Weil sie aber nichts in die orientalische Litteratur einschlagendes neues enthält, oder enthalten kann, wird man hier keine eigentliche Recension erwarten, sondern sie selbst lesen. Doch einen die Hauptsache betreffenden Mendelssohnischen Gedanken, der sehr von Herrn Dohm abgehet, kann ich nicht unbemerkt lassen. Herr Dohm rechnete zur Autonomie, die er den Juden eingeräumt wissen wollte, auch die kirch- liche, insonderheit dieses, daß sie das Recht der Ausschliessung auf gewisse Zeiten, oder auf im- mer haben, und im Fall der Widersetzung das Erkenntniß des Rabbinen durch obrigkeitliche Beyhülfe unterstützt werden sollte. Dis ver- langt nun Mendelssohn nicht allein nicht für sie, son- dern glaubt, es gebe gar keine solche kirchlichen Rech- te überhaupt, (der Nahme klingt ihm schon unver- ständlich) jede Gesellschaft habe das Recht der Aus- schliessung, nur die kirchliche nicht, die solle nieman- den versagen, an der gemeinschaftlichen Erbauung, und Unterricht Theil zu nehmen, dis sey ja Besse- rungsmittel für ihn. Er setzt noch hinzu: auch einer, der nicht alles glaubt, was die Kirche annimmt, wolle doch nicht gern ohne alle äusserliche Religion seyn, ja es könne Schimpf kaum so ganz davon ge- trennet werden. -- -- In die Frage, ob es über-
haupt
Weil ſie aber nichts in die orientaliſche Litteratur einſchlagendes neues enthaͤlt, oder enthalten kann, wird man hier keine eigentliche Recenſion erwarten, ſondern ſie ſelbſt leſen. Doch einen die Hauptſache betreffenden Mendelsſohniſchen Gedanken, der ſehr von Herrn Dohm abgehet, kann ich nicht unbemerkt laſſen. Herr Dohm rechnete zur Autonomie, die er den Juden eingeraͤumt wiſſen wollte, auch die kirch- liche, inſonderheit dieſes, daß ſie das Recht der Ausſchlieſſung auf gewiſſe Zeiten, oder auf im- mer haben, und im Fall der Widerſetzung das Erkenntniß des Rabbinen durch obrigkeitliche Beyhuͤlfe unterſtuͤtzt werden ſollte. Dis ver- langt nun Mendelsſohn nicht allein nicht fuͤr ſie, ſon- dern glaubt, es gebe gar keine ſolche kirchlichen Rech- te uͤberhaupt, (der Nahme klingt ihm ſchon unver- ſtaͤndlich) jede Geſellſchaft habe das Recht der Aus- ſchlieſſung, nur die kirchliche nicht, die ſolle nieman- den verſagen, an der gemeinſchaftlichen Erbauung, und Unterricht Theil zu nehmen, dis ſey ja Beſſe- rungsmittel fuͤr ihn. Er ſetzt noch hinzu: auch einer, der nicht alles glaubt, was die Kirche annimmt, wolle doch nicht gern ohne alle aͤuſſerliche Religion ſeyn, ja es koͤnne Schimpf kaum ſo ganz davon ge- trennet werden. — — In die Frage, ob es uͤber-
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Weil ſie aber nichts in die orientaliſche Litteratur
einſchlagendes neues enthaͤlt, oder enthalten kann,
wird man hier keine eigentliche Recenſion erwarten,
ſondern ſie ſelbſt leſen. Doch einen die Hauptſache
betreffenden Mendelsſohniſchen Gedanken, der ſehr
von Herrn Dohm abgehet, kann ich nicht unbemerkt
laſſen. Herr Dohm rechnete zur Autonomie, die er
den Juden eingeraͤumt wiſſen wollte, auch die kirch-
liche, inſonderheit dieſes, daß ſie das Recht der
Ausſchlieſſung auf gewiſſe Zeiten, oder auf im-
mer haben, und im Fall der Widerſetzung das
Erkenntniß des Rabbinen durch obrigkeitliche
Beyhuͤlfe unterſtuͤtzt werden ſollte. Dis ver-
langt nun Mendelsſohn nicht allein nicht fuͤr ſie, ſon-
dern glaubt, es gebe gar keine ſolche kirchlichen Rech-
te uͤberhaupt, (der Nahme klingt ihm ſchon unver-
ſtaͤndlich) jede Geſellſchaft habe das Recht der Aus-
ſchlieſſung, nur die kirchliche nicht, die ſolle nieman-
den verſagen, an der gemeinſchaftlichen Erbauung,
und Unterricht Theil zu nehmen, dis ſey ja Beſſe-
rungsmittel fuͤr ihn. Er ſetzt noch hinzu: auch einer,
der nicht alles glaubt, was die Kirche annimmt,
wolle doch nicht gern ohne alle aͤuſſerliche Religion
ſeyn, ja es koͤnne Schimpf kaum ſo ganz davon ge-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/88>, abgerufen am 24.11.2024.
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