sthenes aufgeregt, eine Flotte von hundert Segeln unter Menestheus in See zu schicken dekretirt hatten 4), die beste Gelegenheit zu ei- ner näheren Vereinigung mit der Perserflotte. Darum war es von großer Wichtigkeit, daß der Macedonier Proteas mit einem Geschwader von funfzehn Segeln die Phönicischen Schiffe nicht nur in ihrer Stellung festhielt, sondern durch einen geschickten Ueberfall so überraschte, daß acht derselben sammt ihrer Mann- schaft in die Hände der Macedonier fielen, die beiden anderen Trieren die Flucht ergriffen, und, von Datames geführt, zu der übrigen Flotte entkamen, die in der Gegend von Chios und Milet kreuzte und die Küsten plünderte 5).
Auf diese Weise war die erste, und wohl die größte Gefahr, die Memnons Plan hätte bringen können, glücklich beseitigt; der rasche Angriff des Proteas hatte einem Abfall der Griechen vorge- beugt, Hegelochus Eifer den Hellespont gerettet. Aber zeigten nicht diese Erfolge selbst, daß Alexander Unrecht gethan hatte, seine Flotte aufzulösen, da er nach kaum sechs Monaten von Neuem eine Flotte zu bilden genöthigt war? Alexander kannte seinen Feind, so wie ihn der Erfolg gezeigt hat; wenn aber die Griechen auch zum Abfall geneigt, und ihre Schiffe mit den Persischen zu verei- nigen bereit waren, so konnte Antipater sie auf dem festen Lande im Zaume halten; endlich war es keinesweges so schwierig, in Eile eine neue Flotte aufzustellen; die Schiffe Macedoniens brauchten nur bemannt zu werden, um gegen den Feind die See zu halten, und die Küsten zu decken; Alexander konnte, um den Seekrieg un- bekümmert, seinen großen Plan weiter verfolgen, und das um so mehr, da jeder Schritt vorwärts die Existenz der feindlichen Flotte selbst gefährdete, indem er derselben die Küsten der Heimath nahm. Dies ins Werk zu setzen, war Zweck des nächsten Feldzuges.
Mit dem Frühling 333 versammelten sich in Gordium die verschiedenen Abtheilungen des Macedonischen Heeres; von Süden her aus Kelänä rückten die Truppen ein, welche mit Alexander den Winterfeldzug gemacht hatten; von Sardes her führte Parmenion die Reuterei und den Train der großen Armee herbei; aus Mace-
4)Demosth. de foed. Alex. p. 195. Plut. X Orat. Dem.
5)Arrian. II. 1--2. Curt. III. 4. 1.
ſthenes aufgeregt, eine Flotte von hundert Segeln unter Meneſtheus in See zu ſchicken dekretirt hatten 4), die beſte Gelegenheit zu ei- ner näheren Vereinigung mit der Perſerflotte. Darum war es von großer Wichtigkeit, daß der Macedonier Proteas mit einem Geſchwader von funfzehn Segeln die Phöniciſchen Schiffe nicht nur in ihrer Stellung feſthielt, ſondern durch einen geſchickten Ueberfall ſo überraſchte, daß acht derſelben ſammt ihrer Mann- ſchaft in die Hände der Macedonier fielen, die beiden anderen Trieren die Flucht ergriffen, und, von Datames geführt, zu der übrigen Flotte entkamen, die in der Gegend von Chios und Milet kreuzte und die Küſten plünderte 5).
