Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].Nachricht von seinem Heranrücken nach der Wüste zu geflohen; Nachdem auf diese Weise Sogdiana unterworfen war, ging dejan, nämlich fünfundzwanzig Farasangs, ist unrichtig, und ist auch in der Persischen Uebersetzung der Memoiren ausgelassen. 55) Diese
Verheerung des Sogdianischen Landes gehört mit zu den merkwür- digsten Ereignissen in der Geschichte Alexanders; wie ausgedehnt sie gewesen, beweist der Auftrag, den später Hephästion erhält, die Städte von Neuem zu bevölkern. Zwölf Myriaden Menschen sollen nach epit. Diod. umgebracht sein. Was man auch über sie in moralischer Hinsicht urtheilen mag, jedenfalls ist sie ein großes De- kument für die Klarheit und Strenge, mit der Alexander seine Pläne mit seinen Mitteln in Einklang brachte; und erkennt man einmal das Große seines Strebens, dessen Erfolg die Geschichte von Jahrhunderten und die Erinnerung des heutigen Orients bewähren so sind Dinge dieser Art, vor denen das Gefühl der Menschlichkeit schaudert, nothwendige Consequenzen. Nachricht von ſeinem Heranruͤcken nach der Wuͤſte zu geflohen; Nachdem auf dieſe Weiſe Sogdiana unterworfen war, ging dejan, naͤmlich fuͤnfundzwanzig Faraſangs, iſt unrichtig, und iſt auch in der Perſiſchen Ueberſetzung der Memoiren ausgelaſſen. 55) Dieſe
Verheerung des Sogdianiſchen Landes gehoͤrt mit zu den merkwuͤr- digſten Ereigniſſen in der Geſchichte Alexanders; wie ausgedehnt ſie geweſen, beweiſt der Auftrag, den ſpaͤter Hephaͤſtion erhaͤlt, die Staͤdte von Neuem zu bevoͤlkern. Zwoͤlf Myriaden Menſchen ſollen nach epit. Diod. umgebracht ſein. Was man auch uͤber ſie in moraliſcher Hinſicht urtheilen mag, jedenfalls iſt ſie ein großes De- kument fuͤr die Klarheit und Strenge, mit der Alexander ſeine Plaͤne mit ſeinen Mitteln in Einklang brachte; und erkennt man einmal das Große ſeines Strebens, deſſen Erfolg die Geſchichte von Jahrhunderten und die Erinnerung des heutigen Orients bewaͤhren ſo ſind Dinge dieſer Art, vor denen das Gefuͤhl der Menſchlichkeit ſchaudert, nothwendige Conſequenzen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0338" n="324"/> Nachricht von ſeinem Heranruͤcken nach der Wuͤſte zu geflohen;<lb/> Alexander folgte, ſein Weg fuͤhrte uͤber jene Ufergegend, die an den<lb/> Leichen Macedoniſcher Krieger als Wahlſtatt des ungluͤcklichen Ge<lb/> fechtes kenntlich war; er begrub die Todten ſo feierlich als die Eile<lb/> geſtattete, ſetzte dann den fluͤchtenden Feinden weiter nach, bis die<lb/> Wuͤſte, die ſich endlos gen Weſt und Nord oͤffnet, vom weiteren<lb/> Verfolgen abzuſtehen noͤthigte. So war Spitamenes mit ſeinen<lb/> Truppen aus dem Lande gejagt; die Sogdianer, im Bewußtſein ihrer<lb/> Schuld und voll Furcht vor des Koͤnigs gerechtem Zorn, hatten ſich bei<lb/> ſeinem Herannahen hinter die Erdwaͤlle ihrer Staͤdte gefluͤchtet,<lb/> und Alexander war an ihnen, um erſt Spitamenes zu verjagen,<lb/> voruͤbergeeilt; ſeine Abſicht war nicht, ſie ungeſtraft zu laſſen; je ab-<lb/> ſcheulicher dieſer wiederholte Abfall, je wichtiger der ſichere Beſitz dieſes<lb/> ſchoͤnen Landes, und je unzuverlaͤſſiger eine erzwungene Unterwer-<lb/> fung der Sogdianer war, deſto nothwendiger erſchien die groͤßte<lb/> Strenge gegen die Empoͤrer. Sobald Alexander demnach vom<lb/> Saum der Wuͤſte zuruͤckkehrte, begann er das reiche Land zu ver-<lb/> wuͤſten, die Doͤrfer niederzubrennen, die Staͤdte zu zerſtoͤren, die<lb/> Barbaren, die ſich in die Staͤdte gefluͤchtet hatten, niederzumetzeln,<lb/> und ſo verheerend und ausrottend fuͤr das neue Weſen, das er in<lb/> dieſen Landen gruͤnden zu muͤſſen glaubte, reine Staͤtte zu berei-<lb/> ten <note place="foot" n="55)">Dieſe<lb/> Verheerung des Sogdianiſchen Landes gehoͤrt mit zu den merkwuͤr-<lb/> digſten Ereigniſſen in der Geſchichte Alexanders; wie ausgedehnt<lb/> ſie geweſen, beweiſt der Auftrag, den ſpaͤter Hephaͤſtion erhaͤlt, die<lb/> Staͤdte von Neuem zu bevoͤlkern. Zwoͤlf Myriaden Menſchen ſollen<lb/> nach <hi rendition="#aq">epit. Diod.