Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Eine Minute, die schnell vergeht,
Der Corse gen Himmel schaute,
Zum Patrone ein Stoßgebet,
Dann fährt er empor vom Kraute;
Blank die Waffe, den Bug geschlitzt,
Dann wie ein Vogel zum Walde --
Schreiend vom Hange die Stute blitzt,
Der Richter starrt an der Halde.
II.
Mittagsstunde, -- der Sonnenpfeil
Prallt an des Weihen Gefieder,
Der vom Gesteine grau und steil
Blinzt in die Pinien nieder.
Schwarz der Wald, eine Wetternacht,
Die aus dem Aether gesunken,
Drüber der Stral in Siegespracht
Tanzt auf dem Feinde wie trunken.
Plötzlich zuckt, es flattert der Weih,
Und klatscht in taumelnden Ringen,
Ueber'm Riffe sein wilder Schrei,
Dann steigt er, wiegend die Schwingen;
Und am Grunde es stampft und surrt,
Hart unter dem Felsenmaale,
Netz im Haare, Pistol im Gurt,
Zwölf Schergen reiten zu Thale.
Wo den Schatten verkürzt das Riff
Wirft über die zitternde Aue,
Eine Minute, die ſchnell vergeht,
Der Corſe gen Himmel ſchaute,
Zum Patrone ein Stoßgebet,
Dann fährt er empor vom Kraute;
Blank die Waffe, den Bug geſchlitzt,
Dann wie ein Vogel zum Walde —
Schreiend vom Hange die Stute blitzt,
Der Richter ſtarrt an der Halde.
II.
Mittagsſtunde, — der Sonnenpfeil
Prallt an des Weihen Gefieder,
Der vom Geſteine grau und ſteil
Blinzt in die Pinien nieder.
Schwarz der Wald, eine Wetternacht,
Die aus dem Aether geſunken,
Drüber der Stral in Siegespracht
Tanzt auf dem Feinde wie trunken.
Plötzlich zuckt, es flattert der Weih,
Und klatſcht in taumelnden Ringen,
Ueber'm Riffe ſein wilder Schrei,
Dann ſteigt er, wiegend die Schwingen;
Und am Grunde es ſtampft und ſurrt,
Hart unter dem Felſenmaale,
Netz im Haare, Piſtol im Gurt,
Zwölf Schergen reiten zu Thale.
Wo den Schatten verkürzt das Riff
Wirft über die zitternde Aue,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0324" n="310"/>
              <lg n="11">
                <l>Eine Minute, die &#x017F;chnell vergeht,</l><lb/>
                <l>Der Cor&#x017F;e gen Himmel &#x017F;chaute,</l><lb/>
                <l>Zum Patrone ein Stoßgebet,</l><lb/>
                <l>Dann fährt er empor vom Kraute;</l><lb/>
                <l>Blank die Waffe, den Bug ge&#x017F;chlitzt,</l><lb/>
                <l>Dann wie ein Vogel zum Walde &#x2014;</l><lb/>
                <l>Schreiend vom Hange die Stute blitzt,</l><lb/>
                <l>Der Richter &#x017F;tarrt an der Halde.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq #b">II</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Mittags&#x017F;tunde, &#x2014; der Sonnenpfeil</l><lb/>
                <l>Prallt an des Weihen Gefieder,</l><lb/>
                <l>Der vom Ge&#x017F;teine grau und &#x017F;teil</l><lb/>
                <l>Blinzt in die Pinien nieder.</l><lb/>
                <l>Schwarz der Wald, eine Wetternacht,</l><lb/>
                <l>Die aus dem Aether ge&#x017F;unken,</l><lb/>
                <l>Drüber der Stral in Siegespracht</l><lb/>
                <l>Tanzt auf dem Feinde wie trunken.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Plötzlich zuckt, es flattert der Weih,</l><lb/>
                <l>Und klat&#x017F;cht in taumelnden Ringen,</l><lb/>
                <l>Ueber'm Riffe &#x017F;ein wilder Schrei,</l><lb/>
                <l>Dann &#x017F;teigt er, wiegend die Schwingen;</l><lb/>
                <l>Und am Grunde es &#x017F;tampft und &#x017F;urrt,</l><lb/>
                <l>Hart unter dem Fel&#x017F;enmaale,</l><lb/>
                <l>Netz im Haare, Pi&#x017F;tol im Gurt,</l><lb/>
                <l>Zwölf Schergen reiten zu Thale.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Wo den Schatten verkürzt das Riff</l><lb/>
                <l>Wirft über die zitternde Aue,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0324] Eine Minute, die ſchnell vergeht, Der Corſe gen Himmel ſchaute, Zum Patrone ein Stoßgebet, Dann fährt er empor vom Kraute; Blank die Waffe, den Bug geſchlitzt, Dann wie ein Vogel zum Walde — Schreiend vom Hange die Stute blitzt, Der Richter ſtarrt an der Halde. II. Mittagsſtunde, — der Sonnenpfeil Prallt an des Weihen Gefieder, Der vom Geſteine grau und ſteil Blinzt in die Pinien nieder. Schwarz der Wald, eine Wetternacht, Die aus dem Aether geſunken, Drüber der Stral in Siegespracht Tanzt auf dem Feinde wie trunken. Plötzlich zuckt, es flattert der Weih, Und klatſcht in taumelnden Ringen, Ueber'm Riffe ſein wilder Schrei, Dann ſteigt er, wiegend die Schwingen; Und am Grunde es ſtampft und ſurrt, Hart unter dem Felſenmaale, Netz im Haare, Piſtol im Gurt, Zwölf Schergen reiten zu Thale. Wo den Schatten verkürzt das Riff Wirft über die zitternde Aue,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/324
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/324>, abgerufen am 22.11.2024.