Theilnehmer der Verschwörung bezeichnet sind, in der Stille festzu- nehmen, schickt endlich den alten Atarras mit 300 Mann zu Phi- lotas Quartier, mit dem Befehl, erst das Haus mit einer Postenreihe zu umschließen, dann einzudringen, den General festzunehmen und ins Schloß zu bringen. So vergeht die Nacht.
Am anderen Morgen wird das Heer zur Versammlung beru- fen 17). Niemand ahndet noch, was geschehen; dann tritt der König selbst in den Kreis: das Heer sei nach Macedonischer Sitte zum Gericht berufen, ein hochverrätherischer Plan gegen sein Leben sei an den Tag gekommen. Nikomachus, Cebalinus, Metron legen Zeugniß ab, der Leichnam des Dimnus ist die Bestätigung ihrer Aussage. Dann bezeichnet der König die Häupter der Verschwö- rung: an Philotas sei die erste Anzeige gebracht, daß am dritten Tage der Mord geschehen sollte, und obschon er täglich zweimal in das königliche Schloß komme, habe er den ersten, den zweiten Tag kein Wort geäußert; dann zeigt er Briefe des Parmenion, in denen der Vater seinen Söhnen Philotos und Nikanor rieth: sorgt erst für euch, dann für die Euren, so werden wir erreichen, was wir bezwecken; er fügt hinzu, daß diese Gesinnungen durch eine Reihe von Thatsachen und Aeußerungen bestätigt und Zeugniß für das schnödeste Verbrechen würden; schon bei König Philipps Ermordung habe Philotas sich für den Prätendenten Amyntas entschieden, seine Schwester sei Gemahlin des Attalus gewesen, der ihn selbst und seine Mutter Olympias lange Jahre verfolgt, ihn von der Thron- folge zu verdrängen gesucht, sich endlich, mit Parmenion nach Asien voraus gesandt, empört habe; trotz dem sei diese Familie von ihm mit jeder Art von Auszeichnung und Vertrauen geehrt worden; schon in Aegypten habe er von den frechen und drohenden Aeußerungen, die Philotas gegen die Hetäre Antigone oft wiederholt, sehr wohl gewußt, aber sie seinem heftigen Charakter zu gut gehalten, dadurch sei Philotas nur noch herrischer und hochfahrender geworden; seine zwei-
17) Nach Curtius Angabe waren sechstausend Macedonier zur Stelle, um sie her drängten sich Troßbuben, Knechte etc. 3 man darf wohl aus dieser Angabe nicht folgern, daß etwa nur die Adelcorps (die Ritterschaft und die Hypaspisten) berufen und zum Gerichte über Adlige, wie die Verschworenen waren, berechtigt gewesen seien.
Theilnehmer der Verſchwörung bezeichnet ſind, in der Stille feſtzu- nehmen, ſchickt endlich den alten Atarras mit 300 Mann zu Phi- lotas Quartier, mit dem Befehl, erſt das Haus mit einer Poſtenreihe zu umſchließen, dann einzudringen, den General feſtzunehmen und ins Schloß zu bringen. So vergeht die Nacht.
