Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

auch zu ihrer Ehre das Recht haben, eben so mit dem
von der weltlichen Obrigkeit überführten Meineidi-
gen oder Diebe zu verfahren? und könnte der Staat
nicht wünschen, daß dis geschehe? Wirklich ohne so
etwas wird diese Schwierigkeit, die ich gegen Bürger
rechte der Juden erwähnt habe, immer groß bleiben:
aber wenn sie, wie die Quaker in England wegen
der gerichtlichen Lüge, also sie wegen Meineides und
Dieberey alle für Einen stehen müßten, so wäre der
Zweifel gehoben. Nur diese Bedingung möchte zu
hart seyn: aber die gelindere, die uns ehrliche Ju-
den ins Land bringen, und die Sitten des Volkes
wirklich bessern würde, wäre diese; diejenigen jüdi-
schen Gemeinen, die Bürgerrechte erlangen, schlies-
sen jeden aus ihrer bürgerlichen und kirchlichen Ge-
meinschaft aus, der einen falschen Eid gethan, oder
an einem Diebstahl, mittelbar oder unmittelbar An-
theil genommen hat, halten ihn für keinen Juden,
und haben keine Gemeinschaft mit ihm. Dis wäre
das gerade entgegengesetzte dessen, was selbst die
blosse Duldung der Juden in manchen kleinen Herr-
schaften Deutschlands den Unterthanen so fürchter-
lich macht: sie beklagen sich, diese Juden, (gemei-
niglich Arme, doch bisweilen ein Reichgeworde-
ner darunter) wären Mitglieder oder Absetzer der

Spitz-

auch zu ihrer Ehre das Recht haben, eben ſo mit dem
von der weltlichen Obrigkeit uͤberfuͤhrten Meineidi-
gen oder Diebe zu verfahren? und koͤnnte der Staat
nicht wuͤnſchen, daß dis geſchehe? Wirklich ohne ſo
etwas wird dieſe Schwierigkeit, die ich gegen Buͤrger
rechte der Juden erwaͤhnt habe, immer groß bleiben:
aber wenn ſie, wie die Quaker in England wegen
der gerichtlichen Luͤge, alſo ſie wegen Meineides und
Dieberey alle fuͤr Einen ſtehen muͤßten, ſo waͤre der
Zweifel gehoben. Nur dieſe Bedingung moͤchte zu
hart ſeyn: aber die gelindere, die uns ehrliche Ju-
den ins Land bringen, und die Sitten des Volkes
wirklich beſſern wuͤrde, waͤre dieſe; diejenigen juͤdi-
ſchen Gemeinen, die Buͤrgerrechte erlangen, ſchlieſ-
ſen jeden aus ihrer buͤrgerlichen und kirchlichen Ge-
meinſchaft aus, der einen falſchen Eid gethan, oder
an einem Diebſtahl, mittelbar oder unmittelbar An-
theil genommen hat, halten ihn fuͤr keinen Juden,
und haben keine Gemeinſchaft mit ihm. Dis waͤre
das gerade entgegengeſetzte deſſen, was ſelbſt die
bloſſe Duldung der Juden in manchen kleinen Herr-
ſchaften Deutſchlands den Unterthanen ſo fuͤrchter-
lich macht: ſie beklagen ſich, dieſe Juden, (gemei-
niglich Arme, doch bisweilen ein Reichgeworde-
ner darunter) waͤren Mitglieder oder Abſetzer der

