am nächsten Tage werde noch Zeit genug sein. Doch auch am zweiten Tage schweigt Philotas, obschon mehrfach mit dem Könige allein. Cebalin schöpft Verdacht; er wendet sich an Metron, den Schildknappen des Königs, er theilt ihm die nahe Gefahr mit, er beschwört ihn um eine geheime Unterredung mit dem Könige. Metron läßt ihn in das Waffenzimmer Alexanders, sagt diesem während des Bades von dem, was Cebalin ihm entdeckt, läßt dann ihn selbst hervortreten. Cebalin vervollständigt den Bericht, sagt, daß er nicht Schuld an der Verzögerung dieser Anzeige sei, und daß er diese, bei dem auffallenden Benehmen des Philotas und der Gefahr weiterer Verzögerung, unmittelbar an den König machen zu müssen geglaubt habe. Alexander hört ihn nicht ohne tiefe Erschüt- terung an; er befiehlt sofort den Dimnus festzunehmen. Der sieht die Verschwörung verrathen, seinen Plan vereitelt, und entleibt sich 16). Dann wird Philotas zum Könige beschieden; er versichert, die Sache für eine Prahlerei des Dimnus und nicht der Rede werth gehalten zu haben, er gesteht, daß Dimnus Selbstmord ihn überrasche, der König kenne seine Gesinnung. Alexander entläßt ihn ohne Zweifel an seiner Treue, er ladet ihn ein, auch heute nicht bei Tafel zu feh- len; er beruft einen geheimen Kriegsrath, und theilt das Geschehene mit; die Besorgniß der treuen Freunde vermehrt des Königs Ver- dacht eines weiteren Zusammenhanges und seine Unruhe über Philotas räthselhaftes Benehmen; er befiehlt das strengste Stillschweigen über diese Verhandlung; er bescheidet Hephästion und Kraterus, Könus und Erigyius, Perdikkas und Leonnatus zu Mitternacht zu sich, die wei- teren Befehle zu empfangen. Zur Tafel versammeln sich die Ge- treuen bei dem Könige, auch Philotas fehlt nicht; man trennt sich spät am Abend. Um Mitternacht kommen die Generale, von wenigen Bewaffneten begleitet, der König läßt die Wachen im Schloß ver- stärken, läßt die Thore der Stadt, namentlich die nach Ekbatana führen, besetzen, sendet einzelne Commandos ab, diejenigen, die als
16) Nach Plutarch wurde Dimnus, da er sich der Gefangennahme auf das Wüthendste widersetzte, von dem dazu Commandirten erstochen; entweder unglaublich, oder ein doppeltes Zeugniß von der Größe der Gefahr, daß der Abgeschickte selbst im Interesse des Philotas den Mann, dessen Zeugniß Alles offenbaren konnte, umzubringen eilte.
am nächſten Tage werde noch Zeit genug ſein. Doch auch am zweiten Tage ſchweigt Philotas, obſchon mehrfach mit dem Könige allein. Cebalin ſchöpft Verdacht; er wendet ſich an Metron, den Schildknappen des Königs, er theilt ihm die nahe Gefahr mit, er beſchwört ihn um eine geheime Unterredung mit dem Könige. Metron läßt ihn in das Waffenzimmer Alexanders, ſagt dieſem während des Bades von dem, was Cebalin ihm entdeckt, läßt dann ihn ſelbſt hervortreten. Cebalin vervollſtändigt den Bericht, ſagt, daß er nicht Schuld an der Verzögerung dieſer Anzeige ſei, und daß er dieſe, bei dem auffallenden Benehmen des Philotas und der Gefahr weiterer Verzögerung, unmittelbar an den König machen zu müſſen geglaubt habe. Alexander hört ihn nicht ohne tiefe Erſchüt- terung an; er befiehlt ſofort den Dimnus feſtzunehmen. Der ſieht die Verſchwörung verrathen, ſeinen Plan vereitelt, und entleibt ſich 16). Dann wird Philotas zum Könige beſchieden; er verſichert, die Sache für eine Prahlerei des Dimnus und nicht der Rede werth gehalten zu haben, er geſteht, daß Dimnus Selbſtmord ihn überraſche, der König kenne ſeine Geſinnung. Alexander entläßt ihn ohne Zweifel an ſeiner Treue, er ladet ihn ein, auch heute nicht bei Tafel zu feh- len; er beruft