Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Armuth und Verbrechen. Quell des Mißgeschicks des Arbeiters war, betrachteteaber seine Vermittlung als eine Sache der bloßen Mild¬ thätigkeit. Schenk wurde auf den folgenden Tag zu¬ rückbestellt, und als er sich zur bestimmten Stunde einfand, händigte ihm der Kassirer im Namen seines Herrn eine kleine Summe Geldes ein. Als Geschenk zur augenblicklichen Unterstützung war die Summe nicht unbedeutend, allein um Schenk, wie er gehofft hatte, in Stand zu setzen, sich eine Zukunft zu gründen, hätte es vielleicht des Doppelten bedurft. Schenk war daher angewiesen, das Geld allmählig zu verzehren. Der Arme, der nach qualvollem vergeblichem Mühen Armuth und Verbrechen. Quell des Mißgeſchicks des Arbeiters war, betrachteteaber ſeine Vermittlung als eine Sache der bloßen Mild¬ thaͤtigkeit. Schenk wurde auf den folgenden Tag zu¬ ruͤckbeſtellt, und als er ſich zur beſtimmten Stunde einfand, haͤndigte ihm der Kaſſirer im Namen ſeines Herrn eine kleine Summe Geldes ein. Als Geſchenk zur augenblicklichen Unterſtuͤtzung war die Summe nicht unbedeutend, allein um Schenk, wie er gehofft hatte, in Stand zu ſetzen, ſich eine Zukunft zu gruͤnden, haͤtte es vielleicht des Doppelten bedurft. Schenk war daher angewieſen, das Geld allmaͤhlig zu verzehren. Der Arme, der nach qualvollem vergeblichem Muͤhen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0023" n="9"/><fw place="top" type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw> Quell des Mißgeſchicks des Arbeiters war, betrachtete<lb/> aber ſeine Vermittlung als eine Sache der bloßen Mild¬<lb/> thaͤtigkeit. Schenk wurde auf den folgenden Tag zu¬<lb/> ruͤckbeſtellt, und als er ſich zur beſtimmten Stunde<lb/> einfand, haͤndigte ihm der Kaſſirer im Namen ſeines<lb/> Herrn eine kleine Summe Geldes ein. Als Geſchenk<lb/> zur augenblicklichen Unterſtuͤtzung war die Summe nicht<lb/> unbedeutend, allein um Schenk, wie er gehofft hatte,<lb/> in Stand zu ſetzen, ſich eine Zukunft zu gruͤnden, haͤtte<lb/> es vielleicht des Doppelten bedurft. Schenk war daher<lb/> angewieſen, das Geld allmaͤhlig zu verzehren.</p><lb/> <p>Der Arme, der nach qualvollem vergeblichem Muͤhen<lb/> rettungslos im Jammer ſeines Elends ſitzt und taͤglich<lb/> die Gluͤcklichen im Glanz ihres ererbten Reichthums<lb/> ſieht, giebt ſich gewoͤhnlich den thoͤrichten Hoffnungen<lb/> auf den unwahrſcheinlichſten, entfernteſt liegenden Zufall<lb/> hin, welche die kaltbluͤtigen reichen Spekulanten wahn¬<lb/> ſinnig nennen werden. Wenn der Arme ſeine letzte Hoff¬<lb/> nung auf eine Nummer des Bankhalters ſetzt, ſo ſchilt<lb/> ihn die geſunde Vernunft einen veraͤchtlichen Thoren,<lb/> indem ſie ihm das Betruͤgeriſche und Unmoraliſche des<lb/> Spiels auseinanderſetzt. Der reiche Kaufmann, der in<lb/> einer Handelskriſe ſeinen ganzen Beſitz verliert, wird ge¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0023]
Armuth und Verbrechen.
Quell des Mißgeſchicks des Arbeiters war, betrachtete
aber ſeine Vermittlung als eine Sache der bloßen Mild¬
thaͤtigkeit. Schenk wurde auf den folgenden Tag zu¬
ruͤckbeſtellt, und als er ſich zur beſtimmten Stunde
einfand, haͤndigte ihm der Kaſſirer im Namen ſeines
Herrn eine kleine Summe Geldes ein. Als Geſchenk
zur augenblicklichen Unterſtuͤtzung war die Summe nicht
unbedeutend, allein um Schenk, wie er gehofft hatte,
in Stand zu ſetzen, ſich eine Zukunft zu gruͤnden, haͤtte
es vielleicht des Doppelten bedurft. Schenk war daher
angewieſen, das Geld allmaͤhlig zu verzehren.
Der Arme, der nach qualvollem vergeblichem Muͤhen
rettungslos im Jammer ſeines Elends ſitzt und taͤglich
die Gluͤcklichen im Glanz ihres ererbten Reichthums
ſieht, giebt ſich gewoͤhnlich den thoͤrichten Hoffnungen
auf den unwahrſcheinlichſten, entfernteſt liegenden Zufall
hin, welche die kaltbluͤtigen reichen Spekulanten wahn¬
ſinnig nennen werden. Wenn der Arme ſeine letzte Hoff¬
nung auf eine Nummer des Bankhalters ſetzt, ſo ſchilt
ihn die geſunde Vernunft einen veraͤchtlichen Thoren,
indem ſie ihm das Betruͤgeriſche und Unmoraliſche des
Spiels auseinanderſetzt. Der reiche Kaufmann, der in
einer Handelskriſe ſeinen ganzen Beſitz verliert, wird ge¬
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