Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Das hat gerührt mich und ergötzt, Nur war mir etwas wundersam Der Blick, mit dem sich die Madam Schnell an die Stickerei gesetzt; Der Zug am Mund, als Claudia Sacht an den Arm der Schwester griff, Und daß sich wandte der Papa Und blinzelnd auf dem Finger pfiff. Sie waren Leute sein und tief, Gar noble Leute allzumal; Schon sank die Dämmerung in's Thal, Bevor ihr Argustakt entschlief, Und hier und dort ein Nadelstich, Und kecker denn ein Messerschnitt, Und dann die Sonde säuberlich In des Geschiednen Schwächen glitt. O sichre Hand, o fester Arm! O Sonde, leuchtend wie der Blitz! Ich lehnte an des Gastes Sitz, Und fühlte sacht ob er noch warm; Und an das Fenster trat ich dann, Nahm mir ein allbekanntes Buch, Und las, die Blicke ab und an Versendend in der Wolken Zug. Das hat gerührt mich und ergötzt, Nur war mir etwas wunderſam Der Blick, mit dem ſich die Madam Schnell an die Stickerei geſetzt; Der Zug am Mund, als Claudia Sacht an den Arm der Schweſter griff, Und daß ſich wandte der Papa Und blinzelnd auf dem Finger pfiff. Sie waren Leute ſein und tief, Gar noble Leute allzumal; Schon ſank die Dämmerung in’s Thal, Bevor ihr Argustakt entſchlief, Und hier und dort ein Nadelſtich, Und kecker denn ein Meſſerſchnitt, Und dann die Sonde ſäuberlich In des Geſchiednen Schwächen glitt. O ſichre Hand, o feſter Arm! O Sonde, leuchtend wie der Blitz! Ich lehnte an des Gaſtes Sitz, Und fühlte ſacht ob er noch warm; Und an das Fenſter trat ich dann, Nahm mir ein allbekanntes Buch, Und las, die Blicke ab und an Verſendend in der Wolken Zug. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0084" n="68"/> <lg n="6"> <l>Das hat gerührt mich und ergötzt,</l><lb/> <l>Nur war mir etwas wunderſam</l><lb/> <l>Der Blick, mit dem ſich die Madam</l><lb/> <l>Schnell an die Stickerei geſetzt;</l><lb/> <l>Der Zug am Mund, als Claudia</l><lb/> <l>Sacht an den Arm der Schweſter griff,</l><lb/> <l>Und daß ſich wandte der Papa</l><lb/> <l>Und blinzelnd auf dem Finger pfiff.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Sie waren Leute ſein und tief,</l><lb/> <l>Gar noble Leute allzumal;</l><lb/> <l>Schon ſank die Dämmerung in’s Thal,</l><lb/> <l>Bevor ihr Argustakt entſchlief,</l><lb/> <l>Und hier und dort ein Nadelſtich,</l><lb/> <l>Und kecker denn ein Meſſerſchnitt,</l><lb/> <l>Und dann die Sonde ſäuberlich</l><lb/> <l>In des Geſchiednen Schwächen glitt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>O ſichre Hand, o feſter Arm!</l><lb/> <l>O Sonde, leuchtend wie der Blitz!</l><lb/> <l>Ich lehnte an des Gaſtes Sitz,</l><lb/> <l>Und fühlte ſacht ob er noch warm;</l><lb/> <l>Und an das Fenſter trat ich dann,</l><lb/> <l>Nahm mir ein allbekanntes Buch,</l><lb/> <l>Und las, die Blicke ab und an</l><lb/> <l>Verſendend in der Wolken Zug.</l> </lg> </lg> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [68/0084]
Das hat gerührt mich und ergötzt,
Nur war mir etwas wunderſam
Der Blick, mit dem ſich die Madam
Schnell an die Stickerei geſetzt;
Der Zug am Mund, als Claudia
Sacht an den Arm der Schweſter griff,
Und daß ſich wandte der Papa
Und blinzelnd auf dem Finger pfiff.
Sie waren Leute ſein und tief,
Gar noble Leute allzumal;
Schon ſank die Dämmerung in’s Thal,
Bevor ihr Argustakt entſchlief,
Und hier und dort ein Nadelſtich,
Und kecker denn ein Meſſerſchnitt,
Und dann die Sonde ſäuberlich
In des Geſchiednen Schwächen glitt.
O ſichre Hand, o feſter Arm!
O Sonde, leuchtend wie der Blitz!
Ich lehnte an des Gaſtes Sitz,
Und fühlte ſacht ob er noch warm;
Und an das Fenſter trat ich dann,
Nahm mir ein allbekanntes Buch,
Und las, die Blicke ab und an
Verſendend in der Wolken Zug.
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