</hi> umgebracht ſein. Was man auch uͤber ſie in<lb/> moraliſcher Hinſicht urtheilen mag, jedenfalls iſt ſie ein großes De-<lb/> kument fuͤr die Klarheit und Strenge, mit der Alexander ſeine<lb/> Plaͤne mit ſeinen Mitteln in Einklang brachte; und erkennt man<lb/> einmal das Große ſeines Strebens, deſſen Erfolg die Geſchichte von<lb/> Jahrhunderten und die Erinnerung des heutigen Orients bewaͤhren<lb/> ſo ſind Dinge dieſer Art, vor denen das Gefuͤhl der Menſchlichkeit<lb/> ſchaudert, nothwendige Conſequenzen.</note>.</p><lb/> <p>Nachdem auf dieſe Weiſe Sogdiana unterworfen war, ging<lb/><note xml:id="note-0338" prev="#note-0337a" place="foot" n="54)">dejan, naͤmlich fuͤnfundzwanzig Faraſangs, iſt unrichtig, und iſt auch<lb/> in der Perſiſchen Ueberſetzung der Memoiren ausgelaſſen.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [324/0338]
Nachricht von ſeinem Heranruͤcken nach der Wuͤſte zu geflohen;
Alexander folgte, ſein Weg fuͤhrte uͤber jene Ufergegend, die an den
Leichen Macedoniſcher Krieger als Wahlſtatt des ungluͤcklichen Ge
fechtes kenntlich war; er begrub die Todten ſo feierlich als die Eile
geſtattete, ſetzte dann den fluͤchtenden Feinden weiter nach, bis die
Wuͤſte, die ſich endlos gen Weſt und Nord oͤffnet, vom weiteren
Verfolgen abzuſtehen noͤthigte. So war Spitamenes mit ſeinen
Truppen aus dem Lande gejagt; die Sogdianer, im Bewußtſein ihrer
Schuld und voll Furcht vor des Koͤnigs gerechtem Zorn, hatten ſich bei
ſeinem Herannahen hinter die Erdwaͤlle ihrer Staͤdte gefluͤchtet,
und Alexander war an ihnen, um erſt Spitamenes zu verjagen,
voruͤbergeeilt; ſeine Abſicht war nicht, ſie ungeſtraft zu laſſen; je ab-
ſcheulicher dieſer wiederholte Abfall, je wichtiger der ſichere Beſitz dieſes
ſchoͤnen Landes, und je unzuverlaͤſſiger eine erzwungene Unterwer-
fung der Sogdianer war, deſto nothwendiger erſchien die groͤßte
Strenge gegen die Empoͤrer. Sobald Alexander demnach vom
Saum der Wuͤſte zuruͤckkehrte, begann er das reiche Land zu ver-
wuͤſten, die Doͤrfer niederzubrennen, die Staͤdte zu zerſtoͤren, die
Barbaren, die ſich in die Staͤdte gefluͤchtet hatten, niederzumetzeln,
und ſo verheerend und ausrottend fuͤr das neue Weſen, das er in
dieſen Landen gruͤnden zu muͤſſen glaubte, reine Staͤtte zu berei-
ten 55).
Nachdem auf dieſe Weiſe Sogdiana unterworfen war, ging
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55) Dieſe
Verheerung des Sogdianiſchen Landes gehoͤrt mit zu den merkwuͤr-
digſten Ereigniſſen in der Geſchichte Alexanders; wie ausgedehnt
ſie geweſen, beweiſt der Auftrag, den ſpaͤter Hephaͤſtion erhaͤlt, die
Staͤdte von Neuem zu bevoͤlkern. Zwoͤlf Myriaden Menſchen ſollen
nach epit. Diod. umgebracht ſein. Was man auch uͤber ſie in
moraliſcher Hinſicht urtheilen mag, jedenfalls iſt ſie ein großes De-
kument fuͤr die Klarheit und Strenge, mit der Alexander ſeine
Plaͤne mit ſeinen Mitteln in Einklang brachte; und erkennt man
einmal das Große ſeines Strebens, deſſen Erfolg die Geſchichte von
Jahrhunderten und die Erinnerung des heutigen Orients bewaͤhren
ſo ſind Dinge dieſer Art, vor denen das Gefuͤhl der Menſchlichkeit
ſchaudert, nothwendige Conſequenzen.
54) dejan, naͤmlich fuͤnfundzwanzig Faraſangs, iſt unrichtig, und iſt auch
in der Perſiſchen Ueberſetzung der Memoiren ausgelaſſen.
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