vollkommenen Siege Macedoniens, nach dem Beginn einer neuen, die Welt umgestaltenden Aera, seine alten Pläne und Hoffnungen nicht, die mit ihm sich selbst überlebt hatten.
Philipp dagegen ging mit der größten Besonennheit und Si- cherheit Schritt vor Schritt auf dem Wege vor, den die Zeit for- derte; Athen war der gefährlichste Feind; es mußte vereinzelt, um- schlossen, endlich erdrückt werden. Philipp zerstörte die Städte der Chalcidice, gewann Euböas Tyrannen, unterwarf sich das Thraci- sche Küstenland des Kersobleptes, landete dann mit seinen Schiffen auf Lemnos, Imbros, selbst in Attika, und führte die Salamischen Triere als Trophäe nach Macedonien. Der Friede, den er jetzt mit Athen schloß, gab ihm Muße, dem Rufe der Thebaner gegen Phocis, die noch immer den heiligen Krieg fortsetzten, zu folgen; und während Athen noch eine gütliche Auskunft hoffte, und den Phocäern ehrenvollen Frieden verhieß, war auf Philipps Betrieb von den Amphiktyonen bereits das Urtheil über sie gesprochen; ihre Gemeinden wurden aufgelöst, ihre Städte zerstört, ganze Schaa- ren nach Macedonien verpflanzt, ihre Stimme im Amphiktyonen- rathe zugleich mit der Aufsicht der Pythischen Spiele an Philipp übergeben, so daß sich dieser jetzt mit dem besten Rechte in die Angelegenheiten Griechenlands mischen durfte. Den Peloponnes gewann oder entzweite er durch Gold und durch die Vorgespiege- lung eines gemeinschaftlichen Angriffes auf Sparta; seine Parthei war vorherrschend in Elis, Sicyon, Megara, in Arkadien, Messe- nien und Argos. Dann setzte er sich in Akarnanien und Aetolien fest; die Macht Athens war von der Landseite so gut wie gelähmt. Aber noch beherrschte sie das Meer, dessen Besitz der Chersones und die Küste der Propontis sicherte; dorthin wandte Philipp sein Auge; während er wiederholentlich den Athenern seine Freundschaft und Friedlichkeit versicherte, drang er weiter und weiter vor, schon war Perinthus und Byzanz, der Schlüssel des Pontus, gefährdet, fielen diese Städte, so war Athen vernichtet. Mit der größten Anstrengung rüsteten sich die Athener, mit ihnen verbündeten sich Rhodus, Kos, Chios, der Perserkönig gab seinen Satrapen Befehl, mit aller Macht Perinth zu schützen, -- Philipp mußte weichen; Athen stand noch einmal siegreich da, um desto tiefer zu fallen.
Die Lokrier von Amphissa hatten Delphisches Tempelland be-
vollkommenen Siege Macedoniens, nach dem Beginn einer neuen, die Welt umgeſtaltenden Aera, ſeine alten Pläne und Hoffnungen nicht, die mit ihm ſich ſelbſt überlebt hatten.
Philipp dagegen ging mit der größten Beſonennheit und Si- cherheit Schritt vor Schritt auf dem Wege vor, den die Zeit for- derte; Athen war der gefährlichſte Feind; es mußte vereinzelt, um- ſchloſſen, endlich erdrückt werden. Philipp zerſtörte die Städte der Chalcidice, gewann Euböas Tyrannen, unterwarf ſich das Thraci- ſche Küſtenland des Kerſobleptes, landete dann mit ſeinen Schiffen auf Lemnos, Imbros, ſelbſt in Attika, und führte die Salamiſchen Triere als Trophäe nach Macedonien. Der Friede, den er jetzt mit Athen ſchloß, gab ihm Muße, dem Rufe der Thebaner gegen Phocis, die noch immer den heiligen Krieg fortſetzten, zu folgen; und während Athen noch eine gütliche Auskunft hoffte, und den Phocäern ehrenvollen Frieden verhieß, war auf Philipps Betrieb von den Amphiktyonen bereits das Urtheil über ſie geſprochen; ihre Gemeinden wurden aufgelöſt, ihre Städte zerſtört, ganze Schaa- ren nach Macedonien verpflanzt, ihre Stimme im Amphiktyonen- rathe zugleich mit der Aufſicht der Pythiſchen Spiele an Philipp übergeben, ſo daß ſich dieſer jetzt mit dem beſten Rechte in die Angelegenheiten Griechenlands miſchen durfte. Den Peloponnes gewann oder entzweite er durch Gold und durch die Vorgeſpiege- lung eines gemeinſchaftlichen Angriffes auf Sparta; ſeine Parthei war vorherrſchend in Elis, Sicyon, Megara, in Arkadien, Meſſe- nien und Argos. Dann ſetzte er ſich in Akarnanien und Aetolien feſt; die Macht Athens war von der Landſeite ſo gut wie gelähmt. Aber noch beherrſchte ſie das Meer, deſſen Beſitz der Cherſones und die Küſte der Propontis ſicherte; dorthin wandte Philipp ſein Auge; während er wiederholentlich den Athenern ſeine Freundſchaft und Friedlichkeit verſicherte, drang er weiter und weiter vor, ſchon war Perinthus und Byzanz, der Schlüſſel des Pontus, gefährdet, fielen dieſe Städte, ſo war Athen vernichtet. Mit der größten Anſtrengung rüſteten ſich die Athener, mit ihnen verbündeten ſich Rhodus, Kos, Chios, der Perſerkönig gab ſeinen Satrapen Befehl, mit aller Macht Perinth zu ſchützen, — Philipp mußte weichen; Athen ſtand noch einmal ſiegreich da, um deſto tiefer zu fallen.
