Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Das Unvermeidliche. In Arthurs Seele war tief und unvergeßlich das "Wenn ich ihn sterben sehen könnte, einsam, verlas¬ Das Unvermeidliche. In Arthurs Seele war tief und unvergeßlich das „Wenn ich ihn ſterben ſehen koͤnnte, einſam, verlaſ¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0183" n="169"/> <fw place="top" type="header">Das Unvermeidliche.<lb/></fw> <p>In Arthurs Seele war tief und unvergeßlich das<lb/> Bild ſeiner ſterbenden Mutter eingegraben, und bei allen<lb/> Schritten, in allen Traͤumen ſtand vor ſeinem Geiſte<lb/> jener erſchuͤtternde Anblick, wo ſie ringend, im Tode<lb/> noch nach ihrem Gatten geſeufzt hatte. Aber auch eben<lb/> ſo tief und unvergeßlich ſtand daneben das Andenken an<lb/> den Mann, der ihr den letzten, ſtillen Troſt ihrer Sterbe¬<lb/> ſtunde mit boshaftem Frevelmuth geraubt hatte. Er<lb/> ſuchte umſonſt dies geiſterhafte, ſtarre Bild mit den ge¬<lb/> ſpenſtiſchen Augen und den unheimlichen Falten aus ſei¬<lb/> nem Innern zu verwiſchen, immer wieder glaubte er den<lb/> grauenhaften, glanzloſen Blick auf ſich gerichtet zu ſehen<lb/> und die Dolchſtiche der langſamen eintoͤnigen Worte zu<lb/> vernehmen. Der Haß gegen dieſen Mann ſtieg in ihm,<lb/> je mehr er ſich von ihm losreißen wollte.</p><lb/> <p>„Wenn ich ihn ſterben ſehen koͤnnte, einſam, verlaſ¬<lb/> ſen, verflucht ſterben, in wilder Qual, tauſendfach groͤ¬<lb/> ßer als die meiner ungluͤcklichen Mutter!“ ſagte er oͤfter<lb/> bei ſich. „Wenn ich ihn ſehen koͤnnte im Todeskampf, wie<lb/> er vergebens wimmernd die Haͤnde ausſtreckte, wie ihn<lb/> kein liebender Mund troͤſtete, keine zitternde Hand auf¬<lb/> richtete, und er im Angſtſchweiß ſeiner verzweifelnden<lb/> Seele allein, in wahnſinniger Einſamkeit daniederſaͤnke.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [169/0183]
Das Unvermeidliche.
In Arthurs Seele war tief und unvergeßlich das
Bild ſeiner ſterbenden Mutter eingegraben, und bei allen
Schritten, in allen Traͤumen ſtand vor ſeinem Geiſte
jener erſchuͤtternde Anblick, wo ſie ringend, im Tode
noch nach ihrem Gatten geſeufzt hatte. Aber auch eben
ſo tief und unvergeßlich ſtand daneben das Andenken an
den Mann, der ihr den letzten, ſtillen Troſt ihrer Sterbe¬
ſtunde mit boshaftem Frevelmuth geraubt hatte. Er
ſuchte umſonſt dies geiſterhafte, ſtarre Bild mit den ge¬
ſpenſtiſchen Augen und den unheimlichen Falten aus ſei¬
nem Innern zu verwiſchen, immer wieder glaubte er den
grauenhaften, glanzloſen Blick auf ſich gerichtet zu ſehen
und die Dolchſtiche der langſamen eintoͤnigen Worte zu
vernehmen. Der Haß gegen dieſen Mann ſtieg in ihm,
je mehr er ſich von ihm losreißen wollte.
„Wenn ich ihn ſterben ſehen koͤnnte, einſam, verlaſ¬
ſen, verflucht ſterben, in wilder Qual, tauſendfach groͤ¬
ßer als die meiner ungluͤcklichen Mutter!“ ſagte er oͤfter
bei ſich. „Wenn ich ihn ſehen koͤnnte im Todeskampf, wie
er vergebens wimmernd die Haͤnde ausſtreckte, wie ihn
kein liebender Mund troͤſtete, keine zitternde Hand auf¬
richtete, und er im Angſtſchweiß ſeiner verzweifelnden
Seele allein, in wahnſinniger Einſamkeit daniederſaͤnke.
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