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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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Maschinen beendet wurde, unternahm Alexander einen Streifzug
gegen die Arabischen Stämme im Antilibanon, deren Unterwerfung
um so wichtiger war, da sie die Straßen, die vom Thale des
Orontes nach der Küste führen, beherrschen und die reichen Kara-
vanen aus Chalybon und Damaskus von ihren festen Bergschlössern
aus überfallen konnten. Von einigen Geschwadern der Ritterschaft,
von den Hypaspisten, den Agrianern und Bogenschützen begleitet,
durchzog der König mit gewohnter Kühnheit und Schnelligkeit die
schönen Thäler der Libanonketten; mehrere Schlösser der Araber
wurden erstürmt, andere ergaben sich freiwillig, Alle erkannten die
Oberherrschaft des Macedonischen Königs an, der nach eilf Tagen
schon wieder nach Sidon zurückkehrte 37), wo kurz vorher sieben-
tausend Mann Griechische Söldner, unter Kleanders Führung, sehr
zur rechten Zeit eintrafen. Denn eben jetzt waren die Rüstungen
zur förmlichen Belagerung des mächtigen Tyrus so weit beendet,
daß Alexander, nachdem er die Bemannung seiner Schiffe, um in
offener Seeschlacht und namentlich im Entern ein entschiedenes
Uebergewicht über die Tyrier zu haben, mit seinen trefflichen Hy-
paspisten verstärkt hatte, von der Rhede von Sidon aus in See
stechen konnte. In voller Schlachtlinie steuerte er auf Tyrus los,
in der Absicht, die Tyrische Flotte wo möglich sogleich durch eine
Schlacht von der See zu verdrängen und dann durch Sturm oder
Blockade die Stadt zur Uebergabe zu zwingen.

Die Tyrier hatten, so lange sie nicht wußten, daß sich die Cy-
prischen und Phönicischen Geschwader unter Alexanders Befehl be-
fanden, die Absicht gehabt, ihm zu einer Seeschlacht entgegenzuse-
geln; jetzt sahen sie am Horizont die ausgedehnte Schlachtlinie der
feindlichen Flotte herauffahren, mit der es ihre Schiffe, an Zahl
wohl dreimal schwächer, um so weniger aufzunehmen wagen durf-

37) Die hier bezeichneten Stämme sind die späteren Ituräer
(d. i. Dursen oder Drusen im Mittelalter), gegen die Pompejus in
ähnlichem Sinne gekämpft hat. Curtius seinerseits glaubt, Alexander
habe gegen die Araber gekämpft, weil sie einige Macedonier beim
Fällen von Cedern im Libanon erschlagen hätten. Die Bravourge-
schichte des Chares (bei Plutarch) mag sich im Munde der alten Mace-
donischen Krieger besser gemacht haben als in den Berichten des Hi-
storikers.

Maſchinen beendet wurde, unternahm Alexander einen Streifzug
gegen die Arabiſchen Stämme im Antilibanon, deren Unterwerfung
um ſo wichtiger war, da ſie die Straßen, die vom Thale des
Orontes nach der Küſte führen, beherrſchen und die reichen Kara-
vanen aus Chalybon und Damaskus von ihren feſten Bergſchlöſſern
aus überfallen konnten. Von einigen Geſchwadern der Ritterſchaft,
von den Hypaspiſten, den Agrianern und Bogenſchützen begleitet,
durchzog der König mit gewohnter Kühnheit und Schnelligkeit die
ſchönen Thäler der Libanonketten; mehrere Schlöſſer der Araber
wurden erſtürmt, andere ergaben ſich freiwillig, Alle erkannten die
Oberherrſchaft des Macedoniſchen Königs an, der nach eilf Tagen
ſchon wieder nach Sidon zurückkehrte 37), wo kurz vorher ſieben-
tauſend Mann Griechiſche Söldner, unter Kleanders Führung, ſehr
zur rechten Zeit eintrafen. Denn eben jetzt waren die Rüſtungen
zur förmlichen Belagerung des mächtigen Tyrus ſo weit beendet,
daß Alexander, nachdem er die Bemannung ſeiner Schiffe, um in
offener Seeſchlacht und namentlich im Entern ein entſchiedenes
Uebergewicht über die Tyrier zu haben, mit ſeinen trefflichen Hy-
paspiſten verſtärkt hatte, von der Rhede von Sidon aus in See
ſtechen konnte. In voller Schlachtlinie ſteuerte er auf Tyrus los,
in der Abſicht, die Tyriſche Flotte wo möglich ſogleich durch eine
Schlacht von der See zu verdrängen und dann durch Sturm oder
Blockade die Stadt zur Uebergabe zu zwingen.

