Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich klage nicht den Mann, der stirbt,
Von Welt und eigner Glut verzehrt,
Ihn, dem des Halmes Frucht verdirbt
Und den des Himmels Manna nährt;
Correggio nicht, der siech und falb
Die Kupferheller heimgebracht,
Cervantes, der verhungert halb
Ob seines Pansa noch gelacht.
Sie sind des Unglücks Fürsten, sind
Die Mächtigen im weiten Blau,
Sie fühlen, daß ihr Odem rinnt
Entzündend um der Erde Bau,
Daß nur aus dunkler Scholle gern
Und freudig schießt der Erndte Kraft,
Und daß zerfallen muß der Kern,
Soll strecken sich der Palme Schaft.
Ihn klag' ich, dessen Liebe groß
Und dessen Gabe arm und klein,
Den, wie die Glut das dürre Moos,
Sengt jener Strahlen Wiederschein;
Ihn, der des Funkens Irren fühlt
Verzehrend in der Adern Bau,
Und den die Welle dann verspühlt,
Ein Aschenhäuflein, karg und grau.
Ich klage nicht den Mann, der ſtirbt,
Von Welt und eigner Glut verzehrt,
Ihn, dem des Halmes Frucht verdirbt
Und den des Himmels Manna nährt;
Correggio nicht, der ſiech und falb
Die Kupferheller heimgebracht,
Cervantes, der verhungert halb
Ob ſeines Panſa noch gelacht.
Sie ſind des Unglücks Fürſten, ſind
Die Mächtigen im weiten Blau,
Sie fühlen, daß ihr Odem rinnt
Entzündend um der Erde Bau,
Daß nur aus dunkler Scholle gern
Und freudig ſchießt der Erndte Kraft,
Und daß zerfallen muß der Kern,
Soll ſtrecken ſich der Palme Schaft.
Ihn klag’ ich, deſſen Liebe groß
Und deſſen Gabe arm und klein,
Den, wie die Glut das dürre Moos,
Sengt jener Strahlen Wiederſchein;
Ihn, der des Funkens Irren fühlt
Verzehrend in der Adern Bau,
Und den die Welle dann verſpühlt,
Ein Aſchenhäuflein, karg und grau.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0044" n="28"/>
            <lg n="2">
              <l>Ich klage nicht den Mann, der &#x017F;tirbt,</l><lb/>
              <l>Von Welt und eigner Glut verzehrt,</l><lb/>
              <l>Ihn, dem des Halmes Frucht verdirbt</l><lb/>
              <l>Und den des Himmels Manna nährt;</l><lb/>
              <l>Correggio nicht, der &#x017F;iech und falb</l><lb/>
              <l>Die Kupferheller heimgebracht,</l><lb/>
              <l>Cervantes, der verhungert halb</l><lb/>
              <l>Ob &#x017F;eines Pan&#x017F;a noch gelacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Sie &#x017F;ind des Unglücks Für&#x017F;ten, &#x017F;ind</l><lb/>
              <l>Die Mächtigen im weiten Blau,</l><lb/>
              <l>Sie fühlen, daß ihr Odem rinnt</l><lb/>
              <l>Entzündend um der Erde Bau,</l><lb/>
              <l>Daß nur aus dunkler Scholle gern</l><lb/>
              <l>Und freudig &#x017F;chießt der Erndte Kraft,</l><lb/>
              <l>Und daß zerfallen muß der Kern,</l><lb/>
              <l>Soll &#x017F;trecken &#x017F;ich der Palme Schaft.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Ihn klag&#x2019; ich, de&#x017F;&#x017F;en Liebe groß</l><lb/>
              <l>Und de&#x017F;&#x017F;en Gabe arm und klein,</l><lb/>
              <l>Den, wie die Glut das dürre Moos,</l><lb/>
              <l>Sengt jener Strahlen Wieder&#x017F;chein;</l><lb/>
              <l>Ihn, der des Funkens Irren fühlt</l><lb/>
              <l>Verzehrend in der Adern Bau,</l><lb/>
              <l>Und den die Welle dann ver&#x017F;pühlt,</l><lb/>
              <l>Ein A&#x017F;chenhäuflein, karg und grau.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0044] Ich klage nicht den Mann, der ſtirbt, Von Welt und eigner Glut verzehrt, Ihn, dem des Halmes Frucht verdirbt Und den des Himmels Manna nährt; Correggio nicht, der ſiech und falb Die Kupferheller heimgebracht, Cervantes, der verhungert halb Ob ſeines Panſa noch gelacht. Sie ſind des Unglücks Fürſten, ſind Die Mächtigen im weiten Blau, Sie fühlen, daß ihr Odem rinnt Entzündend um der Erde Bau, Daß nur aus dunkler Scholle gern Und freudig ſchießt der Erndte Kraft, Und daß zerfallen muß der Kern, Soll ſtrecken ſich der Palme Schaft. Ihn klag’ ich, deſſen Liebe groß Und deſſen Gabe arm und klein, Den, wie die Glut das dürre Moos, Sengt jener Strahlen Wiederſchein; Ihn, der des Funkens Irren fühlt Verzehrend in der Adern Bau, Und den die Welle dann verſpühlt, Ein Aſchenhäuflein, karg und grau.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/44
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/44>, abgerufen am 03.05.2024.