Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Polizeiliche Ehescheidung. ihrem Gatten im Laufe der Zeit drei Kinder. Sie wareine schlanke hübsche Blondine, voll sittsamer, natürlicher Liebenswürdigkeit, die durch ihr einfaches Wesen Alle, die ihr nahe kamen, fesseln mußte. Ihren Gatten liebte sie mit unaussprechlicher Hingebung, und die Kinder, auf welche Beide ihre ganze Sorgfalt wendeten, befestigten das innige Band des Paares immer mehr. Um diese Zeit erregte eine Arbeit Pauls -- in welcher Art, ist hier gleichgültig -- die Aufmerksamkeit der Polizei. Ganz wie oben die beiden Weiber erzählten, trat eines Morgens ein Polizeibeamter mit vier Gensd'armen in Pauls Woh¬ nung, durchstöberte, obgleich Paul sich zu dem quästio¬ nirten Artikel bekannt hatte, alle Papiere desselben, steckte Briefe und Manuscripte ein und führte Paul mit sich fort. Therese gerieth dabei in die entsetzlichste Angst. Mit Thränen der Verzweiflung fiel sie dem Beamten zu Füßen und beschwor ihn, jede Garantie zu verlangen und ihr nur den Gatten zu lassen. Der Kommissair hob sie artig auf und sagte, daß er nur das Werkzeug einer höhern Macht sei. "Uebrigens," meinte er beruhigend, "würde die Sache In der That wurden auch die Besorgnisse Theresens Polizeiliche Eheſcheidung. ihrem Gatten im Laufe der Zeit drei Kinder. Sie wareine ſchlanke huͤbſche Blondine, voll ſittſamer, natuͤrlicher Liebenswuͤrdigkeit, die durch ihr einfaches Weſen Alle, die ihr nahe kamen, feſſeln mußte. Ihren Gatten liebte ſie mit unausſprechlicher Hingebung, und die Kinder, auf welche Beide ihre ganze Sorgfalt wendeten, befeſtigten das innige Band des Paares immer mehr. Um dieſe Zeit erregte eine Arbeit Pauls — in welcher Art, iſt hier gleichguͤltig — die Aufmerkſamkeit der Polizei. Ganz wie oben die beiden Weiber erzaͤhlten, trat eines Morgens ein Polizeibeamter mit vier Gensd'armen in Pauls Woh¬ nung, durchſtoͤberte, obgleich Paul ſich zu dem quaͤſtio¬ nirten Artikel bekannt hatte, alle Papiere deſſelben, ſteckte Briefe und Manuſcripte ein und fuͤhrte Paul mit ſich fort. Thereſe gerieth dabei in die entſetzlichſte Angſt. Mit Thraͤnen der Verzweiflung fiel ſie dem Beamten zu Fuͤßen und beſchwor ihn, jede Garantie zu verlangen und ihr nur den Gatten zu laſſen. Der Kommiſſair hob ſie artig auf und ſagte, daß er nur das Werkzeug einer hoͤhern Macht ſei. „Uebrigens,“ meinte er beruhigend, „wuͤrde die Sache In der That wurden auch die Beſorgniſſe Thereſens <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="52"/><fw place="top" type="header">Polizeiliche Eheſcheidung.<lb/></fw>ihrem Gatten im Laufe der Zeit drei Kinder. Sie war<lb/> eine ſchlanke huͤbſche Blondine, voll ſittſamer, natuͤrlicher<lb/> Liebenswuͤrdigkeit, die durch ihr einfaches Weſen Alle, die<lb/> ihr nahe kamen, feſſeln mußte. Ihren Gatten liebte ſie<lb/> mit unausſprechlicher Hingebung, und die Kinder, auf<lb/> welche Beide ihre ganze Sorgfalt wendeten, befeſtigten das<lb/> innige Band des Paares immer mehr. Um dieſe Zeit<lb/> erregte eine Arbeit Pauls — in welcher Art, iſt hier<lb/> gleichguͤltig — die Aufmerkſamkeit der Polizei. Ganz<lb/> wie oben die beiden Weiber erzaͤhlten, trat eines Morgens<lb/> ein Polizeibeamter mit vier Gensd'armen in Pauls Woh¬<lb/> nung, durchſtoͤberte, obgleich Paul ſich zu dem quaͤſtio¬<lb/> nirten Artikel bekannt hatte, alle Papiere deſſelben, ſteckte<lb/> Briefe und Manuſcripte ein und fuͤhrte Paul mit ſich<lb/> fort. Thereſe gerieth dabei in die entſetzlichſte Angſt.<lb/> Mit Thraͤnen der Verzweiflung fiel ſie dem Beamten zu<lb/> Fuͤßen und beſchwor ihn, jede Garantie zu verlangen<lb/> und ihr nur den Gatten zu laſſen. Der Kommiſſair<lb/> hob ſie artig auf und ſagte, daß er nur das Werkzeug<lb/> einer hoͤhern Macht ſei.</p><lb/> <p>„Uebrigens,“ meinte er beruhigend, „wuͤrde die Sache<lb/> wohl nicht viel zu bedeuten haben.“ —</p><lb/> <p>In der That wurden auch die Beſorgniſſe Thereſens<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [52/0066]
Polizeiliche Eheſcheidung.
ihrem Gatten im Laufe der Zeit drei Kinder. Sie war
eine ſchlanke huͤbſche Blondine, voll ſittſamer, natuͤrlicher
Liebenswuͤrdigkeit, die durch ihr einfaches Weſen Alle, die
ihr nahe kamen, feſſeln mußte. Ihren Gatten liebte ſie
mit unausſprechlicher Hingebung, und die Kinder, auf
welche Beide ihre ganze Sorgfalt wendeten, befeſtigten das
innige Band des Paares immer mehr. Um dieſe Zeit
erregte eine Arbeit Pauls — in welcher Art, iſt hier
gleichguͤltig — die Aufmerkſamkeit der Polizei. Ganz
wie oben die beiden Weiber erzaͤhlten, trat eines Morgens
ein Polizeibeamter mit vier Gensd'armen in Pauls Woh¬
nung, durchſtoͤberte, obgleich Paul ſich zu dem quaͤſtio¬
nirten Artikel bekannt hatte, alle Papiere deſſelben, ſteckte
Briefe und Manuſcripte ein und fuͤhrte Paul mit ſich
fort. Thereſe gerieth dabei in die entſetzlichſte Angſt.
Mit Thraͤnen der Verzweiflung fiel ſie dem Beamten zu
Fuͤßen und beſchwor ihn, jede Garantie zu verlangen
und ihr nur den Gatten zu laſſen. Der Kommiſſair
hob ſie artig auf und ſagte, daß er nur das Werkzeug
einer hoͤhern Macht ſei.
„Uebrigens,“ meinte er beruhigend, „wuͤrde die Sache
wohl nicht viel zu bedeuten haben.“ —
In der That wurden auch die Beſorgniſſe Thereſens
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