Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die Sünderin. Als die Wirthsleute den Zustand des Mädchens be¬ Bald darauf gebar sie ein Mädchen. Das Kind Die Suͤnderin. Als die Wirthsleute den Zuſtand des Maͤdchens be¬ Bald darauf gebar ſie ein Maͤdchen. Das Kind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0090" n="76"/> <fw place="top" type="header">Die Suͤnderin.<lb/></fw> <p>Als die Wirthsleute den Zuſtand des Maͤdchens be¬<lb/> merkten, waren ſie bemuͤht, ihr denſelben ſo ertraͤglich<lb/> wie moͤglich zu machen. Sie erkannten ſehr wohl, wel¬<lb/> chen Schatz fuͤr ihre Wirthſchaft ſie in dem jungen,<lb/> ſchoͤnen und thaͤtigen Maͤdchen beſaßen, und ſie hofften<lb/> mit Zuverſicht, daß Mathilde nach ihrer Entbindung das<lb/> Kind in fremde Pflege geben und in die Wirthſchaft zu¬<lb/> ruͤckkehren werde. Sie behielten ſie daher ſo lange im<lb/> Hauſe, als es irgend anging, erließen ihr allmaͤhlig jeden<lb/> anſtrengenden Dienſt und pflegten ſie mit der groͤßten<lb/> Aufmerkſamkeit und Ruͤckſicht. Als die Zeit ſo weit<lb/> vorgeruͤckt war, wurde ſie einer alten Frau in Pflege ge¬<lb/> geben, um hier in Ruhe ihre Entbindung abzuwarten.</p><lb/> <p>Bald darauf gebar ſie ein Maͤdchen. Das Kind<lb/> war ſtark und geſund, und auch die Mutter erholte ſich<lb/> ſchnell, ſo daß ihre fruͤhere Herrſchaft ſie bald wieder zu<lb/> beſitzen hoffen konnte. Aber Mathilde war gaͤnzlich um¬<lb/> gewandelt. Es war, als haͤtte in ihrem Innern eine<lb/> Gluth geſchlummert, die ſich jetzt in vollen Flammen<lb/> an einem einzigen Gegenſtand verzehrte. Ihr keuſches<lb/> Herz war ploͤtzlich und deſto maͤchtiger in heißer Liebe er¬<lb/> wacht, und mit aller Kraft und Leidenſchaft derſelben<lb/> umſchloß ſie ihr Kind. Sie betrachtete lachend und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [76/0090]
Die Suͤnderin.
Als die Wirthsleute den Zuſtand des Maͤdchens be¬
merkten, waren ſie bemuͤht, ihr denſelben ſo ertraͤglich
wie moͤglich zu machen. Sie erkannten ſehr wohl, wel¬
chen Schatz fuͤr ihre Wirthſchaft ſie in dem jungen,
ſchoͤnen und thaͤtigen Maͤdchen beſaßen, und ſie hofften
mit Zuverſicht, daß Mathilde nach ihrer Entbindung das
Kind in fremde Pflege geben und in die Wirthſchaft zu¬
ruͤckkehren werde. Sie behielten ſie daher ſo lange im
Hauſe, als es irgend anging, erließen ihr allmaͤhlig jeden
anſtrengenden Dienſt und pflegten ſie mit der groͤßten
Aufmerkſamkeit und Ruͤckſicht. Als die Zeit ſo weit
vorgeruͤckt war, wurde ſie einer alten Frau in Pflege ge¬
geben, um hier in Ruhe ihre Entbindung abzuwarten.
Bald darauf gebar ſie ein Maͤdchen. Das Kind
war ſtark und geſund, und auch die Mutter erholte ſich
ſchnell, ſo daß ihre fruͤhere Herrſchaft ſie bald wieder zu
beſitzen hoffen konnte. Aber Mathilde war gaͤnzlich um¬
gewandelt. Es war, als haͤtte in ihrem Innern eine
Gluth geſchlummert, die ſich jetzt in vollen Flammen
an einem einzigen Gegenſtand verzehrte. Ihr keuſches
Herz war ploͤtzlich und deſto maͤchtiger in heißer Liebe er¬
wacht, und mit aller Kraft und Leidenſchaft derſelben
umſchloß ſie ihr Kind. Sie betrachtete lachend und
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