einen geheimen Kriegsrath, und theilt das Geſchehene mit; die Beſorgniß der treuen Freunde vermehrt des Königs Ver- dacht eines weiteren Zuſammenhanges und ſeine Unruhe über Philotas räthſelhaftes Benehmen; er befiehlt das ſtrengſte Stillſchweigen über dieſe Verhandlung; er beſcheidet Hephäſtion und Kraterus, Könus und Erigyius, Perdikkas und Leonnatus zu Mitternacht zu ſich, die wei- teren Befehle zu empfangen. Zur Tafel verſammeln ſich die Ge- treuen bei dem Könige, auch Philotas fehlt nicht; man trennt ſich ſpät am Abend. Um Mitternacht kommen die Generale, von wenigen Bewaffneten begleitet, der König läßt die Wachen im Schloß ver- ſtärken, läßt die Thore der Stadt, namentlich die nach Ekbatana führen, beſetzen, ſendet einzelne Commandos ab, diejenigen, die als
16) Nach Plutarch wurde Dimnus, da er ſich der Gefangennahme auf das Wüthendſte widerſetzte, von dem dazu Commandirten erſtochen; entweder unglaublich, oder ein doppeltes Zeugniß von der Größe der Gefahr, daß der Abgeſchickte ſelbſt im Intereſſe des Philotas den Mann, deſſen Zeugniß Alles offenbaren konnte, umzubringen eilte.
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am nächſten Tage werde noch Zeit genug ſein. Doch auch am
zweiten Tage ſchweigt Philotas, obſchon mehrfach mit dem Könige
allein. Cebalin ſchöpft Verdacht; er wendet ſich an Metron, den
Schildknappen des Königs, er theilt ihm die nahe Gefahr mit, er
beſchwört ihn um eine geheime Unterredung mit dem Könige.
Metron läßt ihn in das Waffenzimmer Alexanders, ſagt dieſem
während des Bades von dem, was Cebalin ihm entdeckt, läßt dann
ihn ſelbſt hervortreten. Cebalin vervollſtändigt den Bericht, ſagt,
daß er nicht Schuld an der Verzögerung dieſer Anzeige ſei, und
daß er dieſe, bei dem auffallenden Benehmen des Philotas und der
Gefahr weiterer Verzögerung, unmittelbar an den König machen zu
müſſen geglaubt habe. Alexander hört ihn nicht ohne tiefe Erſchüt-
terung an; er befiehlt ſofort den Dimnus feſtzunehmen. Der ſieht
die Verſchwörung verrathen, ſeinen Plan vereitelt, und entleibt ſich 16).
Dann wird Philotas zum Könige beſchieden; er verſichert, die Sache
für eine Prahlerei des Dimnus und nicht der Rede werth gehalten
zu haben, er geſteht, daß Dimnus Selbſtmord ihn überraſche, der
König kenne ſeine Geſinnung. Alexander entläßt ihn ohne Zweifel
an ſeiner Treue, er ladet ihn ein, auch heute nicht bei Tafel zu feh-
len; er beruft einen geheimen Kriegsrath, und theilt das Geſchehene
mit; die Beſorgniß der treuen Freunde vermehrt des Königs Ver-
dacht eines weiteren Zuſammenhanges und ſeine Unruhe über Philotas
räthſelhaftes Benehmen; er befiehlt das ſtrengſte Stillſchweigen über
dieſe Verhandlung; er beſcheidet Hephäſtion und Kraterus, Könus und
Erigyius, Perdikkas und Leonnatus zu Mitternacht zu ſich, die wei-
teren Befehle zu empfangen. Zur Tafel verſammeln ſich die Ge-
treuen bei dem Könige, auch Philotas fehlt nicht; man trennt ſich ſpät
am Abend. Um Mitternacht kommen die Generale, von wenigen
Bewaffneten begleitet, der König läßt die Wachen im Schloß ver-
ſtärken, läßt die Thore der Stadt, namentlich die nach Ekbatana
führen, beſetzen, ſendet einzelne Commandos ab, diejenigen, die als
16) Nach Plutarch wurde Dimnus, da er ſich der Gefangennahme
auf das Wüthendſte widerſetzte, von dem dazu Commandirten erſtochen;
entweder unglaublich, oder ein doppeltes Zeugniß von der Größe der
Gefahr, daß der Abgeſchickte ſelbſt im Intereſſe des Philotas den Mann,
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/307>, abgerufen am 23.11.2024.
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