Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Armuth und Verbrechen. vor schon. Kenn' ich sie vielleicht? Etwa eine Be¬kanntschaft von damals, als wir zusammen --" Schenk warf einen zornigen Blick auf seinen Nach¬ "Nun, ereifre Dich nicht!" begütigte der Andere "Wie im Himmel sieht's bei uns aus, wie im Armuth und Verbrechen. vor ſchon. Kenn' ich ſie vielleicht? Etwa eine Be¬kanntſchaft von damals, als wir zuſammen —“ Schenk warf einen zornigen Blick auf ſeinen Nach¬ „Nun, ereifre Dich nicht!“ beguͤtigte der Andere „Wie im Himmel ſieht's bei uns aus, wie im <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044" n="30"/><fw place="top" type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw> vor ſchon. Kenn' ich ſie vielleicht? Etwa eine Be¬<lb/> kanntſchaft von damals, als wir zuſammen —“</p><lb/> <p>Schenk warf einen zornigen Blick auf ſeinen Nach¬<lb/> bar und ſtieß das leere Glas heftig auf den Tiſch.</p><lb/> <p>„Nun, ereifre Dich nicht!“ beguͤtigte der Andere<lb/> ſogleich. „War nur neugierig, wie es eigentlich mit<lb/> Dir ausſieht, ſeit wir auseinander gekommen ſind.“ —</p><lb/> <p>„Wie im Himmel ſieht's bei uns aus, wie im<lb/> Himmel, Will,“ erwiderte Schenk mit wilder Bit¬<lb/> terkeit, „wir eſſen nicht und trinken nicht. Es iſt ein<lb/> herrliches Leben, man genießt die ganze Schoͤpfung,<lb/> man hoͤrt die Voͤgel ſingen, man hat im Sommer die<lb/> ſchoͤne Natur, im Winter das praͤchtige Eis, und braucht<lb/> fuͤr Alles das gar Nichts zu bezahlen. Ich erinnere<lb/> mich, daß der Pfaffe mir fruͤher ſagte, es ſei eine<lb/> Gnade Gottes, daß wir geſchaffen wuͤrden und leben<lb/> duͤrften. Ich wollte das lange nicht einſehen, aber es<lb/> iſt doch wahr, es liegt nur an dem Einzelnen ſelbſt,<lb/> wenn er ſich das Leben verkuͤmmert. Das Leben iſt<lb/> doch umſonſt, wozu ſich da plagen und Sorgen ma¬<lb/> chen? Es koͤmmt am Ende doch auf Eins heraus, ob<lb/> man auf ſeidenen Kiſſen oder allmaͤhlig Hungers ge¬<lb/> ſtorben iſt.“ —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [30/0044]
Armuth und Verbrechen.
vor ſchon. Kenn' ich ſie vielleicht? Etwa eine Be¬
kanntſchaft von damals, als wir zuſammen —“
Schenk warf einen zornigen Blick auf ſeinen Nach¬
bar und ſtieß das leere Glas heftig auf den Tiſch.
„Nun, ereifre Dich nicht!“ beguͤtigte der Andere
ſogleich. „War nur neugierig, wie es eigentlich mit
Dir ausſieht, ſeit wir auseinander gekommen ſind.“ —
„Wie im Himmel ſieht's bei uns aus, wie im
Himmel, Will,“ erwiderte Schenk mit wilder Bit¬
terkeit, „wir eſſen nicht und trinken nicht. Es iſt ein
herrliches Leben, man genießt die ganze Schoͤpfung,
man hoͤrt die Voͤgel ſingen, man hat im Sommer die
ſchoͤne Natur, im Winter das praͤchtige Eis, und braucht
fuͤr Alles das gar Nichts zu bezahlen. Ich erinnere
mich, daß der Pfaffe mir fruͤher ſagte, es ſei eine
Gnade Gottes, daß wir geſchaffen wuͤrden und leben
duͤrften. Ich wollte das lange nicht einſehen, aber es
iſt doch wahr, es liegt nur an dem Einzelnen ſelbſt,
wenn er ſich das Leben verkuͤmmert. Das Leben iſt
doch umſonſt, wozu ſich da plagen und Sorgen ma¬
chen? Es koͤmmt am Ende doch auf Eins heraus, ob
man auf ſeidenen Kiſſen oder allmaͤhlig Hungers ge¬
ſtorben iſt.“ —
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