Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die Sünderin. "Uebrigens nehmen Sie sich das nicht so zu Herzen, Was für ein Ausweg? Mathilde blieb den Tag Am Abend kam die Alte wieder auf die Kammer des 6 *
Die Suͤnderin. „Uebrigens nehmen Sie ſich das nicht ſo zu Herzen, Was fuͤr ein Ausweg? Mathilde blieb den Tag Am Abend kam die Alte wieder auf die Kammer des 6 *
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Die Suͤnderin.
„Uebrigens nehmen Sie ſich das nicht ſo zu Herzen,
und beruhigen Sie ſich nur,“ troͤſtete die Alte weiter.
„Vorlaͤufig moͤgen Sie immer noch bei mir bleiben, es
wird ſich wohl noch ein Ausweg finden.“ —
Was fuͤr ein Ausweg? Mathilde blieb den Tag
uͤber duͤſter auf ihrer kleinen, einſamen Kammer, und
uͤberlegte und ſann hin und her, was ſie beginnen ſollte,
aber ihr Denken war all umſonſt. Von Zeit zu Zeit
nahm ſie ihr Kind auf, und kuͤßte und herzte es mit
der Heftigkeit ihrer ſchmerzlich aufgeregten Gefuͤhle. Es
war, als ob in dem Verſuch, ſie von ihm zu trennen,
ihre Mutterliebe nur feſtere Wurzeln geſchlagen haͤtte.
Dazwiſchen rollten ihre heißen Thraͤnen wie feurige Tro¬
pfen ihres gequaͤlten Herzens auf die Wangen der Klei¬
nen. Nur wenn das Kind ſchlief, ging ſie in ruheloſer
Angſt auf und nieder und rang ihre Haͤnde in rathloſer
Verzweiflung.
Am Abend kam die Alte wieder auf die Kammer des
Maͤdchens. Das Gemach war dunkel, nur von den Stra¬
ßenlaternen und den Lichtern der gegenuͤberliegenden Haͤuſer
ſchwamm ein weiches Daͤmmerlicht durch das Fenſter. Ma¬
thilde lag mit aufgeloͤſ'tem Haar, den Kopf in die Hand
geſtuͤtzt und halbaufgerichtet auf dem Bett, und bewachte
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