selbst, nachdem er Menon, Kerdimmas Sohn, zum Satrapen von Syrien bestellt hatte, nach der Phönicischen Küste vorgerückt. Die Stellung der Städte Phöniciens war eigenthümlich und eine Folge ihrer geographischen Lage und ihrer inneren Verhältnisse; seit Jahr- hunderten zur See mächtig, entbehrten sie des für Seemächte fast unentbehrlichen Vortheils der insularen Lage; sie waren nach ein- ander eine Beute der Assyrer, der Babylonier, der Perser gewor- den; aber auf der anderen Seite durch die hohen Bergketten des Libanon fast vom festen Lande abgeschnitten und theilweise auf klei- nen Küsteninseln erbaut, die wenigstens dem unmittelbaren und fort- währenden Einfluß der auf dem Festlande herrschenden Macht nicht zugänglich waren, behaupteten sie mit ihrer alten Verfassung die alte Selbstständigkeit in soweit, daß sich die Perserkönige gern mit der Oberherrlichkeit und der Befugniß, über die Phönicische Flotte zu disponiren, begnügten. In der häufigen Berührung mit den Griechen war, wenn nicht der Reichthum der Phönicier, doch ihre Industrie, wenn nicht die Macht, doch der Ruhm ihrer Marine gewachsen; und während in allen dem Perserreiche einverleibten Ländern die frühere volksthümliche Civilisation entartet oder verges- sen war, blieb in Phönicien der alte Handelsgeist und so viel Sinn für Unabhängigkeit, als sich mit ihm verträgt. Wenn sich dennoch bei der immer deutlicher hervortretenden Erschlaffung der Persischen Macht Phönicien nicht befreiete, so lag der Grund in der inneren Verfassung der unter einander eifersüchtigen Städte; denn als zur Zeit des Königs Ochus Sidon auf dem Bundestage zu Tripolis die beiden anderen Hauptstädte des Bundes, Tyrus und Aradus, zur Theilnahme an der Empörung aufrief, versprachen sie Hülfe, warteten aber unthäthig das Ende eines Unternehmens ab, das, falls es glückte, sie mit befreiete, falls es misglückte, durch Sidons Untergang ihre Macht und ihren Handel mehren mußte. Sidon unterlag, wurde zerstört, verlor die alte Verfassung und Selbststän- digkeit, und Byblus, so scheint es, trat statt ihrer in den Bundes- rath von Tripolis, oder hob sich wenigstens seit dieser Zeit so, daß es fortan neben Aradus und Tyrus eine Rolle zu spielen ver- mochte. Die neun Städte von Cyprus, in ihrem Verhältniß zum Perserreiche den Phönicischen ähnlich, aber durch ihren zum Theil Griechischen Ursprung mehr zu Neuerungen geneigt, hatten zu glei-
ſelbſt, nachdem er Menon, Kerdimmas Sohn, zum Satrapen von Syrien beſtellt hatte, nach der Phöniciſchen Küſte vorgerückt. Die Stellung der Städte Phöniciens war eigenthümlich und eine Folge ihrer geographiſchen Lage und ihrer inneren Verhältniſſe; ſeit Jahr- hunderten zur See mächtig, entbehrten ſie des für Seemächte faſt unentbehrlichen Vortheils der inſularen Lage; ſie waren nach ein- ander eine Beute der Aſſyrer, der Babylonier, der Perſer gewor- den; aber auf der anderen Seite durch die hohen Bergketten des Libanon faſt vom feſten Lande abgeſchnitten und theilweiſe auf klei- nen Küſteninſeln erbaut, die wenigſtens dem unmittelbaren und fort- währenden Einfluß der auf dem Feſtlande herrſchenden Macht nicht zugänglich waren, behaupteten ſie mit ihrer alten Verfaſſung die alte Selbſtſtändigkeit in ſoweit, daß ſich die Perſerkönige gern mit der Oberherrlichkeit und der Befugniß, über die Phöniciſche Flotte zu disponiren, begnügten. In der häufigen Berührung mit den Griechen war, wenn nicht der Reichthum der Phönicier, doch ihre Induſtrie, wenn nicht die Macht, doch der Ruhm ihrer Marine gewachſen; und während in allen dem Perſerreiche einverleibten Ländern die frühere volksthümliche Civiliſation entartet oder vergeſ- ſen war, blieb in Phönicien der alte Handelsgeiſt und ſo