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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

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terschied der Speisen, die Kostbarkeit derselben und
besonders des Unterhalts des Gesindes, ihre Sab-
bathsfeyer, den Landbau schwieriger als Andern ma-
chen; dieß darf die Regierung nicht kümmern, die
deshalb gleiche Pflichten, wie von jedem andern Land-
bauer, auch von dem jüdischen, fodern muß. Zwey
Wege sind immer seiner Wahl frey. Entweder der
Jude leidet diese Unbequemlichkeiten, ist mit einem
durch größern Aufwand verminderten Gewinn seines
Fleißes zufrieden, schränkt sich in seiner Lebensart
und seinem Genuß mehr ein, und ist dabey durch
den Gedanken getröstet, das heilige Gesetz seiner
Väter tren befolgt zu haben; oder er modificirt das
Gesetz nach seiner äußern Lage und hört auf ein Jude,
oder wenigstens ein solcher, als er bisher war, zu
seyn. Auch im erstern Falle werden indeß die Schwie-
rigkeiten zwar immer lästig, aber doch nicht in dem
Grade seyn, wie man es sich gemeiniglich vorstellt.
Darf der Jude gleich kein Schweinfleisch essen, so
ist ihm doch die Schweinezucht ganz unverboten. Es
ist ein sehr unrichtiger und durch ein gemeines aber
falsches Sprichwort unterhaltener Begriff, daß eine
Sau schon das Haus eines Juden verunreinige, wie
dieses Hr. Michaelis bemerkt hat*) und auch das

Neue
*) Siehe Mosaisches Recht IV. Th. §. 202, wo ge-
zeigt

terſchied der Speiſen, die Koſtbarkeit derſelben und
beſonders des Unterhalts des Geſindes, ihre Sab-
bathsfeyer, den Landbau ſchwieriger als Andern ma-
chen; dieß darf die Regierung nicht kuͤmmern, die
deshalb gleiche Pflichten, wie von jedem andern Land-
bauer, auch von dem juͤdiſchen, fodern muß. Zwey
Wege ſind immer ſeiner Wahl frey. Entweder der
Jude leidet dieſe Unbequemlichkeiten, iſt mit einem
durch groͤßern Aufwand verminderten Gewinn ſeines
Fleißes zufrieden, ſchraͤnkt ſich in ſeiner Lebensart
und ſeinem Genuß mehr ein, und iſt dabey durch
den Gedanken getroͤſtet, das heilige Geſetz ſeiner
Vaͤter tren befolgt zu haben; oder er modificirt das
Geſetz nach ſeiner aͤußern Lage und hoͤrt auf ein Jude,
oder wenigſtens ein ſolcher, als er bisher war, zu
ſeyn. Auch im erſtern Falle werden indeß die Schwie-
rigkeiten zwar immer laͤſtig, aber doch nicht in dem
Grade ſeyn, wie man es ſich gemeiniglich vorſtellt.
Darf der Jude gleich kein Schweinfleiſch eſſen, ſo
iſt ihm doch die Schweinezucht ganz unverboten. Es
iſt ein ſehr unrichtiger und durch ein gemeines aber
falſches Sprichwort unterhaltener Begriff, daß eine
Sau ſchon das Haus eines Juden verunreinige, wie
dieſes Hr. Michaelis bemerkt hat*) und auch das

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*) Siehe Moſaiſches Recht IV. Th. §. 202, wo ge-
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[260/0268] terſchied der Speiſen, die Koſtbarkeit derſelben und beſonders des Unterhalts des Geſindes, ihre Sab- bathsfeyer, den Landbau ſchwieriger als Andern ma- chen; dieß darf die Regierung nicht kuͤmmern, die deshalb gleiche Pflichten, wie von jedem andern Land- bauer, auch von dem juͤdiſchen, fodern muß. Zwey Wege ſind immer ſeiner Wahl frey. Entweder der Jude leidet dieſe Unbequemlichkeiten, iſt mit einem durch groͤßern Aufwand verminderten Gewinn ſeines Fleißes zufrieden, ſchraͤnkt ſich in ſeiner Lebensart und ſeinem Genuß mehr ein, und iſt dabey durch den Gedanken getroͤſtet, das heilige Geſetz ſeiner Vaͤter tren befolgt zu haben; oder er modificirt das Geſetz nach ſeiner aͤußern Lage und hoͤrt auf ein Jude, oder wenigſtens ein ſolcher, als er bisher war, zu ſeyn. Auch im erſtern Falle werden indeß die Schwie- rigkeiten zwar immer laͤſtig, aber doch nicht in dem Grade ſeyn, wie man es ſich gemeiniglich vorſtellt. Darf der Jude gleich kein Schweinfleiſch eſſen, ſo iſt ihm doch die Schweinezucht ganz unverboten. Es iſt ein ſehr unrichtiger und durch ein gemeines aber falſches Sprichwort unterhaltener Begriff, daß eine Sau ſchon das Haus eines Juden verunreinige, wie dieſes Hr. Michaelis bemerkt hat *) und auch das Neue *) Siehe Moſaiſches Recht IV. Th. §. 202, wo ge- zeigt

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Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/268>, abgerufen am 17.05.2024.