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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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So hat man sonst ihn nicht gesehn.
Wie, schmolz der Mauerduft? Sind's Thränen,
Die niederfallen auf den Stein?
Dies feste Auge scheint mir nicht
Gewöhnt zu solcher Tropfen Pflicht.
Der Alte ist ja ganz allein!
Stets weiß die Jungfrau was er denkt:
Wär' zehnfach herber auch sein Grämen,
Vor ihr braucht er sich nicht zu schämen.

Indeß das Dämmergrau zergeht;
Nur einzeln in die Mauerlücken
Sich kleine schwarze Schatten drücken.
Schon in der Fenster Mittelscheiben
Die rothe Sonnenkugel schwebt;
Viel goldbestreute Wölkchen treiben,
Die ganze Luft ist glanzdurchbebt.
Im Morgenlichte doppelt mild
Dem Beter scheint das Mutterbild;
Selbst Märtyrer aus Gitterschrein
Nicht all so kläglich schauen drein.
Und nun das Diadem, das klare,
Am Haupt der Tagesfürstin ragt,
Da aus dem Winkel am Altare
Den letzten Schatten sie verjagt.
Sich von den Knieen hebt Denis,
Ein andrer Mann; die Finger leis'
Streicht er durch seine Löckchen weiß,
Er ordnet sorglich sein Gewand,
Dem eingedrückt des Estrichs Sand,
Und zu den Brüdern, die noch immer

So hat man ſonſt ihn nicht geſehn.
Wie, ſchmolz der Mauerduft? Sind's Thränen,
Die niederfallen auf den Stein?
Dies feſte Auge ſcheint mir nicht
Gewöhnt zu ſolcher Tropfen Pflicht.
Der Alte iſt ja ganz allein!
Stets weiß die Jungfrau was er denkt:
Wär' zehnfach herber auch ſein Grämen,
Vor ihr braucht er ſich nicht zu ſchämen.

Indeß das Dämmergrau zergeht;
Nur einzeln in die Mauerlücken
Sich kleine ſchwarze Schatten drücken.
Schon in der Fenſter Mittelſcheiben
Die rothe Sonnenkugel ſchwebt;
Viel goldbeſtreute Wölkchen treiben,
Die ganze Luft iſt glanzdurchbebt.
Im Morgenlichte doppelt mild
Dem Beter ſcheint das Mutterbild;
Selbſt Märtyrer aus Gitterſchrein
Nicht all ſo kläglich ſchauen drein.
Und nun das Diadem, das klare,
Am Haupt der Tagesfürſtin ragt,
Da aus dem Winkel am Altare
Den letzten Schatten ſie verjagt.
Sich von den Knieen hebt Denis,
Ein andrer Mann; die Finger leiſ'
Streicht er durch ſeine Löckchen weiß,
Er ordnet ſorglich ſein Gewand,
Dem eingedrückt des Eſtrichs Sand,
Und zu den Brüdern, die noch immer
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[452/0466] So hat man ſonſt ihn nicht geſehn. Wie, ſchmolz der Mauerduft? Sind's Thränen, Die niederfallen auf den Stein? Dies feſte Auge ſcheint mir nicht Gewöhnt zu ſolcher Tropfen Pflicht. Der Alte iſt ja ganz allein! Stets weiß die Jungfrau was er denkt: Wär' zehnfach herber auch ſein Grämen, Vor ihr braucht er ſich nicht zu ſchämen. Indeß das Dämmergrau zergeht; Nur einzeln in die Mauerlücken Sich kleine ſchwarze Schatten drücken. Schon in der Fenſter Mittelſcheiben Die rothe Sonnenkugel ſchwebt; Viel goldbeſtreute Wölkchen treiben, Die ganze Luft iſt glanzdurchbebt. Im Morgenlichte doppelt mild Dem Beter ſcheint das Mutterbild; Selbſt Märtyrer aus Gitterſchrein Nicht all ſo kläglich ſchauen drein. Und nun das Diadem, das klare, Am Haupt der Tagesfürſtin ragt, Da aus dem Winkel am Altare Den letzten Schatten ſie verjagt. Sich von den Knieen hebt Denis, Ein andrer Mann; die Finger leiſ' Streicht er durch ſeine Löckchen weiß, Er ordnet ſorglich ſein Gewand, Dem eingedrückt des Eſtrichs Sand, Und zu den Brüdern, die noch immer

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/466>, abgerufen am 25.11.2024.