Die Lokrier von Amphiſſa hatten Delphiſches Tempelland be-
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vollkommenen Siege Macedoniens, nach dem Beginn einer neuen,
die Welt umgeſtaltenden Aera, ſeine alten Pläne und Hoffnungen
nicht, die mit ihm ſich ſelbſt überlebt hatten.
Philipp dagegen ging mit der größten Beſonennheit und Si-
cherheit Schritt vor Schritt auf dem Wege vor, den die Zeit for-
derte; Athen war der gefährlichſte Feind; es mußte vereinzelt, um-
ſchloſſen, endlich erdrückt werden. Philipp zerſtörte die Städte der
Chalcidice, gewann Euböas Tyrannen, unterwarf ſich das Thraci-
ſche Küſtenland des Kerſobleptes, landete dann mit ſeinen Schiffen
auf Lemnos, Imbros, ſelbſt in Attika, und führte die Salamiſchen
Triere als Trophäe nach Macedonien. Der Friede, den er jetzt
mit Athen ſchloß, gab ihm Muße, dem Rufe der Thebaner gegen
Phocis, die noch immer den heiligen Krieg fortſetzten, zu folgen;
und während Athen noch eine gütliche Auskunft hoffte, und den
Phocäern ehrenvollen Frieden verhieß, war auf Philipps Betrieb
von den Amphiktyonen bereits das Urtheil über ſie geſprochen; ihre
Gemeinden wurden aufgelöſt, ihre Städte zerſtört, ganze Schaa-
ren nach Macedonien verpflanzt, ihre Stimme im Amphiktyonen-
rathe zugleich mit der Aufſicht der Pythiſchen Spiele an Philipp
übergeben, ſo daß ſich dieſer jetzt mit dem beſten Rechte in die
Angelegenheiten Griechenlands miſchen durfte. Den Peloponnes
gewann oder entzweite er durch Gold und durch die Vorgeſpiege-
lung eines gemeinſchaftlichen Angriffes auf Sparta; ſeine Parthei
war vorherrſchend in Elis, Sicyon, Megara, in Arkadien, Meſſe-
nien und Argos. Dann ſetzte er ſich in Akarnanien und Aetolien
feſt; die Macht Athens war von der Landſeite ſo gut wie gelähmt.
Aber noch beherrſchte ſie das Meer, deſſen Beſitz der Cherſones
und die Küſte der Propontis ſicherte; dorthin wandte Philipp ſein
Auge; während er wiederholentlich den Athenern ſeine Freundſchaft
und Friedlichkeit verſicherte, drang er weiter und weiter vor, ſchon
war Perinthus und Byzanz, der Schlüſſel des Pontus, gefährdet,
fielen dieſe Städte, ſo war Athen vernichtet. Mit der größten
Anſtrengung rüſteten ſich die Athener, mit ihnen verbündeten ſich
Rhodus, Kos, Chios, der Perſerkönig gab ſeinen Satrapen Befehl,
mit aller Macht Perinth zu ſchützen, — Philipp mußte weichen;
Athen ſtand noch einmal ſiegreich da, um deſto tiefer zu fallen.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/28>, abgerufen am 23.11.2024.
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