Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die Sünderin. Er begann mit der Vorhaltung, daß sie nun schon Mathilde erzählte ihm mit befangener Stimme, auf "Das sind faule Fische!" erwiderte der Polizeibeamte Mathilde erschrak heftig über diese Worte. Mit zit¬ "Sie selbst wollten mich gern wieder zu sich nehmen," Die Suͤnderin. Er begann mit der Vorhaltung, daß ſie nun ſchon Mathilde erzaͤhlte ihm mit befangener Stimme, auf „Das ſind faule Fiſche!“ erwiderte der Polizeibeamte Mathilde erſchrak heftig uͤber dieſe Worte. Mit zit¬ „Sie ſelbſt wollten mich gern wieder zu ſich nehmen,“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0094" n="80"/> <fw place="top" type="header">Die Suͤnderin.<lb/></fw> <p>Er begann mit der Vorhaltung, daß ſie nun ſchon<lb/> laͤngere Zeit, als dies die Polizeivorſchriften geſtatteten,<lb/> hier bei der Alten wohne, ohne ſich einen neuen Dienſt<lb/> zu verſchaffen, und fragte dann ziemlich grob: was ſie<lb/> denn treibe? was ſie uͤberhaupt hier wolle?</p><lb/> <p>Mathilde erzaͤhlte ihm mit befangener Stimme, auf<lb/> welche Weiſe ſie zu der Alten gekommen ſei, und wie<lb/> ſie ihr die Koſten ihres Aufenthalts durch haͤusliche Ar¬<lb/> beit und Huͤlfleiſtung beim Waſchen erſetzen wolle.</p><lb/> <p>„Das ſind faule Fiſche!“ erwiderte der Polizeibeamte<lb/> barſch. „Die Alte hat ſelbſt nichts zu leben und die<lb/> Waͤſcherei iſt nur ſo ein fauler Vorwand. Die Vettel<lb/> hat ſchon zweimal im Arbeitshaus geſeſſen, und wenn<lb/> ſie nicht hier geboren und heimiſch waͤre, wuͤrden wir ſie<lb/> ſchon laͤngſt wegtransportirt haben.“ —</p><lb/> <p>Mathilde erſchrak heftig uͤber dieſe Worte. Mit zit¬<lb/> ternder Stimme erzaͤhlte ſie nun, wie ſie fruͤher in Kon¬<lb/> dition geſtanden, und zeigte das Zeugniß ihrer Wirths¬<lb/> herrſchaft uͤber ihre tadelloſe, treue und redliche Fuͤhrung.</p><lb/> <p>„Sie ſelbſt wollten mich gern wieder zu ſich nehmen,“<lb/> ſagte ſie feſter in ihrem Selbſtbewußtſein, „aber ich wollte<lb/> es nicht eingehen, weil ich mich dann haͤtte von meinem<lb/> Kinde trennen muͤſſen.“ —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [80/0094]
Die Suͤnderin.
Er begann mit der Vorhaltung, daß ſie nun ſchon
laͤngere Zeit, als dies die Polizeivorſchriften geſtatteten,
hier bei der Alten wohne, ohne ſich einen neuen Dienſt
zu verſchaffen, und fragte dann ziemlich grob: was ſie
denn treibe? was ſie uͤberhaupt hier wolle?
Mathilde erzaͤhlte ihm mit befangener Stimme, auf
welche Weiſe ſie zu der Alten gekommen ſei, und wie
ſie ihr die Koſten ihres Aufenthalts durch haͤusliche Ar¬
beit und Huͤlfleiſtung beim Waſchen erſetzen wolle.
„Das ſind faule Fiſche!“ erwiderte der Polizeibeamte
barſch. „Die Alte hat ſelbſt nichts zu leben und die
Waͤſcherei iſt nur ſo ein fauler Vorwand. Die Vettel
hat ſchon zweimal im Arbeitshaus geſeſſen, und wenn
ſie nicht hier geboren und heimiſch waͤre, wuͤrden wir ſie
ſchon laͤngſt wegtransportirt haben.“ —
Mathilde erſchrak heftig uͤber dieſe Worte. Mit zit¬
ternder Stimme erzaͤhlte ſie nun, wie ſie fruͤher in Kon¬
dition geſtanden, und zeigte das Zeugniß ihrer Wirths¬
herrſchaft uͤber ihre tadelloſe, treue und redliche Fuͤhrung.
„Sie ſelbſt wollten mich gern wieder zu ſich nehmen,“
ſagte ſie feſter in ihrem Selbſtbewußtſein, „aber ich wollte
es nicht eingehen, weil ich mich dann haͤtte von meinem
Kinde trennen muͤſſen.“ —
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