Auf dieſe Weiſe war die erſte, und wohl die größte Gefahr, die Memnons Plan hätte bringen können, glücklich beſeitigt; der raſche Angriff des Proteas hatte einem Abfall der Griechen vorge- beugt, Hegelochus Eifer den Hellespont gerettet. Aber zeigten nicht dieſe Erfolge ſelbſt, daß Alexander Unrecht gethan hatte, ſeine Flotte aufzulöſen, da er nach kaum ſechs Monaten von Neuem eine Flotte zu bilden genöthigt war? Alexander kannte ſeinen Feind, ſo wie ihn der Erfolg gezeigt hat; wenn aber die Griechen auch zum Abfall geneigt, und ihre Schiffe mit den Perſiſchen zu verei- nigen bereit waren, ſo konnte Antipater ſie auf dem feſten Lande im Zaume halten; endlich war es keinesweges ſo ſchwierig, in Eile eine neue Flotte aufzuſtellen; die Schiffe Macedoniens brauchten nur bemannt zu werden, um gegen den Feind die See zu halten, und die Küſten zu decken; Alexander konnte, um den Seekrieg un- bekümmert, ſeinen großen Plan weiter verfolgen, und das um ſo mehr, da jeder Schritt vorwärts die Exiſtenz der feindlichen Flotte ſelbſt gefährdete, indem er derſelben die Küſten der Heimath nahm. Dies ins Werk zu ſetzen, war Zweck des nächſten Feldzuges.
Mit dem Frühling 333 verſammelten ſich in Gordium die verſchiedenen Abtheilungen des Macedoniſchen Heeres; von Süden her aus Kelänä rückten die Truppen ein, welche mit Alexander den Winterfeldzug gemacht hatten; von Sardes her führte Parmenion die Reuterei und den Train der großen Armee herbei; aus Mace-
4)Demosth. de foed. Alex. p. 195. Plut. X Orat. Dem.
5)Arrian. II. 1—2. Curt. III. 4. 1.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0164"n="150"/>ſthenes aufgeregt, eine Flotte von hundert Segeln unter Meneſtheus<lb/>
in See zu ſchicken dekretirt hatten <noteplace="foot"n="4)"><hirendition="#aq">Demosth. de foed. Alex. p. 195. Plut. X Orat. Dem.</hi></note>, die beſte Gelegenheit zu ei-<lb/>
ner näheren Vereinigung mit der Perſerflotte. Darum war es<lb/>
von großer Wichtigkeit, daß der Macedonier Proteas mit einem<lb/>
Geſchwader von funfzehn Segeln die Phöniciſchen Schiffe nicht<lb/>
nur in ihrer Stellung feſthielt, ſondern durch einen geſchickten<lb/>
Ueberfall ſo überraſchte, daß acht derſelben ſammt ihrer Mann-<lb/>ſchaft in die Hände der Macedonier fielen, die beiden anderen<lb/>
Trieren die Flucht ergriffen, und, von Datames geführt, zu der<lb/>
übrigen Flotte entkamen, die in der Gegend von Chios und Milet<lb/>
kreuzte und die Küſten plünderte <noteplace="foot"n="5)"><hirendition="#aq">Arrian. II. 1—2. Curt. III.</hi> 4. 1.</note>.</p><lb/><p>Auf dieſe Weiſe war die erſte, und wohl die größte Gefahr,<lb/>
die Memnons Plan hätte bringen können, glücklich beſeitigt; der<lb/>
raſche Angriff des Proteas hatte einem Abfall der Griechen vorge-<lb/>
beugt, Hegelochus Eifer den Hellespont gerettet. Aber zeigten nicht<lb/>
dieſe Erfolge ſelbſt, daß Alexander Unrecht gethan hatte, ſeine<lb/>
Flotte aufzulöſen, da er nach kaum ſechs Monaten von Neuem<lb/>
eine Flotte zu bilden genöthigt war? Alexander kannte ſeinen<lb/>
Feind, ſo wie ihn der Erfolg gezeigt hat; wenn aber die Griechen auch<lb/>
zum Abfall geneigt, und ihre Schiffe mit den Perſiſchen zu verei-<lb/>
nigen bereit waren, ſo konnte Antipater ſie auf dem feſten Lande<lb/>
