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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Im Dome zu Paderborn ist verhallt
Das Sterbegeläute des alten Prälaten,
Und wieder im Dom hat Kapitels Gewalt
Den neuen Beherrscher gewählt und berathen.
Stumm fährt das Gebirg und die Felder hinein
Der neue Bischof zur Wewelsburg ein,
Geleitet von summenden Volkscomitaten.
Und als nun über die Brücke er rollt,
Und sieht die massigen Thürme sich strecken,
Wie ihm im Busen es zittert und grollt!
An seiner Inful -- o brandiger Flecken!
Des Spiegels Blut in dem Ahnenbaum hell!
Leis seufzet er auf, dann murmelt er schnell:
"Herr Truchses, laßt unsre Tafel nun decken,"
Es kreisen die Becher beim Böllergeknall,
Die stattlichen Ritter, die artigen Damen,
Sich schleudernd des Witzes anmuthigen Ball,
Fast von der Stirne die Falten ihm nahmen;
Da horch! im Flure ein Schreiten in Eil;
Es knarren die Thüren, es steht eine Säul',
Der Spiegel, der blutige Marschalk, im Rahmen!
Der Bischof schaut wie ein Laken so bleich, --
Im weiten Saal keines Odems Verhallen --
An's Auge schlägt er die Rechte sogleich,
Und langsam läßt er zur Seite sie fallen.
Dann seufzt er hohl und düster und schwer:
"Kurt! -- Kurt von Spiegel, wie kömmst du daher! --
Greift ihn, ergreift ihn, ihr meine Vasallen;"
Im Dome zu Paderborn iſt verhallt
Das Sterbegeläute des alten Prälaten,
Und wieder im Dom hat Kapitels Gewalt
Den neuen Beherrſcher gewählt und berathen.
Stumm fährt das Gebirg und die Felder hinein
Der neue Biſchof zur Wewelsburg ein,
Geleitet von ſummenden Volkscomitaten.
Und als nun über die Brücke er rollt,
Und ſieht die maſſigen Thürme ſich ſtrecken,
Wie ihm im Buſen es zittert und grollt!
An ſeiner Inful — o brandiger Flecken!
Des Spiegels Blut in dem Ahnenbaum hell!
Leis ſeufzet er auf, dann murmelt er ſchnell:
„Herr Truchſes, laßt unſre Tafel nun decken,“
Es kreiſen die Becher beim Böllergeknall,
Die ſtattlichen Ritter, die artigen Damen,
Sich ſchleudernd des Witzes anmuthigen Ball,
Faſt von der Stirne die Falten ihm nahmen;
Da horch! im Flure ein Schreiten in Eil;
Es knarren die Thüren, es ſteht eine Säul',
Der Spiegel, der blutige Marſchalk, im Rahmen!
Der Biſchof ſchaut wie ein Laken ſo bleich, —
Im weiten Saal keines Odems Verhallen —
An's Auge ſchlägt er die Rechte ſogleich,
Und langſam läßt er zur Seite ſie fallen.
Dann ſeufzt er hohl und düſter und ſchwer:
„Kurt! — Kurt von Spiegel, wie kömmſt du daher! —
Greift ihn, ergreift ihn, ihr meine Vaſallen;“
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[363/0377] Im Dome zu Paderborn iſt verhallt Das Sterbegeläute des alten Prälaten, Und wieder im Dom hat Kapitels Gewalt Den neuen Beherrſcher gewählt und berathen. Stumm fährt das Gebirg und die Felder hinein Der neue Biſchof zur Wewelsburg ein, Geleitet von ſummenden Volkscomitaten. Und als nun über die Brücke er rollt, Und ſieht die maſſigen Thürme ſich ſtrecken, Wie ihm im Buſen es zittert und grollt! An ſeiner Inful — o brandiger Flecken! Des Spiegels Blut in dem Ahnenbaum hell! Leis ſeufzet er auf, dann murmelt er ſchnell: „Herr Truchſes, laßt unſre Tafel nun decken,“ Es kreiſen die Becher beim Böllergeknall, Die ſtattlichen Ritter, die artigen Damen, Sich ſchleudernd des Witzes anmuthigen Ball, Faſt von der Stirne die Falten ihm nahmen; Da horch! im Flure ein Schreiten in Eil; Es knarren die Thüren, es ſteht eine Säul', Der Spiegel, der blutige Marſchalk, im Rahmen! Der Biſchof ſchaut wie ein Laken ſo bleich, — Im weiten Saal keines Odems Verhallen — An's Auge ſchlägt er die Rechte ſogleich, Und langſam läßt er zur Seite ſie fallen. Dann ſeufzt er hohl und düſter und ſchwer: „Kurt! — Kurt von Spiegel, wie kömmſt du daher! — Greift ihn, ergreift ihn, ihr meine Vaſallen;“

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/377>, abgerufen am 22.11.2024.