehr
zeigen das die Troſtgruͤnde, mit denen er nach Klitus Ermordung
den Koͤnig aufzurichten ſuchte: „weißt du nicht, o Koͤnig, ſagte et
damals, daß darum die Gerechtigkeit zur Beiſitzerin des Koͤnig
Zeus gemacht iſt, weil Alles, was Zeus thut, gut und recht iſt?
eben ſo muß, was ein Koͤnig auf dieſer Welt gethan, zunaͤchſt von
ihm ſelbſt, dann von der uͤbrigen Menſchheit fuͤr Recht erkannt
werden“ 83).

Kalliſthenes glaubte ſich, wie es ſcheint, von dem Koͤnige ver-
nachlaͤſſigt, und Andere vorgezogen; der philoſophiſche Mann be-

81) Cf. St. Croix. p. 24. sqq.
82) Achnliches in Pln-
tarch’s Tiſchreden IX. 1.
82a) Iſt dieß noch in Perſien geſche-
hen, ſo kann man bemerken, daß unter allen Perſiſchen Fluͤſſen nur
der von Sahend in Aderbidſchan Fiſche hat; ſ. Malcolm Geſchichte
Perſiens I. p. 391.
82b) Clemens Strom. 1. p. 337.
83) Ar-
rian. IV. 9. Plut.
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[350/0364] der Branchiden von Milet, danke es Alexander, daß er als Gott geehrt werde 81). In dieſem Sinne hatte er bereits die Ge- ſchichte einiger Jahre niedergeſchrieben, und ſeine pomphafte Dar- ſtellung fand vielen Beifall; ſein Talent des muͤndlichen Vortrages, ſeine zur Schau getragene Tugendhaftigkeit, ſeine affektirte Strenge und Wuͤrde machten ihn beſonders bei den jungen Adligen in des Koͤnigs Leibſchaar, die mit Eifer ſeine Vortraͤge hoͤrten, zu einem Gegenſtande der Bewunderung. Sehr anders war der Abde- rite Anaxarchus; er gehoͤrte einer laͤngſt veralteten Philoſophen- ſchule an, deren materialiſtiſcher Tendenz ſeine Perſoͤnlichkeit ent- ſprach; er war ein Mann von Welt, nicht kalt gegen die Genuͤſſe des Lebens, gegen Mindere vornehm, dem Koͤnig der ſtets unter- thaͤnige und oft laͤſtig; einſt bei einem Gewitter fragte er ihn- donnerſt Du, Sohn des Zeus? worauf Alexander lachend antwor- tete: ich mag mich meinen Freunden nicht ſo furchtbar zeigen, wie du wohl wuͤnſcheſt, der du deswegen meine Tafel verachteſt, daß ich „ſtatt der Fiſche nicht Satrapenkoͤpfe aufſetzen laſſe“ 82); ein Ausdruck, deſſen ſich Anaxarchus bedient hatte, als er den Koͤnig ſich an einem Gericht kleiner Fiſche, die ihm Hephaͤſtion geſchickt hatte, freuen ſah 82a). Man kann ahnden, in welchem Sinne ſeine Schrift von dem Koͤnigthum geſchrieben war 82b); noch mehr zeigen das die Troſtgruͤnde, mit denen er nach Klitus Ermordung den Koͤnig aufzurichten ſuchte: „weißt du nicht, o Koͤnig, ſagte et damals, daß darum die Gerechtigkeit zur Beiſitzerin des Koͤnig Zeus gemacht iſt, weil Alles, was Zeus thut, gut und recht iſt? eben ſo muß, was ein Koͤnig auf dieſer Welt gethan, zunaͤchſt von ihm ſelbſt, dann von der uͤbrigen Menſchheit fuͤr Recht erkannt werden“ 83). Kalliſthenes glaubte ſich, wie es ſcheint, von dem Koͤnige ver- nachlaͤſſigt, und Andere vorgezogen; der philoſophiſche Mann be- 81) Cf. St. Croix. p. 24. sqq. 82) Achnliches in Pln- tarch’s Tiſchreden IX. 1. 82a) Iſt dieß noch in Perſien geſche- hen, ſo kann man bemerken, daß unter allen Perſiſchen Fluͤſſen nur der von Sahend in Aderbidſchan Fiſche hat; ſ. Malcolm Geſchichte Perſiens I. p. 391. 82b) Clemens Strom. 1. p. 337. 83) Ar- rian. IV. 9. Plut.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/364>, abgerufen am 28.11.2024.