keit. Die Sicherheit aller Bürger des Staats macht es nothwendig, diejenigen, welche sobald sie die Uebermacht errungen haben, sich verbunden halten, alle übrige zu unterdrücken, -- zwar nicht wieder zu unterdrücken, aber sie doch in den Schranken einzu- schließen, daß sie jene Uebermacht nie erhalten mögen. Vermuthlich wäre es ein Glück für die Menschheit, wenn die römischen Kaiser diese weise Politick nicht versäumt härten und wenn die christliche Religion nie eine sogenannte herrschende (eine eben so politisch unnatürliche, als dem ächten Geist des Christen- thums widersprechende Benennung) und nicht eher der Glaube des größten Haufens geworden wäre, bis ihre Begriffe von der Duldung gereiniget und den Grundsätzen ihres Stifters wider wären näher ge- bracht worden. Wirklich wurde der Mangel der Aufmerksamkeit auf diese neue religiöse Gesellschaft, in der Folge den römischen Monarchen sehr nachthei- lig. Sie vermehrte sich in der ihr vortheilhaften Dunkelheit, der so oft von den kirchlichen Geschicht- schreibern übertriebenen und gewiß nicht immer un- verdienten Verfolgungen ungeachtet, so sehr, daß sie bald selbst der Regierung fürchterlich wurde, allmäh- lig eine politische Parthey bildete, und daß der Ueber- gang zu ihr schon nach kaum verfloßenen drey Jahrhun-
derten
keit. Die Sicherheit aller Buͤrger des Staats macht es nothwendig, diejenigen, welche ſobald ſie die Uebermacht errungen haben, ſich verbunden halten, alle uͤbrige zu unterdruͤcken, — zwar nicht wieder zu unterdruͤcken, aber ſie doch in den Schranken einzu- ſchließen, daß ſie jene Uebermacht nie erhalten moͤgen. Vermuthlich waͤre es ein Gluͤck fuͤr die Menſchheit, wenn die roͤmiſchen Kaiſer dieſe weiſe Politick nicht verſaͤumt haͤrten und wenn die chriſtliche Religion nie eine ſogenannte herrſchende (eine eben ſo politiſch unnatuͤrliche, als dem aͤchten Geiſt des Chriſten- thums widerſprechende Benennung) und nicht eher der Glaube des groͤßten Haufens geworden waͤre, bis ihre Begriffe von der Duldung gereiniget und den Grundſaͤtzen ihres Stifters wider waͤren naͤher ge- bracht worden. Wirklich wurde der Mangel der Aufmerkſamkeit auf dieſe neue religioͤſe Geſellſchaft, in der Folge den roͤmiſchen Monarchen ſehr nachthei- lig. Sie vermehrte ſich in der ihr vortheilhaften Dunkelheit, der ſo oft von den kirchlichen Geſchicht- ſchreibern uͤbertriebenen und gewiß nicht immer un- verdienten Verfolgungen ungeachtet, ſo ſehr, daß ſie bald ſelbſt der Regierung fuͤrchterlich wurde, allmaͤh- lig eine politiſche Parthey bildete, und daß der Ueber- gang zu ihr ſchon nach kaum verfloßenen drey Jahrhun-
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keit. Die Sicherheit aller Buͤrger des Staats macht
es nothwendig, diejenigen, welche ſobald ſie die
Uebermacht errungen haben, ſich verbunden halten,
alle uͤbrige zu unterdruͤcken, — zwar nicht wieder zu
unterdruͤcken, aber ſie doch in den Schranken einzu-
ſchließen, daß ſie jene Uebermacht nie erhalten moͤgen.
Vermuthlich waͤre es ein Gluͤck fuͤr die Menſchheit,
wenn die roͤmiſchen Kaiſer dieſe weiſe Politick nicht
verſaͤumt haͤrten und wenn die chriſtliche Religion nie
eine ſogenannte herrſchende (eine eben ſo politiſch
unnatuͤrliche, als dem aͤchten Geiſt des Chriſten-
thums widerſprechende Benennung) und nicht eher
der Glaube des groͤßten Haufens geworden waͤre,
bis ihre Begriffe von der Duldung gereiniget und den
Grundſaͤtzen ihres Stifters wider waͤren naͤher ge-
bracht worden. Wirklich wurde der Mangel der
Aufmerkſamkeit auf dieſe neue religioͤſe Geſellſchaft,
in der Folge den roͤmiſchen Monarchen ſehr nachthei-
lig. Sie vermehrte ſich in der ihr vortheilhaften
Dunkelheit, der ſo oft von den kirchlichen Geſchicht-
ſchreibern uͤbertriebenen und gewiß nicht immer un-
verdienten Verfolgungen ungeachtet, ſo ſehr, daß ſie
bald ſelbſt der Regierung fuͤrchterlich wurde, allmaͤh-
lig eine politiſche Parthey bildete, und daß der Ueber-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/208>, abgerufen am 21.11.2024.
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