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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

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"Arbeiten finden würde. Ja ich würde ohne Be-
"denken den für wahnsinnig erklärt haben, der mir
"vor 20 Jahren so etwas hätte voraussagen wollen.
"Hat also der Kaiser auch mit diesen sogenannten
"Deisten (wie es freylich nicht zu läugnen ist)
"nicht so verfahren, wie es geschehn seyn wür-
"de -- wenn unsere Zeit schon reif genug wäre,
"um nicht mehr Toleranz, sondern allgemeines
"Recht der Gewissen
einzuführen; so seyn Sie
"gewiß versichert, daß Er nach den Umständen
"nicht anders hat handeln können. Soviel kann
"ich Ihnen auch versichern, daß diese Leute bloß
"aus ihrem Vaterlande nach Ungarn, Siebenbür-
"gen, Gallizien, der Bukowina, transportirt und
"von einander getrennt aber übrigens im mindsten
"nicht übel behandelt sind. Alles, was weiter in
"den Zeitungen gesagt worden, ist falsch. Das
"Vermögen dieser Menschen ist gar nicht confiscirt,
"sondern ihren Kindern unter 15 Jahren, oder in
"Ermangelung derselben den nächsten Erben zuer-
"kannt worden. Nur die Dienstfähigen sind zum
"Soldatendienst angehalten, die Alten, Weiber und
"Kinder aber sind von dem militärischem Departe-
"ment verpflegt, zum Theil als Krankenwärter und
"zu andern Geschäften bestellt, andere aber, beson-
"ders die unverheyrathete Weibspersonen, bis sie
"einen Dienst gefunden, unentgeltlich erhalten wor-

"den.
A a 2

„Arbeiten finden wuͤrde. Ja ich wuͤrde ohne Be-
„denken den fuͤr wahnſinnig erklaͤrt haben, der mir
„vor 20 Jahren ſo etwas haͤtte vorausſagen wollen.
„Hat alſo der Kaiſer auch mit dieſen ſogenannten
„Deiſten (wie es freylich nicht zu laͤugnen iſt)
„nicht ſo verfahren, wie es geſchehn ſeyn wuͤr-
„de — wenn unſere Zeit ſchon reif genug waͤre,
„um nicht mehr Toleranz, ſondern allgemeines
„Recht der Gewiſſen
einzufuͤhren; ſo ſeyn Sie
„gewiß verſichert, daß Er nach den Umſtaͤnden
„nicht anders hat handeln koͤnnen. Soviel kann
„ich Ihnen auch verſichern, daß dieſe Leute bloß
„aus ihrem Vaterlande nach Ungarn, Siebenbuͤr-
„gen, Gallizien, der Bukowina, tranſportirt und
„von einander getrennt aber uͤbrigens im mindſten
„nicht uͤbel behandelt ſind. Alles, was weiter in
„den Zeitungen geſagt worden, iſt falſch. Das
„Vermoͤgen dieſer Menſchen iſt gar nicht confiſcirt,
„ſondern ihren Kindern unter 15 Jahren, oder in
„Ermangelung derſelben den naͤchſten Erben zuer-
„kannt worden. Nur die Dienſtfaͤhigen ſind zum
„Soldatendienſt angehalten, die Alten, Weiber und
„Kinder aber ſind von dem militaͤriſchem Departe-
„ment verpflegt, zum Theil als Krankenwaͤrter und
„zu andern Geſchaͤften beſtellt, andere aber, beſon-
„ders die unverheyrathete Weibsperſonen, bis ſie
„einen Dienſt gefunden, unentgeltlich erhalten wor-

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[367/0375] „Arbeiten finden wuͤrde. Ja ich wuͤrde ohne Be- „denken den fuͤr wahnſinnig erklaͤrt haben, der mir „vor 20 Jahren ſo etwas haͤtte vorausſagen wollen. „Hat alſo der Kaiſer auch mit dieſen ſogenannten „Deiſten (wie es freylich nicht zu laͤugnen iſt) „nicht ſo verfahren, wie es geſchehn ſeyn wuͤr- „de — wenn unſere Zeit ſchon reif genug waͤre, „um nicht mehr Toleranz, ſondern allgemeines „Recht der Gewiſſen einzufuͤhren; ſo ſeyn Sie „gewiß verſichert, daß Er nach den Umſtaͤnden „nicht anders hat handeln koͤnnen. Soviel kann „ich Ihnen auch verſichern, daß dieſe Leute bloß „aus ihrem Vaterlande nach Ungarn, Siebenbuͤr- „gen, Gallizien, der Bukowina, tranſportirt und „von einander getrennt aber uͤbrigens im mindſten „nicht uͤbel behandelt ſind. Alles, was weiter in „den Zeitungen geſagt worden, iſt falſch. Das „Vermoͤgen dieſer Menſchen iſt gar nicht confiſcirt, „ſondern ihren Kindern unter 15 Jahren, oder in „Ermangelung derſelben den naͤchſten Erben zuer- „kannt worden. Nur die Dienſtfaͤhigen ſind zum „Soldatendienſt angehalten, die Alten, Weiber und „Kinder aber ſind von dem militaͤriſchem Departe- „ment verpflegt, zum Theil als Krankenwaͤrter und „zu andern Geſchaͤften beſtellt, andere aber, beſon- „ders die unverheyrathete Weibsperſonen, bis ſie „einen Dienſt gefunden, unentgeltlich erhalten wor- „den. A a 2

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Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/375>, abgerufen am 21.11.2024.