Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die vorgesetzte Dienstbehörde. Der Muth einer Meinung ist immer achtungswerth, unddas Bischen Verfolgung trifft seine Sache nicht. -- Wenn Sie es aber für Thorheit erachten, daß er allein mit der Wahrheit beim Volke durchzudringen hofft, so mögen Sie Recht haben. Die Wahrheit selbst ist den Leuten gleichgültig, ja sie fürchten sich sogar davor. Bei der Erziehung schon suchen die Aeltern ihre Kinder ängst¬ lich vor solchen Meinungen zu hüten, die sie doch in ihrem Innern als die einzig auf Wahrheit beruhenden erkennen, blos weil dieselben mit den herrschenden An¬ sichten in Widerspruch stehen. Diese Feigheit ist die noth¬ wendige Folge gewisser demoralisirenden Einrichtungen. Wo die Wahrheit aber wirklich mit den Massen durch¬ gedrungen ist, waren es immer nur andere äußere Ver¬ hältnisse, die den Kampf veranlaßten. Für die bloße Wahrheit tritt selten ein Volk, am wenigsten das unsre, thätlich in die Schranken." -- "Da sieht man die echten Politiker," sagte die "Und wir Andern haben noch gar nicht einmal er¬ Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde. Der Muth einer Meinung iſt immer achtungswerth, unddas Biſchen Verfolgung trifft ſeine Sache nicht. — Wenn Sie es aber fuͤr Thorheit erachten, daß er allein mit der Wahrheit beim Volke durchzudringen hofft, ſo moͤgen Sie Recht haben. Die Wahrheit ſelbſt iſt den Leuten gleichguͤltig, ja ſie fuͤrchten ſich ſogar davor. Bei der Erziehung ſchon ſuchen die Aeltern ihre Kinder aͤngſt¬ lich vor ſolchen Meinungen zu huͤten, die ſie doch in ihrem Innern als die einzig auf Wahrheit beruhenden erkennen, blos weil dieſelben mit den herrſchenden An¬ ſichten in Widerſpruch ſtehen. Dieſe Feigheit iſt die noth¬ wendige Folge gewiſſer demoraliſirenden Einrichtungen. Wo die Wahrheit aber wirklich mit den Maſſen durch¬ gedrungen iſt, waren es immer nur andere aͤußere Ver¬ haͤltniſſe, die den Kampf veranlaßten. Fuͤr die bloße Wahrheit tritt ſelten ein Volk, am wenigſten das unſre, thaͤtlich in die Schranken.“ — „Da ſieht man die echten Politiker,“ ſagte die „Und wir Andern haben noch gar nicht einmal er¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0135" n="121"/><fw place="top" type="header">Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.<lb/></fw> Der Muth einer Meinung iſt immer achtungswerth, und<lb/> das Biſchen Verfolgung trifft <hi rendition="#g">ſeine</hi> Sache nicht. —<lb/> Wenn Sie es aber fuͤr Thorheit erachten, daß er allein<lb/> mit der Wahrheit beim Volke durchzudringen hofft, ſo<lb/> moͤgen Sie Recht haben. Die Wahrheit ſelbſt iſt den<lb/> Leuten gleichguͤltig, ja ſie fuͤrchten ſich ſogar davor. Bei<lb/> der Erziehung ſchon ſuchen die Aeltern ihre Kinder aͤngſt¬<lb/> lich vor ſolchen Meinungen zu huͤten, die ſie doch in<lb/> ihrem Innern als die einzig auf Wahrheit beruhenden<lb/> erkennen, blos weil dieſelben mit den herrſchenden An¬<lb/> ſichten in Widerſpruch ſtehen. Dieſe Feigheit iſt die noth¬<lb/> wendige Folge gewiſſer demoraliſirenden Einrichtungen.<lb/> Wo die Wahrheit aber wirklich mit den Maſſen durch¬<lb/> gedrungen iſt, waren es immer nur andere aͤußere Ver¬<lb/> haͤltniſſe, die den Kampf veranlaßten. Fuͤr die bloße<lb/> Wahrheit tritt ſelten ein Volk, am wenigſten das unſre,<lb/> thaͤtlich in die Schranken.“ —</p><lb/> <p>„Da ſieht man die echten Politiker,“ ſagte die<lb/> Hausfrau, ſich an den Tiſch ſetzend. „Kaum hat man<lb/> den Ruͤcken gewendet, ſo liegen ſie auch ſchon in<lb/> Hader.“</p><lb/> <p>„Und wir Andern haben noch gar nicht einmal er¬<lb/> fahren, was denn dem Doktor geſchehen iſt, und wes¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [121/0135]
Die vorgeſetzte Dienſtbehoͤrde.
Der Muth einer Meinung iſt immer achtungswerth, und
das Biſchen Verfolgung trifft ſeine Sache nicht. —
Wenn Sie es aber fuͤr Thorheit erachten, daß er allein
mit der Wahrheit beim Volke durchzudringen hofft, ſo
moͤgen Sie Recht haben. Die Wahrheit ſelbſt iſt den
Leuten gleichguͤltig, ja ſie fuͤrchten ſich ſogar davor. Bei
der Erziehung ſchon ſuchen die Aeltern ihre Kinder aͤngſt¬
lich vor ſolchen Meinungen zu huͤten, die ſie doch in
ihrem Innern als die einzig auf Wahrheit beruhenden
erkennen, blos weil dieſelben mit den herrſchenden An¬
ſichten in Widerſpruch ſtehen. Dieſe Feigheit iſt die noth¬
wendige Folge gewiſſer demoraliſirenden Einrichtungen.
Wo die Wahrheit aber wirklich mit den Maſſen durch¬
gedrungen iſt, waren es immer nur andere aͤußere Ver¬
haͤltniſſe, die den Kampf veranlaßten. Fuͤr die bloße
Wahrheit tritt ſelten ein Volk, am wenigſten das unſre,
thaͤtlich in die Schranken.“ —
„Da ſieht man die echten Politiker,“ ſagte die
Hausfrau, ſich an den Tiſch ſetzend. „Kaum hat man
den Ruͤcken gewendet, ſo liegen ſie auch ſchon in
Hader.“
„Und wir Andern haben noch gar nicht einmal er¬
fahren, was denn dem Doktor geſchehen iſt, und wes¬
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