viel Sinn für Unabhängigkeit, als ſich mit ihm verträgt. Wenn ſich dennoch bei der immer deutlicher hervortretenden Erſchlaffung der Perſiſchen Macht Phönicien nicht befreiete, ſo lag der Grund in der inneren Verfaſſung der unter einander eiferſüchtigen Städte; denn als zur Zeit des Königs Ochus Sidon auf dem Bundestage zu Tripolis die beiden anderen Hauptſtädte des Bundes, Tyrus und Aradus, zur Theilnahme an der Empörung aufrief, verſprachen ſie Hülfe, warteten aber unthäthig das Ende eines Unternehmens ab, das, falls es glückte, ſie mit befreiete, falls es misglückte, durch Sidons Untergang ihre Macht und ihren Handel mehren mußte. Sidon unterlag, wurde zerſtört, verlor die alte Verfaſſung und Selbſtſtän- digkeit, und Byblus, ſo ſcheint es, trat ſtatt ihrer in den Bundes- rath von Tripolis, oder hob ſich wenigſtens ſeit dieſer Zeit ſo, daß es fortan neben Aradus und Tyrus eine Rolle zu ſpielen ver- mochte. Die neun Städte von Cyprus, in ihrem Verhältniß zum Perſerreiche den Phöniciſchen ähnlich, aber durch ihren zum Theil Griechiſchen Urſprung mehr zu Neuerungen geneigt, hatten zu glei-
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ſelbſt, nachdem er Menon, Kerdimmas Sohn, zum Satrapen von
Syrien beſtellt hatte, nach der Phöniciſchen Küſte vorgerückt. Die
Stellung der Städte Phöniciens war eigenthümlich und eine Folge
ihrer geographiſchen Lage und ihrer inneren Verhältniſſe; ſeit Jahr-
hunderten zur See mächtig, entbehrten ſie des für Seemächte faſt
unentbehrlichen Vortheils der inſularen Lage; ſie waren nach ein-
ander eine Beute der Aſſyrer, der Babylonier, der Perſer gewor-
den; aber auf der anderen Seite durch die hohen Bergketten des
Libanon faſt vom feſten Lande abgeſchnitten und theilweiſe auf klei-
nen Küſteninſeln erbaut, die wenigſtens dem unmittelbaren und fort-
währenden Einfluß der auf dem Feſtlande herrſchenden Macht nicht
zugänglich waren, behaupteten ſie mit ihrer alten Verfaſſung die
alte Selbſtſtändigkeit in ſoweit, daß ſich die Perſerkönige gern mit
der Oberherrlichkeit und der Befugniß, über die Phöniciſche Flotte
zu disponiren, begnügten. In der häufigen Berührung mit den
Griechen war, wenn nicht der Reichthum der Phönicier, doch ihre
Induſtrie, wenn nicht die Macht, doch der Ruhm ihrer Marine
gewachſen; und während in allen dem Perſerreiche einverleibten
Ländern die frühere volksthümliche Civiliſation entartet oder vergeſ-
ſen war, blieb in Phönicien der alte Handelsgeiſt und ſo viel Sinn
für Unabhängigkeit, als ſich mit ihm verträgt. Wenn ſich dennoch
bei der immer deutlicher hervortretenden Erſchlaffung der Perſiſchen
Macht Phönicien nicht befreiete, ſo lag der Grund in der inneren
Verfaſſung der unter einander eiferſüchtigen Städte; denn als zur
Zeit des Königs Ochus Sidon auf dem Bundestage zu Tripolis
die beiden anderen Hauptſtädte des Bundes, Tyrus und Aradus,
zur Theilnahme an der Empörung aufrief, verſprachen ſie Hülfe,
warteten aber unthäthig das Ende eines Unternehmens ab, das,
falls es glückte, ſie mit befreiete, falls es misglückte, durch Sidons
Untergang ihre Macht und ihren Handel mehren mußte. Sidon
unterlag, wurde zerſtört, verlor die alte Verfaſſung und Selbſtſtän-
digkeit, und Byblus, ſo ſcheint es, trat ſtatt ihrer in den Bundes-
rath von Tripolis, oder hob ſich wenigſtens ſeit dieſer Zeit ſo, daß
es fortan neben Aradus und Tyrus eine Rolle zu ſpielen ver-
mochte. Die neun Städte von Cyprus, in ihrem Verhältniß zum
Perſerreiche den Phöniciſchen ähnlich, aber durch ihren zum Theil
Griechiſchen Urſprung mehr zu Neuerungen geneigt, hatten zu glei-
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/194>, abgerufen am 22.11.2024.
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