Die Tyrier hatten, ſo lange ſie nicht wußten, daß ſich die Cy-
priſchen und Phöniciſchen Geſchwader unter Alexanders Befehl be-
fanden, die Abſicht gehabt, ihm zu einer Seeſchlacht entgegenzuſe-
geln; jetzt ſahen ſie am Horizont die ausgedehnte Schlachtlinie der
feindlichen Flotte herauffahren, mit der es ihre Schiffe, an Zahl
wohl dreimal ſchwächer, um ſo weniger aufzunehmen wagen durf-

37) Die hier bezeichneten Stämme ſind die ſpäteren Ituräer
(d. i. Durſen oder Druſen im Mittelalter), gegen die Pompejus in
ähnlichem Sinne gekämpft hat. Curtius ſeinerſeits glaubt, Alexander
habe gegen die Araber gekämpft, weil ſie einige Macedonier beim
Fällen von Cedern im Libanon erſchlagen hätten. Die Bravourge-
ſchichte des Chares (bei Plutarch) mag ſich im Munde der alten Mace-
doniſchen Krieger beſſer gemacht haben als in den Berichten des Hi-
ſtorikers.
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[188/0202] Maſchinen beendet wurde, unternahm Alexander einen Streifzug gegen die Arabiſchen Stämme im Antilibanon, deren Unterwerfung um ſo wichtiger war, da ſie die Straßen, die vom Thale des Orontes nach der Küſte führen, beherrſchen und die reichen Kara- vanen aus Chalybon und Damaskus von ihren feſten Bergſchlöſſern aus überfallen konnten. Von einigen Geſchwadern der Ritterſchaft, von den Hypaspiſten, den Agrianern und Bogenſchützen begleitet, durchzog der König mit gewohnter Kühnheit und Schnelligkeit die ſchönen Thäler der Libanonketten; mehrere Schlöſſer der Araber wurden erſtürmt, andere ergaben ſich freiwillig, Alle erkannten die Oberherrſchaft des Macedoniſchen Königs an, der nach eilf Tagen ſchon wieder nach Sidon zurückkehrte 37), wo kurz vorher ſieben- tauſend Mann Griechiſche Söldner, unter Kleanders Führung, ſehr zur rechten Zeit eintrafen. Denn eben jetzt waren die Rüſtungen zur förmlichen Belagerung des mächtigen Tyrus ſo weit beendet, daß Alexander, nachdem er die Bemannung ſeiner Schiffe, um in offener Seeſchlacht und namentlich im Entern ein entſchiedenes Uebergewicht über die Tyrier zu haben, mit ſeinen trefflichen Hy- paspiſten verſtärkt hatte, von der Rhede von Sidon aus in See ſtechen konnte. In voller Schlachtlinie ſteuerte er auf Tyrus los, in der Abſicht, die Tyriſche Flotte wo möglich ſogleich durch eine Schlacht von der See zu verdrängen und dann durch Sturm oder Blockade die Stadt zur Uebergabe zu zwingen. Die Tyrier hatten, ſo lange ſie nicht wußten, daß ſich die Cy- priſchen und Phöniciſchen Geſchwader unter Alexanders Befehl be- fanden, die Abſicht gehabt, ihm zu einer Seeſchlacht entgegenzuſe- geln; jetzt ſahen ſie am Horizont die ausgedehnte Schlachtlinie der feindlichen Flotte herauffahren, mit der es ihre Schiffe, an Zahl wohl dreimal ſchwächer, um ſo weniger aufzunehmen wagen durf- 37) Die hier bezeichneten Stämme ſind die ſpäteren Ituräer (d. i. Durſen oder Druſen im Mittelalter), gegen die Pompejus in ähnlichem Sinne gekämpft hat. Curtius ſeinerſeits glaubt, Alexander habe gegen die Araber gekämpft, weil ſie einige Macedonier beim Fällen von Cedern im Libanon erſchlagen hätten. Die Bravourge- ſchichte des Chares (bei Plutarch) mag ſich im Munde der alten Mace- doniſchen Krieger beſſer gemacht haben als in den Berichten des Hi- ſtorikers.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/202>, abgerufen am 29.03.2024.