Am anderen Morgen wird das Heer zur Verſammlung beru- fen 17). Niemand ahndet noch, was geſchehen; dann tritt der König ſelbſt in den Kreis: das Heer ſei nach Macedoniſcher Sitte zum Gericht berufen, ein hochverrätheriſcher Plan gegen ſein Leben ſei an den Tag gekommen. Nikomachus, Cebalinus, Metron legen Zeugniß ab, der Leichnam des Dimnus iſt die Beſtätigung ihrer Ausſage. Dann bezeichnet der König die Häupter der Verſchwö- rung: an Philotas ſei die erſte Anzeige gebracht, daß am dritten Tage der Mord geſchehen ſollte, und obſchon er täglich zweimal in das königliche Schloß komme, habe er den erſten, den zweiten Tag kein Wort geäußert; dann zeigt er Briefe des Parmenion, in denen der Vater ſeinen Söhnen Philotos und Nikanor rieth: ſorgt erſt für euch, dann für die Euren, ſo werden wir erreichen, was wir bezwecken; er fügt hinzu, daß dieſe Geſinnungen durch eine Reihe von Thatſachen und Aeußerungen beſtätigt und Zeugniß für das ſchnödeſte Verbrechen würden; ſchon bei König Philipps Ermordung habe Philotas ſich für den Prätendenten Amyntas entſchieden, ſeine Schweſter ſei Gemahlin des Attalus geweſen, der ihn ſelbſt und ſeine Mutter Olympias lange Jahre verfolgt, ihn von der Thron- folge zu verdrängen geſucht, ſich endlich, mit Parmenion nach Aſien voraus geſandt, empört habe; trotz dem ſei dieſe Familie von ihm mit jeder Art von Auszeichnung und Vertrauen geehrt worden; ſchon in Aegypten habe er von den frechen und drohenden Aeußerungen, die Philotas gegen die Hetäre Antigone oft wiederholt, ſehr wohl gewußt, aber ſie ſeinem heftigen Charakter zu gut gehalten, dadurch ſei Philotas nur noch herriſcher und hochfahrender geworden; ſeine zwei-
17) Nach Curtius Angabe waren ſechstauſend Macedonier zur Stelle, um ſie her drängten ſich Troßbuben, Knechte ꝛc. 3 man darf wohl aus dieſer Angabe nicht folgern, daß etwa nur die Adelcorps (die Ritterſchaft und die Hypaspiſten) berufen und zum Gerichte über Adlige, wie die Verſchworenen waren, berechtigt geweſen ſeien.
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Theilnehmer der Verſchwörung bezeichnet ſind, in der Stille feſtzu-
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lotas Quartier, mit dem Befehl, erſt das Haus mit einer Poſtenreihe
zu umſchließen, dann einzudringen, den General feſtzunehmen und
ins Schloß zu bringen. So vergeht die Nacht.
Am anderen Morgen wird das Heer zur Verſammlung beru-
fen 17). Niemand ahndet noch, was geſchehen; dann tritt der
König ſelbſt in den Kreis: das Heer ſei nach Macedoniſcher Sitte
zum Gericht berufen, ein hochverrätheriſcher Plan gegen ſein Leben
ſei an den Tag gekommen. Nikomachus, Cebalinus, Metron legen
Zeugniß ab, der Leichnam des Dimnus iſt die Beſtätigung ihrer
Ausſage. Dann bezeichnet der König die Häupter der Verſchwö-
rung: an Philotas ſei die erſte Anzeige gebracht, daß am dritten
Tage der Mord geſchehen ſollte, und obſchon er täglich zweimal in
das königliche Schloß komme, habe er den erſten, den zweiten Tag
kein Wort geäußert; dann zeigt er Briefe des Parmenion, in denen
der Vater ſeinen Söhnen Philotos und Nikanor rieth: ſorgt erſt
für euch, dann für die Euren, ſo werden wir erreichen, was wir
bezwecken; er fügt hinzu, daß dieſe Geſinnungen durch eine Reihe
von Thatſachen und Aeußerungen beſtätigt und Zeugniß für das
ſchnödeſte Verbrechen würden; ſchon bei König Philipps Ermordung
habe Philotas ſich für den Prätendenten Amyntas entſchieden, ſeine
Schweſter ſei Gemahlin des Attalus geweſen, der ihn ſelbſt und
ſeine Mutter Olympias lange Jahre verfolgt, ihn von der Thron-
folge zu verdrängen geſucht, ſich endlich, mit Parmenion nach Aſien
voraus geſandt, empört habe; trotz dem ſei dieſe Familie von ihm
mit jeder Art von Auszeichnung und Vertrauen geehrt worden;
ſchon in Aegypten habe er von den frechen und drohenden Aeußerungen,
die Philotas gegen die Hetäre Antigone oft wiederholt, ſehr wohl
gewußt, aber ſie ſeinem heftigen Charakter zu gut gehalten, dadurch ſei
Philotas nur noch herriſcher und hochfahrender geworden; ſeine zwei-
17) Nach Curtius Angabe waren ſechstauſend Macedonier zur
Stelle, um ſie her drängten ſich Troßbuben, Knechte ꝛc. 3 man darf
wohl aus dieſer Angabe nicht folgern, daß etwa nur die Adelcorps
(die Ritterſchaft und die Hypaspiſten) berufen und zum Gerichte über
Adlige, wie die Verſchworenen waren, berechtigt geweſen ſeien.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/308>, abgerufen am 23.11.2024.
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