im Zaume halten; endlich war es keinesweges ſo ſchwierig, in Eile<lb/>
eine neue Flotte aufzuſtellen; die Schiffe Macedoniens brauchten<lb/>
nur bemannt zu werden, um gegen den Feind die See zu halten,<lb/>
und die Küſten zu decken; Alexander konnte, um den Seekrieg un-<lb/>
bekümmert, ſeinen großen Plan weiter verfolgen, und das um ſo<lb/>
mehr, da jeder Schritt vorwärts die Exiſtenz der feindlichen Flotte<lb/>ſelbſt gefährdete, indem er derſelben die Küſten der Heimath nahm.<lb/>
Dies ins Werk zu ſetzen, war Zweck des nächſten Feldzuges.</p><lb/><p>Mit dem Frühling 333 verſammelten ſich in Gordium die<lb/>
verſchiedenen Abtheilungen des Macedoniſchen Heeres; von Süden<lb/>
her aus Kelänä rückten die Truppen ein, welche mit Alexander den<lb/>
Winterfeldzug gemacht hatten; von Sardes her führte Parmenion<lb/>
die Reuterei und den Train der großen Armee herbei; aus Mace-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[150/0164]
ſthenes aufgeregt, eine Flotte von hundert Segeln unter Meneſtheus
in See zu ſchicken dekretirt hatten 4), die beſte Gelegenheit zu ei-
ner näheren Vereinigung mit der Perſerflotte. Darum war es
von großer Wichtigkeit, daß der Macedonier Proteas mit einem
Geſchwader von funfzehn Segeln die Phöniciſchen Schiffe nicht
nur in ihrer Stellung feſthielt, ſondern durch einen geſchickten
Ueberfall ſo überraſchte, daß acht derſelben ſammt ihrer Mann-
ſchaft in die Hände der Macedonier fielen, die beiden anderen
Trieren die Flucht ergriffen, und, von Datames geführt, zu der
übrigen Flotte entkamen, die in der Gegend von Chios und Milet
kreuzte und die Küſten plünderte 5).
Auf dieſe Weiſe war die erſte, und wohl die größte Gefahr,
die Memnons Plan hätte bringen können, glücklich beſeitigt; der
raſche Angriff des Proteas hatte einem Abfall der Griechen vorge-
beugt, Hegelochus Eifer den Hellespont gerettet. Aber zeigten nicht
dieſe Erfolge ſelbſt, daß Alexander Unrecht gethan hatte, ſeine
Flotte aufzulöſen, da er nach kaum ſechs Monaten von Neuem
eine Flotte zu bilden genöthigt war? Alexander kannte ſeinen
Feind, ſo wie ihn der Erfolg gezeigt hat; wenn aber die Griechen auch
zum Abfall geneigt, und ihre Schiffe mit den Perſiſchen zu verei-
nigen bereit waren, ſo konnte Antipater ſie auf dem feſten Lande
im Zaume halten; endlich war es keinesweges ſo ſchwierig, in Eile
eine neue Flotte aufzuſtellen; die Schiffe Macedoniens brauchten
nur bemannt zu werden, um gegen den Feind die See zu halten,
und die Küſten zu decken; Alexander konnte, um den Seekrieg un-
bekümmert, ſeinen großen Plan weiter verfolgen, und das um ſo
mehr, da jeder Schritt vorwärts die Exiſtenz der feindlichen Flotte
ſelbſt gefährdete, indem er derſelben die Küſten der Heimath nahm.
Dies ins Werk zu ſetzen, war Zweck des nächſten Feldzuges.
Mit dem Frühling 333 verſammelten ſich in Gordium die
verſchiedenen Abtheilungen des Macedoniſchen Heeres; von Süden
her aus Kelänä rückten die Truppen ein, welche mit Alexander den
Winterfeldzug gemacht hatten; von Sardes her führte Parmenion
die Reuterei und den Train der großen Armee herbei; aus Mace-
4) Demosth. de foed. Alex. p. 195. Plut. X Orat. Dem.
5) Arrian. II. 1—2. Curt. III. 4. 1.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/164>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.