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Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

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und Beide waren gelaufen, was ihre Beine ver-
mochten.

"Dummes Zeug!" sagte der Gutsherr ver-
drießlich und trat in die Kammer, sich umzukleiden.
Am andern Morgen wollte die Fontaine im Garten
nicht springen, und es fand sich, daß Jemand eine
Röhre verrückt hatte, augenscheinlich um nach dem
Kopfe eines vor vielen Jahren hier verscharrten
Pferdegerippes zu suchen, der für ein bewährtes
Mittel wider allen Hexen- und Geisterspuck gilt.
"Hm," sagte der Gutsherr, "was die Schelme nicht
stehlen, das verderben die Narren."

Drei Tage später tobte ein furchtbarer Sturm.
Es war Mitternacht, aber Alles im Schlosse außer
dem Bett. Der Gutsherr stand am Fenster und
sah besorgt in's Dunkle, nach seinen Feldern hin-
über. An den Scheiben flogen Blätter und Zweige
her; mitunter fuhr ein Ziegel hinab und schmetterte
auf das Pflaster des Hofes. "Furchtbares Wetter!"
sagte Herr von S. Seine Frau sah ängstlich aus.
"Ist das Feuer auch gewiß gut verwahrt?" sagte
sie; "Gretchen, sieh noch einmal nach, gieß es lieber
ganz aus! Kommt, wir wollen das Evangelium
Johannis beten." Alles kniete nieder und die Haus-
frau begann:

"Im Anfang war das Wort und das Wort
war bei Gott und Gott war das Wort." -- Ein

und Beide waren gelaufen, was ihre Beine ver-
mochten.

„Dummes Zeug!“ ſagte der Gutsherr ver-
drießlich und trat in die Kammer, ſich umzukleiden.
Am andern Morgen wollte die Fontaine im Garten
nicht ſpringen, und es fand ſich, daß Jemand eine
Röhre verrückt hatte, augenſcheinlich um nach dem
Kopfe eines vor vielen Jahren hier verſcharrten
Pferdegerippes zu ſuchen, der für ein bewährtes
Mittel wider allen Hexen- und Geiſterſpuck gilt.
„Hm,“ ſagte der Gutsherr, „was die Schelme nicht
ſtehlen, das verderben die Narren.“

Drei Tage ſpäter tobte ein furchtbarer Sturm.
Es war Mitternacht, aber Alles im Schloſſe außer
dem Bett. Der Gutsherr ſtand am Fenſter und
ſah beſorgt in’s Dunkle, nach ſeinen Feldern hin-
über. An den Scheiben flogen Blätter und Zweige
her; mitunter fuhr ein Ziegel hinab und ſchmetterte
auf das Pflaſter des Hofes. „Furchtbares Wetter!“
ſagte Herr von S. Seine Frau ſah ängſtlich aus.
„Iſt das Feuer auch gewiß gut verwahrt?“ ſagte
ſie; „Gretchen, ſieh noch einmal nach, gieß es lieber
ganz aus! Kommt, wir wollen das Evangelium
Johannis beten.“ Alles kniete nieder und die Haus-
frau begann:

„Im Anfang war das Wort und das Wort
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[201/0217] und Beide waren gelaufen, was ihre Beine ver- mochten. „Dummes Zeug!“ ſagte der Gutsherr ver- drießlich und trat in die Kammer, ſich umzukleiden. Am andern Morgen wollte die Fontaine im Garten nicht ſpringen, und es fand ſich, daß Jemand eine Röhre verrückt hatte, augenſcheinlich um nach dem Kopfe eines vor vielen Jahren hier verſcharrten Pferdegerippes zu ſuchen, der für ein bewährtes Mittel wider allen Hexen- und Geiſterſpuck gilt. „Hm,“ ſagte der Gutsherr, „was die Schelme nicht ſtehlen, das verderben die Narren.“ Drei Tage ſpäter tobte ein furchtbarer Sturm. Es war Mitternacht, aber Alles im Schloſſe außer dem Bett. Der Gutsherr ſtand am Fenſter und ſah beſorgt in’s Dunkle, nach ſeinen Feldern hin- über. An den Scheiben flogen Blätter und Zweige her; mitunter fuhr ein Ziegel hinab und ſchmetterte auf das Pflaſter des Hofes. „Furchtbares Wetter!“ ſagte Herr von S. Seine Frau ſah ängſtlich aus. „Iſt das Feuer auch gewiß gut verwahrt?“ ſagte ſie; „Gretchen, ſieh noch einmal nach, gieß es lieber ganz aus! Kommt, wir wollen das Evangelium Johannis beten.“ Alles kniete nieder und die Haus- frau begann: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.“ — Ein

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/217>, abgerufen am 23.11.2024.