Spitz-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="86"/>
auch zu ihrer Ehre das Recht haben, eben &#x017F;o mit dem<lb/>
von der weltlichen Obrigkeit u&#x0364;berfu&#x0364;hrten Meineidi-<lb/>
gen oder Diebe zu verfahren? und ko&#x0364;nnte der Staat<lb/>
nicht wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß dis ge&#x017F;chehe? Wirklich ohne &#x017F;o<lb/>
etwas wird die&#x017F;e Schwierigkeit, die ich gegen Bu&#x0364;rger<lb/>
rechte der Juden erwa&#x0364;hnt habe, immer groß bleiben:<lb/>
aber wenn &#x017F;ie, wie die Quaker in England wegen<lb/>
der gerichtlichen Lu&#x0364;ge, al&#x017F;o &#x017F;ie wegen Meineides und<lb/>
Dieberey alle fu&#x0364;r Einen &#x017F;tehen mu&#x0364;ßten, &#x017F;o wa&#x0364;re der<lb/>
Zweifel gehoben. Nur die&#x017F;e Bedingung mo&#x0364;chte zu<lb/>
hart &#x017F;eyn: aber die gelindere, die uns ehrliche Ju-<lb/>
den ins Land bringen, und die Sitten des Volkes<lb/>
wirklich be&#x017F;&#x017F;ern wu&#x0364;rde, wa&#x0364;re die&#x017F;e; diejenigen ju&#x0364;di-<lb/>
&#x017F;chen Gemeinen, die Bu&#x0364;rgerrechte erlangen, &#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en jeden aus ihrer bu&#x0364;rgerlichen und kirchlichen Ge-<lb/>
mein&#x017F;chaft aus, der einen fal&#x017F;chen Eid gethan, oder<lb/>
an einem Dieb&#x017F;tahl, mittelbar oder unmittelbar An-<lb/>
theil genommen hat, halten ihn fu&#x0364;r keinen Juden,<lb/>
und haben keine Gemein&#x017F;chaft mit ihm. Dis wa&#x0364;re<lb/>
das gerade entgegenge&#x017F;etzte de&#x017F;&#x017F;en, was &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;e Duldung der Juden in manchen kleinen Herr-<lb/>
&#x017F;chaften Deut&#x017F;chlands den Unterthanen &#x017F;o fu&#x0364;rchter-<lb/>
lich macht: &#x017F;ie beklagen &#x017F;ich, die&#x017F;e Juden, (gemei-<lb/>
niglich Arme, doch bisweilen ein Reichgeworde-<lb/>
ner darunter) wa&#x0364;ren Mitglieder oder Ab&#x017F;etzer der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Spitz-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0094] auch zu ihrer Ehre das Recht haben, eben ſo mit dem von der weltlichen Obrigkeit uͤberfuͤhrten Meineidi- gen oder Diebe zu verfahren? und koͤnnte der Staat nicht wuͤnſchen, daß dis geſchehe? Wirklich ohne ſo etwas wird dieſe Schwierigkeit, die ich gegen Buͤrger rechte der Juden erwaͤhnt habe, immer groß bleiben: aber wenn ſie, wie die Quaker in England wegen der gerichtlichen Luͤge, alſo ſie wegen Meineides und Dieberey alle fuͤr Einen ſtehen muͤßten, ſo waͤre der Zweifel gehoben. Nur dieſe Bedingung moͤchte zu hart ſeyn: aber die gelindere, die uns ehrliche Ju- den ins Land bringen, und die Sitten des Volkes wirklich beſſern wuͤrde, waͤre dieſe; diejenigen juͤdi- ſchen Gemeinen, die Buͤrgerrechte erlangen, ſchlieſ- ſen jeden aus ihrer buͤrgerlichen und kirchlichen Ge- meinſchaft aus, der einen falſchen Eid gethan, oder an einem Diebſtahl, mittelbar oder unmittelbar An- theil genommen hat, halten ihn fuͤr keinen Juden, und haben keine Gemeinſchaft mit ihm. Dis waͤre das gerade entgegengeſetzte deſſen, was ſelbſt die bloſſe Duldung der Juden in manchen kleinen Herr- ſchaften Deutſchlands den Unterthanen ſo fuͤrchter- lich macht: ſie beklagen ſich, dieſe Juden, (gemei- niglich Arme, doch bisweilen ein Reichgeworde- ner darunter) waͤren Mitglieder oder Abſetzer der Spitz-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/94
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/94>, abgerufen am 06.05.2024.