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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Madame, ich werde eine Frage an sie richten, und
bitte mir eine offene Antwort aus.

"Soll Jhrer Ansicht nach das Mädchen in Jhrem
Hause Hunger leiden?"

Sie verneinen entrüstet.

So fürchten Sie vielleicht, daß sie sich in unmäßiger
Gier den Magen überlade und Jhnen in Folge gastrischer
Zustände 10 Thaler für die Charite erpresse?

Das wollen Sie gerade nicht behaupten, aber -
dennoch - indessen - der Landsmann, der Vetter -
der Schatz.

Jn der That, Sie haben Recht; das ist die einzige
Gefahr, die bei der offenen Speisekammer nahe liegt,
aber auch sie ist nicht so unvermeidlich, wie es auf den
ersten Blick scheint.

Kein Dienstmädchen, bei dem heutigen Stande ihrer
moralischen Erziehung, rechnet es sich für eine Sünde
an, ihren eigenen Appetit widerrechtlich an den Lebens-
mitteln der Herrschaft zu befriedigen.

Von dem ihr anvertrauten Gut aber aus dem Hause
tragen, grenzt schon an wirklichen Diebstahl, und vor
einem Mädchen sich zu schützen, das auf so bedenkliche
Abwege vom Pfade der Tugend gerathen ist, wird in
jedem Falle schwer sein. Von den Lebensmitteln ist nur

Madame, ich werde eine Frage an sie richten, und
bitte mir eine offene Antwort aus.

„Soll Jhrer Ansicht nach das Mädchen in Jhrem
Hause Hunger leiden?‟

Sie verneinen entrüstet.

So fürchten Sie vielleicht, daß sie sich in unmäßiger
Gier den Magen überlade und Jhnen in Folge gastrischer
Zustände 10 Thaler für die Charité erpresse?

Das wollen Sie gerade nicht behaupten, aber –
dennoch – indessen – der Landsmann, der Vetter –
der Schatz.

Jn der That, Sie haben Recht; das ist die einzige
Gefahr, die bei der offenen Speisekammer nahe liegt,
aber auch sie ist nicht so unvermeidlich, wie es auf den
ersten Blick scheint.

Kein Dienstmädchen, bei dem heutigen Stande ihrer
moralischen Erziehung, rechnet es sich für eine Sünde
an, ihren eigenen Appetit widerrechtlich an den Lebens-
mitteln der Herrschaft zu befriedigen.

Von dem ihr anvertrauten Gut aber aus dem Hause
tragen, grenzt schon an wirklichen Diebstahl, und vor
einem Mädchen sich zu schützen, das auf so bedenkliche
Abwege vom Pfade der Tugend gerathen ist, wird in
jedem Falle schwer sein. Von den Lebensmitteln ist nur

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[71/0079] Madame, ich werde eine Frage an sie richten, und bitte mir eine offene Antwort aus. „Soll Jhrer Ansicht nach das Mädchen in Jhrem Hause Hunger leiden?‟ Sie verneinen entrüstet. So fürchten Sie vielleicht, daß sie sich in unmäßiger Gier den Magen überlade und Jhnen in Folge gastrischer Zustände 10 Thaler für die Charité erpresse? Das wollen Sie gerade nicht behaupten, aber – dennoch – indessen – der Landsmann, der Vetter – der Schatz. Jn der That, Sie haben Recht; das ist die einzige Gefahr, die bei der offenen Speisekammer nahe liegt, aber auch sie ist nicht so unvermeidlich, wie es auf den ersten Blick scheint. Kein Dienstmädchen, bei dem heutigen Stande ihrer moralischen Erziehung, rechnet es sich für eine Sünde an, ihren eigenen Appetit widerrechtlich an den Lebens- mitteln der Herrschaft zu befriedigen. Von dem ihr anvertrauten Gut aber aus dem Hause tragen, grenzt schon an wirklichen Diebstahl, und vor einem Mädchen sich zu schützen, das auf so bedenkliche Abwege vom Pfade der Tugend gerathen ist, wird in jedem Falle schwer sein. Von den Lebensmitteln ist nur

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/79>, abgerufen am 21.11.2024.