bräunten Zügen und der nächste Morgen brachte dann gewiß, -- je nachdem sie mit den Förstern zusammen getroffen, oder ihnen glücklich ausgewichen waren -- die Geschichte eines blutigen Kampfes, oder eines grandiosen Waldfrevels. -- Die Ueber- wachung der preußischen Regierung hat allerdings dieser Oeffentlichkeit ein Ziel gesetzt, jedoch ohne be- deutende Resultate in der Sache selbst, da die Frevler jetzt durch List ersetzen, was sie an Macht einbüßten, und es ist leider eine Thatsache, daß die Holzbedürftigen, sogar Beamte, von Leuten, denen doch, wie sie ganz wohl wissen, kein rechtlicher Splitter eigen ist, ihren Bedarf so ruhig nehmen, wie aller Orts Strandbewohner ihren Kaffee und Zucker von den Schmugglern zu nehmen pflegen. Daß auch dieser letztere Erwerbzweig hier dem Cha- rakter des Besitzlosen zu sehr zusagt, als daß er ihn vernachlässigen sollte, selbst wenn die mehr- stündige Entfernung der Grenze ihn mühsam, ge- fahrvoll und wenig einträglich zugleich macht, läßt sich wohl voraussetzen und fast bis im Herzen des Landes sehen wir bei abendlichen Spaziergängen kleine Truppen von Fünfen oder Sechsen hastig und ohne Gruß an uns vorüber der Wassergegend zustapfen und können sie in der Morgendämme- rung mit kleinen Bündeln, schweißtriefend und nicht selten mit verbundenem Kopfe oder Arme, wieder
bräunten Zügen und der nächſte Morgen brachte dann gewiß, — je nachdem ſie mit den Förſtern zuſammen getroffen, oder ihnen glücklich ausgewichen waren — die Geſchichte eines blutigen Kampfes, oder eines grandioſen Waldfrevels. — Die Ueber- wachung der preußiſchen Regierung hat allerdings dieſer Oeffentlichkeit ein Ziel geſetzt, jedoch ohne be- deutende Reſultate in der Sache ſelbſt, da die Frevler jetzt durch Liſt erſetzen, was ſie an Macht einbüßten, und es iſt leider eine Thatſache, daß die Holzbedürftigen, ſogar Beamte, von Leuten, denen doch, wie ſie ganz wohl wiſſen, kein rechtlicher Splitter eigen iſt, ihren Bedarf ſo ruhig nehmen, wie aller Orts Strandbewohner ihren Kaffee und Zucker von den Schmugglern zu nehmen pflegen. Daß auch dieſer letztere Erwerbzweig hier dem Cha- rakter des Beſitzloſen zu ſehr zuſagt, als daß er ihn vernachläſſigen ſollte, ſelbſt wenn die mehr- ſtündige Entfernung der Grenze ihn mühſam, ge- fahrvoll und wenig einträglich zugleich macht, läßt ſich wohl vorausſetzen und faſt bis im Herzen des Landes ſehen wir bei abendlichen Spaziergängen kleine Truppen von Fünfen oder Sechſen haſtig und ohne Gruß an uns vorüber der Waſſergegend zuſtapfen und können ſie in der Morgendämme- rung mit kleinen Bündeln, ſchweißtriefend und nicht ſelten mit verbundenem Kopfe oder Arme, wieder
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bräunten Zügen und der nächſte Morgen brachte
dann gewiß, — je nachdem ſie mit den Förſtern
zuſammen getroffen, oder ihnen glücklich ausgewichen
waren — die Geſchichte eines blutigen Kampfes,
oder eines grandioſen Waldfrevels. — Die Ueber-
wachung der preußiſchen Regierung hat allerdings
dieſer Oeffentlichkeit ein Ziel geſetzt, jedoch ohne be-
deutende Reſultate in der Sache ſelbſt, da die
Frevler jetzt durch Liſt erſetzen, was ſie an Macht
einbüßten, und es iſt leider eine Thatſache, daß die
Holzbedürftigen, ſogar Beamte, von Leuten, denen
doch, wie ſie ganz wohl wiſſen, kein rechtlicher
Splitter eigen iſt, ihren Bedarf ſo ruhig nehmen,
wie aller Orts Strandbewohner ihren Kaffee und
Zucker von den Schmugglern zu nehmen pflegen.
Daß auch dieſer letztere Erwerbzweig hier dem Cha-
rakter des Beſitzloſen zu ſehr zuſagt, als daß er
ihn vernachläſſigen ſollte, ſelbſt wenn die mehr-
ſtündige Entfernung der Grenze ihn mühſam, ge-
fahrvoll und wenig einträglich zugleich macht, läßt
ſich wohl vorausſetzen und faſt bis im Herzen des
Landes ſehen wir bei abendlichen Spaziergängen
kleine Truppen von Fünfen oder Sechſen haſtig
und ohne Gruß an uns vorüber der Waſſergegend
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/270>, abgerufen am 25.11.2024.
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