Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860."Herr Gott, der an des Maien erstem Tag Den Strahl begabt mit sonderlichem Segen, Den sich der sünd'ge Mensch gewinnen mag In der geweihten Stunde, allerwegen, Segne die Alm, segne das Vieh im Hag, Mit Luft und Wasser, Sonnenschein und Regen, Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Renee, Martin von Tours und unsre Frau vom Schnee. Segne das Haus, das Mahl auf unserm Tisch, Am Berg den Weinstock und die Frucht im Thale, Segne die Jagd am Gletscher, und den Fisch Im See, und das Gethiere allzumale, So uns zur Nahrung dient, und das Gebüsch, So uns erwärmt, mit Thau und Sonnenstrahle Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Remy, Sanct Paul und unsre Fraue von Clery. Wir schwören -- alle Hände steh'n zugleich Empor, -- wir schwören keinen Gast zu lassen Von unserm Heerd, eh sicher Weg und Steig, Das Vieh zu schonen, keinen Feind zu hassen, Den Quell zu ehren, Recht an Arm und Reich Zu thun und mit der Treue nicht zu spaßen. Das schwören wir beim Kreuze zu Autun Und unsrer mächt'gen Fraue von Embrun." „Herr Gott, der an des Maien erſtem Tag Den Strahl begabt mit ſonderlichem Segen, Den ſich der ſünd’ge Menſch gewinnen mag In der geweihten Stunde, allerwegen, Segne die Alm, ſegne das Vieh im Hag, Mit Luft und Waſſer, Sonnenſchein und Regen, Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Renee, Martin von Tours und unſre Frau vom Schnee. Segne das Haus, das Mahl auf unſerm Tiſch, Am Berg den Weinſtock und die Frucht im Thale, Segne die Jagd am Gletſcher, und den Fiſch Im See, und das Gethiere allzumale, So uns zur Nahrung dient, und das Gebüſch, So uns erwärmt, mit Thau und Sonnenſtrahle Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Remy, Sanct Paul und unſre Fraue von Clery. Wir ſchwören — alle Hände ſteh’n zugleich Empor, — wir ſchwören keinen Gaſt zu laſſen Von unſerm Heerd, eh ſicher Weg und Steig, Das Vieh zu ſchonen, keinen Feind zu haſſen, Den Quell zu ehren, Recht an Arm und Reich Zu thun und mit der Treue nicht zu ſpaßen. Das ſchwören wir beim Kreuze zu Autun Und unſrer mächt’gen Fraue von Embrun.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0111" n="95"/> <lg n="8"> <l>„Herr Gott, der an des Maien erſtem Tag</l><lb/> <l>Den Strahl begabt mit ſonderlichem Segen,</l><lb/> <l>Den ſich der ſünd’ge Menſch gewinnen mag</l><lb/> <l>In der geweihten Stunde, allerwegen,</l><lb/> <l>Segne die Alm, ſegne das Vieh im Hag,</l><lb/> <l>Mit Luft und Waſſer, Sonnenſchein und Regen,</l><lb/> <l>Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Renee,</l><lb/> <l>Martin von Tours und unſre Frau vom Schnee.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Segne das Haus, das Mahl auf unſerm Tiſch,</l><lb/> <l>Am Berg den Weinſtock und die Frucht im Thale,</l><lb/> <l>Segne die Jagd am Gletſcher, und den Fiſch</l><lb/> <l>Im See, und das Gethiere allzumale,</l><lb/> <l>So uns zur Nahrung dient, und das Gebüſch,</l><lb/> <l>So uns erwärmt, mit Thau und Sonnenſtrahle</l><lb/> <l>Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Remy,</l><lb/> <l>Sanct Paul und unſre Fraue von Clery.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Wir ſchwören — alle Hände ſteh’n zugleich</l><lb/> <l>Empor, — wir ſchwören keinen Gaſt zu laſſen</l><lb/> <l>Von unſerm Heerd, eh ſicher Weg und Steig,</l><lb/> <l>Das Vieh zu ſchonen, keinen Feind zu haſſen,</l><lb/> <l>Den Quell zu ehren, Recht an Arm und Reich</l><lb/> <l>Zu thun und mit der Treue nicht zu ſpaßen.</l><lb/> <l>Das ſchwören wir beim Kreuze zu Autun</l><lb/> <l>Und unſrer mächt’gen Fraue von Embrun.“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0111]
„Herr Gott, der an des Maien erſtem Tag
Den Strahl begabt mit ſonderlichem Segen,
Den ſich der ſünd’ge Menſch gewinnen mag
In der geweihten Stunde, allerwegen,
Segne die Alm, ſegne das Vieh im Hag,
Mit Luft und Waſſer, Sonnenſchein und Regen,
Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Renee,
Martin von Tours und unſre Frau vom Schnee.
Segne das Haus, das Mahl auf unſerm Tiſch,
Am Berg den Weinſtock und die Frucht im Thale,
Segne die Jagd am Gletſcher, und den Fiſch
Im See, und das Gethiere allzumale,
So uns zur Nahrung dient, und das Gebüſch,
So uns erwärmt, mit Thau und Sonnenſtrahle
Durch Sanct Anton, den Siedler, Sanct Remy,
Sanct Paul und unſre Fraue von Clery.
Wir ſchwören — alle Hände ſteh’n zugleich
Empor, — wir ſchwören keinen Gaſt zu laſſen
Von unſerm Heerd, eh ſicher Weg und Steig,
Das Vieh zu ſchonen, keinen Feind zu haſſen,
Den Quell zu ehren, Recht an Arm und Reich
Zu thun und mit der Treue nicht zu ſpaßen.
Das ſchwören wir beim Kreuze zu Autun
Und unſrer mächt’gen Fraue von Embrun.“
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Zitationshilfe: | Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/111>, abgerufen am 23.06.2024. |