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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Bissen in den Mund und kann sich einer leichten Er-
bitterung gegen vielessende Gäste nicht erwehren. Ja,
diese Sparsamkeit deprimirt den Geist, verengt das Herz
und die ganze Welt kommt einem zuletzt wie eine große
Sparkasse vor, in welcher Derjenige das größte Verdienst
hat, der die meisten Dreier hineinlegt.

Jch bewundere diese Tugend, sie nachzuahmen habe
ich keinen Wunsch.

b. Zweites Dogma der guten Hausfrau:
Jmmer hinter den Mädchen her sein
.

Der guten Hausfrau Wohnung gleicht einem Jagd-
revier. Sie ist die Jägerin und die Dienstboten sind
die armen gehetzten Thiere.

Jmmer hinter ihnen her; in den Stuben, in der
Küche, auf dem Boden und im Keller.

Keinen Augenblick, sagt sie, darf die Auguste vor
mir sicher sein, sonst thut sie nichts.

Bald entwindet Madame ihr den Besen, um ihr
zu zeigen, wie der gebildete Mensch fegt, bald fuchtelt
sie ihr mit dem Staubtuch unter der Nase herum.

Madame verschwindet, um ein Kleines aber ist sie
wieder da, scheltend, drohend, keifend; auf den zarten
Fingern trägt sie das "corpus delicti", eine Quantität
Staubes, den sie auf den schwer zugänglichen Höhen
eines einsamen Schrankes aufgegriffen. Sie hätte das

Bissen in den Mund und kann sich einer leichten Er-
bitterung gegen vielessende Gäste nicht erwehren. Ja,
diese Sparsamkeit deprimirt den Geist, verengt das Herz
und die ganze Welt kommt einem zuletzt wie eine große
Sparkasse vor, in welcher Derjenige das größte Verdienst
hat, der die meisten Dreier hineinlegt.

Jch bewundere diese Tugend, sie nachzuahmen habe
ich keinen Wunsch.

b. Zweites Dogma der guten Hausfrau:
Jmmer hinter den Mädchen her sein
.

Der guten Hausfrau Wohnung gleicht einem Jagd-
revier. Sie ist die Jägerin und die Dienstboten sind
die armen gehetzten Thiere.

Jmmer hinter ihnen her; in den Stuben, in der
Küche, auf dem Boden und im Keller.

Keinen Augenblick, sagt sie, darf die Auguste vor
mir sicher sein, sonst thut sie nichts.

Bald entwindet Madame ihr den Besen, um ihr
zu zeigen, wie der gebildete Mensch fegt, bald fuchtelt
sie ihr mit dem Staubtuch unter der Nase herum.

Madame verschwindet, um ein Kleines aber ist sie
wieder da, scheltend, drohend, keifend; auf den zarten
Fingern trägt sie das „corpus delicti‟, eine Quantität
Staubes, den sie auf den schwer zugänglichen Höhen
eines einsamen Schrankes aufgegriffen. Sie hätte das

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[62/0070] Bissen in den Mund und kann sich einer leichten Er- bitterung gegen vielessende Gäste nicht erwehren. Ja, diese Sparsamkeit deprimirt den Geist, verengt das Herz und die ganze Welt kommt einem zuletzt wie eine große Sparkasse vor, in welcher Derjenige das größte Verdienst hat, der die meisten Dreier hineinlegt. Jch bewundere diese Tugend, sie nachzuahmen habe ich keinen Wunsch. b. Zweites Dogma der guten Hausfrau: Jmmer hinter den Mädchen her sein. Der guten Hausfrau Wohnung gleicht einem Jagd- revier. Sie ist die Jägerin und die Dienstboten sind die armen gehetzten Thiere. Jmmer hinter ihnen her; in den Stuben, in der Küche, auf dem Boden und im Keller. Keinen Augenblick, sagt sie, darf die Auguste vor mir sicher sein, sonst thut sie nichts. Bald entwindet Madame ihr den Besen, um ihr zu zeigen, wie der gebildete Mensch fegt, bald fuchtelt sie ihr mit dem Staubtuch unter der Nase herum. Madame verschwindet, um ein Kleines aber ist sie wieder da, scheltend, drohend, keifend; auf den zarten Fingern trägt sie das „corpus delicti‟, eine Quantität Staubes, den sie auf den schwer zugänglichen Höhen eines einsamen Schrankes aufgegriffen. Sie hätte das

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/70>, abgerufen am 27.04.2024.