"leicht schlummernde Keime des Fanaticismus wecken "konnte. Der Kaiser fand also besser, diesen Men- "schen die Rechte des Gewissens lieber in den Thei- "len seiner Monarchie zu gestatten, wo es auf die "für das Ganze unschädlichste Art geschehen konnte."
"Ueberhaupt ist es freylich nicht zu leugnen, daß "im Oesterreichischen in Absicht der Duldung noch "lange nicht Alles geschieht, was geschehen könnte, -- "was, wie ich gewiß überzeugt bin, der Kaiser "wünscht und auch sicher noch zu Stande bringen "wird. Aber wer die Schwierigkeiten seiner Un- "ternehmungen nur einigermaßen übersieht, von "denen man in protestantischen Ländern kaum eine "Idee hat, wer da weiß, was es heißt, mit Dumm- "heit und geheiligtem Vorurtheil, mit Bosheit und "Eigensinn, mit Trägheit und Unverstand, und "was das ärgste ist, mit gekränktem Eigennutz "und Stolz zu kämpfen, der wird gewiß nicht sich "wundern, daß nicht noch mehr geschieht, aber "staunen wird er über das, was seit zwey Jahren "wirklich geschehen ist. Ich wenigstens, der "ich die Oesterreichischen Staaten, besonders die "Großen und die Geistlichen seit vielen Jahren ge- "nau kenne, gestehe Ihnen, daß ich Josephs "Thaten, wodurch er Toleranz und Aufklärung ver- "breitet, wär' ich nicht von ihrer Wahrheit über- "zeugt, unglaublicher als des fabelhaften Herkuls
"Ar-
„leicht ſchlummernde Keime des Fanaticiſmus wecken „konnte. Der Kaiſer fand alſo beſſer, dieſen Men- „ſchen die Rechte des Gewiſſens lieber in den Thei- „len ſeiner Monarchie zu geſtatten, wo es auf die „fuͤr das Ganze unſchaͤdlichſte Art geſchehen konnte.“
„Ueberhaupt iſt es freylich nicht zu leugnen, daß „im Oeſterreichiſchen in Abſicht der Duldung noch „lange nicht Alles geſchieht, was geſchehen koͤnnte, — „was, wie ich gewiß uͤberzeugt bin, der Kaiſer „wuͤnſcht und auch ſicher noch zu Stande bringen „wird. Aber wer die Schwierigkeiten ſeiner Un- „ternehmungen nur einigermaßen uͤberſieht, von „denen man in proteſtantiſchen Laͤndern kaum eine „Idee hat, wer da weiß, was es heißt, mit Dumm- „heit und geheiligtem Vorurtheil, mit Bosheit und „Eigenſinn, mit Traͤgheit und Unverſtand, und „was das aͤrgſte iſt, mit gekraͤnktem Eigennutz „und Stolz zu kaͤmpfen, der wird gewiß nicht ſich „wundern, daß nicht noch mehr geſchieht, aber „ſtaunen wird er uͤber das, was ſeit zwey Jahren „wirklich geſchehen iſt. Ich wenigſtens, der „ich die Oeſterreichiſchen Staaten, beſonders die „Großen und die Geiſtlichen ſeit vielen Jahren ge- „nau kenne, geſtehe Ihnen, daß ich Joſephs „Thaten, wodurch er Toleranz und Aufklaͤrung ver- „breitet, waͤr’ ich nicht von ihrer Wahrheit uͤber- „zeugt, unglaublicher als des fabelhaften Herkuls
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„leicht ſchlummernde Keime des Fanaticiſmus wecken
„konnte. Der Kaiſer fand alſo beſſer, dieſen Men-
„ſchen die Rechte des Gewiſſens lieber in den Thei-
„len ſeiner Monarchie zu geſtatten, wo es auf die
„fuͤr das Ganze unſchaͤdlichſte Art geſchehen konnte.“
„Ueberhaupt iſt es freylich nicht zu leugnen, daß
„im Oeſterreichiſchen in Abſicht der Duldung noch
„lange nicht Alles geſchieht, was geſchehen koͤnnte, —
„was, wie ich gewiß uͤberzeugt bin, der Kaiſer
„wuͤnſcht und auch ſicher noch zu Stande bringen
„wird. Aber wer die Schwierigkeiten ſeiner Un-
„ternehmungen nur einigermaßen uͤberſieht, von
„denen man in proteſtantiſchen Laͤndern kaum eine
„Idee hat, wer da weiß, was es heißt, mit Dumm-
„heit und geheiligtem Vorurtheil, mit Bosheit und
„Eigenſinn, mit Traͤgheit und Unverſtand, und
„was das aͤrgſte iſt, mit gekraͤnktem Eigennutz
„und Stolz zu kaͤmpfen, der wird gewiß nicht ſich
„wundern, daß nicht noch mehr geſchieht, aber
„ſtaunen wird er uͤber das, was ſeit zwey Jahren
„wirklich geſchehen iſt. Ich wenigſtens, der
„ich die Oeſterreichiſchen Staaten, beſonders die
„Großen und die Geiſtlichen ſeit vielen Jahren ge-
„nau kenne, geſtehe Ihnen, daß ich Joſephs
„Thaten, wodurch er Toleranz und Aufklaͤrung ver-
„breitet, waͤr’ ich nicht von ihrer Wahrheit uͤber-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/374>, abgerufen am 21.11.2024.
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