Und zieht des Greises Stirne nieder, Ihm flüsternd, mit verstecktem Ton: "Es ist der Pfarr, ich kenn' ihn schon! Er hat den Mantel umgeschlagen Und seinen großen weißen Kragen." Nun wieder fröstelnd schaut das Kind Mit offnem Munde, vorgebückt, Dann an des Vaters Arm gedrückt: "Wie weiß ihm seine Finger sind!" Der Alte sucht mit allem Fleiß Sich der Gedanken zu entschlagen, Die fast wie Irrwahn ihn bedräun. "Henry! du solltest ruhig seyn, Allein du weißt mich nur zu plagen. Schlaf ein, schlaf ein, mein kleiner Sohn!" Der Knabe bei dem harten Ton Verschüchtert sich zur Seite schiebt, Die müden Aeuglein reibt betrübt. Sein Köpfchen ruht so los' und schlecht, Auch ist der Sitz ihm gar nicht recht, Zu dick der Mantel hängt und schwer; So lange rutscht er hin und her Bis, von dem harten Schooße gleitend, Er auf den Grund die Sohlen setzt, Und, wie ein Häschen matt gehetzt, In's dürre Laub sein Häuptlein reckt, So aus die zarten Arme streckt Das Kind, um Vaters Leib sie breitend, Und bricht vor unverstandnem Graus In ganz geheime Thränen aus.
Und zieht des Greiſes Stirne nieder, Ihm flüſternd, mit verſtecktem Ton: „Es iſt der Pfarr, ich kenn' ihn ſchon! Er hat den Mantel umgeſchlagen Und ſeinen großen weißen Kragen.“ Nun wieder fröſtelnd ſchaut das Kind Mit offnem Munde, vorgebückt, Dann an des Vaters Arm gedrückt: „Wie weiß ihm ſeine Finger ſind!“ Der Alte ſucht mit allem Fleiß Sich der Gedanken zu entſchlagen, Die faſt wie Irrwahn ihn bedräun. „Henry! du ſollteſt ruhig ſeyn, Allein du weißt mich nur zu plagen. Schlaf ein, ſchlaf ein, mein kleiner Sohn!“ Der Knabe bei dem harten Ton Verſchüchtert ſich zur Seite ſchiebt, Die müden Aeuglein reibt betrübt. Sein Köpfchen ruht ſo loſ' und ſchlecht, Auch iſt der Sitz ihm gar nicht recht, Zu dick der Mantel hängt und ſchwer; So lange rutſcht er hin und her Bis, von dem harten Schooße gleitend, Er auf den Grund die Sohlen ſetzt, Und, wie ein Häschen matt gehetzt, In's dürre Laub ſein Häuptlein reckt, So aus die zarten Arme ſtreckt Das Kind, um Vaters Leib ſie breitend, Und bricht vor unverſtandnem Graus In ganz geheime Thränen aus.
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Und zieht des Greiſes Stirne nieder,
Ihm flüſternd, mit verſtecktem Ton:
„Es iſt der Pfarr, ich kenn' ihn ſchon!
Er hat den Mantel umgeſchlagen
Und ſeinen großen weißen Kragen.“
Nun wieder fröſtelnd ſchaut das Kind
Mit offnem Munde, vorgebückt,
Dann an des Vaters Arm gedrückt:
„Wie weiß ihm ſeine Finger ſind!“
Der Alte ſucht mit allem Fleiß
Sich der Gedanken zu entſchlagen,
Die faſt wie Irrwahn ihn bedräun.
„Henry! du ſollteſt ruhig ſeyn,
Allein du weißt mich nur zu plagen.
Schlaf ein, ſchlaf ein, mein kleiner Sohn!“
Der Knabe bei dem harten Ton
Verſchüchtert ſich zur Seite ſchiebt,
Die müden Aeuglein reibt betrübt.
Sein Köpfchen ruht ſo loſ' und ſchlecht,
Auch iſt der Sitz ihm gar nicht recht,
Zu dick der Mantel hängt und ſchwer;
So lange rutſcht er hin und her
Bis, von dem harten Schooße gleitend,
Er auf den Grund die Sohlen ſetzt,
Und, wie ein Häschen matt gehetzt,
In's dürre Laub ſein Häuptlein reckt,
So aus die zarten Arme ſtreckt
Das Kind, um Vaters Leib ſie breitend,
Und bricht vor unverſtandnem Graus
In ganz geheime Thränen aus.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/434>, abgerufen am 25.11.2024.
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