Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Armuth und Verbrechen. wöhnlich nur bedauert. Im Grunde aber läuft Allesauf dasselbe hinaus. In einer Welt, wo der Besitz das Höchste ist, spekulirt und spielt Jeder, je nach seinem Vermögen, und die gesunde Vernunft dessen, was man ehrlichen Handel nennt, ist nicht minder auf Betrug und Immoralität gebaut, als die Thorheit des Hazardspiels. Als Schenk sein Geld allmählig verschwinden sah, Armuth und Verbrechen. woͤhnlich nur bedauert. Im Grunde aber laͤuft Allesauf daſſelbe hinaus. In einer Welt, wo der Beſitz das Hoͤchſte iſt, ſpekulirt und ſpielt Jeder, je nach ſeinem Vermoͤgen, und die geſunde Vernunft deſſen, was man ehrlichen Handel nennt, iſt nicht minder auf Betrug und Immoralitaͤt gebaut, als die Thorheit des Hazardſpiels. Als Schenk ſein Geld allmaͤhlig verſchwinden ſah, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="10"/><fw place="top" type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw>woͤhnlich nur bedauert. Im Grunde aber laͤuft Alles<lb/> auf daſſelbe hinaus. In einer Welt, wo der Beſitz das<lb/> Hoͤchſte iſt, ſpekulirt und ſpielt Jeder, je nach ſeinem<lb/> Vermoͤgen, und die geſunde Vernunft deſſen, was man<lb/> ehrlichen Handel nennt, iſt nicht minder auf Betrug und<lb/> Immoralitaͤt gebaut, als die Thorheit des Hazardſpiels.</p><lb/> <p>Als Schenk ſein Geld allmaͤhlig verſchwinden ſah,<lb/> gab er ſich den unbeſtimmteſten Hoffnungen hin. Die<lb/> Hoffnung verließ ihn nicht, aber er wußte eigentlich nicht,<lb/> worauf er hoffte. Einmal wollte er ſein Gluͤck im Spiel<lb/> verſuchen, aber der Gedanke, daß er von dem Reſt ſeines<lb/> Geldes noch ſo und ſo viel Tage leben koͤnne, waͤhrend<lb/> er hier vielleicht das Ganze auf einmal einbuͤßen wuͤrde,<lb/> hielt ihn wieder zuruͤck. Es war ihm immer, als wiſſe<lb/> er feſt, daß ſich dieſe Lage doch noch aͤndern werde.<lb/> Wenn er uͤber die Straße ging, ſo blickte er immer<lb/> rechts und links auf das Pflaſter, als ob er etwas Ver¬<lb/> lorenes ſuche. Dieſe Hoffnung war unſinnig, nicht wahr?<lb/> Es war auch keine Hoffnung mehr, es war eine bewußt¬<lb/> loſe Traͤumerei, da ihm die Wirklichkeit nichts mehr bot.<lb/> Bei einem beſtimmten Lebensziel haͤtte er auch nicht<lb/> noͤthig gehabt, auf einen unbeſtimmten Zufall zu war¬<lb/> ten. Der Anblick der vornehmen ſorgenloſen Vergnuͤg¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0024]
Armuth und Verbrechen.
woͤhnlich nur bedauert. Im Grunde aber laͤuft Alles
auf daſſelbe hinaus. In einer Welt, wo der Beſitz das
Hoͤchſte iſt, ſpekulirt und ſpielt Jeder, je nach ſeinem
Vermoͤgen, und die geſunde Vernunft deſſen, was man
ehrlichen Handel nennt, iſt nicht minder auf Betrug und
Immoralitaͤt gebaut, als die Thorheit des Hazardſpiels.
Als Schenk ſein Geld allmaͤhlig verſchwinden ſah,
gab er ſich den unbeſtimmteſten Hoffnungen hin. Die
Hoffnung verließ ihn nicht, aber er wußte eigentlich nicht,
worauf er hoffte. Einmal wollte er ſein Gluͤck im Spiel
verſuchen, aber der Gedanke, daß er von dem Reſt ſeines
Geldes noch ſo und ſo viel Tage leben koͤnne, waͤhrend
er hier vielleicht das Ganze auf einmal einbuͤßen wuͤrde,
hielt ihn wieder zuruͤck. Es war ihm immer, als wiſſe
er feſt, daß ſich dieſe Lage doch noch aͤndern werde.
Wenn er uͤber die Straße ging, ſo blickte er immer
rechts und links auf das Pflaſter, als ob er etwas Ver¬
lorenes ſuche. Dieſe Hoffnung war unſinnig, nicht wahr?
Es war auch keine Hoffnung mehr, es war eine bewußt¬
loſe Traͤumerei, da ihm die Wirklichkeit nichts mehr bot.
Bei einem beſtimmten Lebensziel haͤtte er auch nicht
noͤthig gehabt, auf einen unbeſtimmten Zufall zu war¬
ten. Der Anblick der vornehmen ſorgenloſen Vergnuͤg¬
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