Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Wenn Herr D. hingegen den Juden auch erlau-
ben will, Aecker zu kaufen, so denke ich anders, weil
dadurch die Anzahl deutscher Bauren, aus denen wir
die besten Soldaten haben, gemindert, und der Staat
geschwächet würde: ferner auch darin, wenn er sie
mit unsern Bauren vermischt in einerley Dörfern
wohnen lassen will. In den drey bis vier Genera-
tionen, in denen der arme Jude noch nicht gebessert
ist, kommt mir diese Nachbarschaft als Unrecht ge-
gen unsern Bauren, den natürlichen Vertheidiger
und Macht des Staats, vor.

Wegen der Wissenschaften, die insgesammt den
Juden, wie allen freyen Menschen, auch als Ge-
werbe offen seyn sollen, verstehe ich Herrn D. nicht
völlig. Mich dünkt, hier haben sie schon alles, was
sie nur wünschen können, und ich weiß nicht was er
selbst noch hinzuthun wollte. Medicin, Philosophie,
Physic, Mathesis sind ihnen ja auf keine Weise ver-
schlossen, die erste üben viele Juden, auch unter dem
academischen Titel Doctor, oder einem noch höhern;
unsere Rechtsgelehrsamkeit ist keine Wissenschaft für
sie, denn dem Bürger wird Herr D. nicht ein aus-
wärtiges Volk zum Richter geben wollen, da er selbst
mit Recht darauf dringet, daß die Juden in ihren
Streitigkeiten unter einander, von Rabbinen nach

eige-

Wenn Herr D. hingegen den Juden auch erlau-
ben will, Aecker zu kaufen, ſo denke ich anders, weil
dadurch die Anzahl deutſcher Bauren, aus denen wir
die beſten Soldaten haben, gemindert, und der Staat
geſchwaͤchet wuͤrde: ferner auch darin, wenn er ſie
mit unſern Bauren vermiſcht in einerley Doͤrfern
wohnen laſſen will. In den drey bis vier Genera-
tionen, in denen der arme Jude noch nicht gebeſſert
iſt, kommt mir dieſe Nachbarſchaft als Unrecht ge-
gen unſern Bauren, den natuͤrlichen Vertheidiger
und Macht des Staats, vor.

Wegen der Wiſſenſchaften, die insgeſammt den
Juden, wie allen freyen Menſchen, auch als Ge-
werbe offen ſeyn ſollen, verſtehe ich Herrn D. nicht
voͤllig. Mich duͤnkt, hier haben ſie ſchon alles, was
ſie nur wuͤnſchen koͤnnen, und ich weiß nicht was er
ſelbſt noch hinzuthun wollte. Medicin, Philoſophie,
Phyſic, Matheſis ſind ihnen ja auf keine Weiſe ver-
ſchloſſen, die erſte uͤben viele Juden, auch unter dem
academiſchen Titel Doctor, oder einem noch hoͤhern;
unſere Rechtsgelehrſamkeit iſt keine Wiſſenſchaft fuͤr
ſie, denn dem Buͤrger wird Herr D. nicht ein aus-
waͤrtiges Volk zum Richter geben wollen, da er ſelbſt
mit Recht darauf dringet, daß die Juden in ihren
Streitigkeiten unter einander, von Rabbinen nach

eige-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0066" n="58"/>
        <p>Wenn Herr D. hingegen den Juden auch erlau-<lb/>
ben will, Aecker zu kaufen, &#x017F;o denke ich anders, weil<lb/>
dadurch die Anzahl deut&#x017F;cher Bauren, aus denen wir<lb/>
die be&#x017F;ten Soldaten haben, gemindert, und der Staat<lb/>
ge&#x017F;chwa&#x0364;chet wu&#x0364;rde: ferner auch darin, wenn er &#x017F;ie<lb/>
mit un&#x017F;ern Bauren vermi&#x017F;cht in einerley Do&#x0364;rfern<lb/>
wohnen la&#x017F;&#x017F;en will. In den drey bis vier Genera-<lb/>
tionen, in denen der arme Jude noch nicht gebe&#x017F;&#x017F;ert<lb/>
i&#x017F;t, kommt mir die&#x017F;e Nachbar&#x017F;chaft als Unrecht ge-<lb/>
gen un&#x017F;ern Bauren, den natu&#x0364;rlichen Vertheidiger<lb/>
und Macht des Staats, vor.</p><lb/>
        <p>Wegen der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften, die insge&#x017F;ammt den<lb/>
Juden, wie allen freyen Men&#x017F;chen, auch als Ge-<lb/>
werbe offen &#x017F;eyn &#x017F;ollen, ver&#x017F;tehe ich Herrn D. nicht<lb/>
vo&#x0364;llig. Mich du&#x0364;nkt, hier haben &#x017F;ie &#x017F;chon alles, was<lb/>
&#x017F;ie nur wu&#x0364;n&#x017F;chen ko&#x0364;nnen, und ich weiß nicht was er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t noch hinzuthun wollte. Medicin, Philo&#x017F;ophie,<lb/>
Phy&#x017F;ic, Mathe&#x017F;is &#x017F;ind ihnen ja auf keine Wei&#x017F;e ver-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, die er&#x017F;te u&#x0364;ben viele Juden, auch unter dem<lb/>
academi&#x017F;chen Titel Doctor, oder einem noch ho&#x0364;hern;<lb/>
un&#x017F;ere Rechtsgelehr&#x017F;amkeit i&#x017F;t keine Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;ie, denn dem Bu&#x0364;rger wird Herr D. nicht ein aus-<lb/>
wa&#x0364;rtiges Volk zum Richter geben wollen, da er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mit Recht darauf dringet, daß die Juden in ihren<lb/>
Streitigkeiten unter einander, von Rabbinen nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eige-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0066] Wenn Herr D. hingegen den Juden auch erlau- ben will, Aecker zu kaufen, ſo denke ich anders, weil dadurch die Anzahl deutſcher Bauren, aus denen wir die beſten Soldaten haben, gemindert, und der Staat geſchwaͤchet wuͤrde: ferner auch darin, wenn er ſie mit unſern Bauren vermiſcht in einerley Doͤrfern wohnen laſſen will. In den drey bis vier Genera- tionen, in denen der arme Jude noch nicht gebeſſert iſt, kommt mir dieſe Nachbarſchaft als Unrecht ge- gen unſern Bauren, den natuͤrlichen Vertheidiger und Macht des Staats, vor. Wegen der Wiſſenſchaften, die insgeſammt den Juden, wie allen freyen Menſchen, auch als Ge- werbe offen ſeyn ſollen, verſtehe ich Herrn D. nicht voͤllig. Mich duͤnkt, hier haben ſie ſchon alles, was ſie nur wuͤnſchen koͤnnen, und ich weiß nicht was er ſelbſt noch hinzuthun wollte. Medicin, Philoſophie, Phyſic, Matheſis ſind ihnen ja auf keine Weiſe ver- ſchloſſen, die erſte uͤben viele Juden, auch unter dem academiſchen Titel Doctor, oder einem noch hoͤhern; unſere Rechtsgelehrſamkeit iſt keine Wiſſenſchaft fuͤr ſie, denn dem Buͤrger wird Herr D. nicht ein aus- waͤrtiges Volk zum Richter geben wollen, da er ſelbſt mit Recht darauf dringet, daß die Juden in ihren Streitigkeiten unter einander, von Rabbinen nach eige-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/66
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/66>, abgerufen am 22.11.2024.